Prädikatsbegriff

Prädikatsbegriff

Prädikation (von lat. praedicare: bekanntmachen, ausrufen bzw. praedicatio: Aussage, Bekanntmachung) ist ein (sprach-)philosophischer Fachbegriff, den Wilhelm Kamlah in seiner Logischen Propädeutik[1] definiert als sprachliche Handlung, bei der Objekten Prädikatoren (Eigenschaften) zu- oder abgesprochen werden. Es handelt sich also um den Vorgang der Klassifizierung bzw. Kategorisierung.

Um eine Prädikation sprachlich auszudrücken, bedient man sich einer logischen Aussage bzw. eines logischen Urteils. In frühen Phasen der Sprachentwicklung genügen Ein-Wort-Sätze (Th. Herrmann 1972).[2]

In der Regel dient die Prädikation dazu, entweder den Gegenstand mithilfe der Kategorie (z. B. Dies ist ein Spargelschäler), oder die Kategorie am Beispiel des Gegenstandes zu erklären (z. B. Linden sind Bäume, Eichen sind Bäume, Tannen sind Bäume).

Wird nur einem Gegenstand eine Eigenschaft (sogenannter einstelliger Prädikator) zu- oder abgesprochen, führt diese einfache Prädikation zu einem Elementarsatz. Beispiel: Diese Enzyklopädie ist umfangreich oder: Dieser Artikel ist nicht lang. Kamlahs Beispiel für eine elementare Prädikation lautet "Dies ist ein Fagott". Dieser Satz könnte in einer Gesprächssituation zwischen Musiklehrer und -schüler fallen, während der Lehrer auf ein gewisses Instrument zeigt (sog. deiktische Handlung). Indem Andere (Eltern, Lehrer) Prädikationen wiederholen, lernen wir durch Beispiel und Gegenbeispiel (Kamlah: "Dies ist ein Fagott; jenes ist kein Fagott (sondern eine Klarinette).") die Begriffe der Alltagssprache, nämlich die Wörter und zugleich die Kategorien, die sie bezeichnen.

Eine komplexere Prädikation findet bei der Verwendung mehrstelliger Prädikate (Relationen) statt. Beispiel: Das zweistellige Prädikat „x liebt y“ wird von den Personen (Gegenständen, Argumenten) <Otto> und <Yvonne> prädiziert, sodass die Aussage getroffen wird: „Otto liebt Yvonne“[3].

„...sind befreundet“ und „...spielen miteinander“ sind Beispiele für Prädikatoren mit beliebiger Stellenzahl. Allgemeiner formuliert ist Prädikation der Sprechakt, der einem Gegenstand (oder mehreren Gegenständen, einem n-Tupel) eine Eigenschaft (ein Merkmal/Attribut, ein n-stelliges Prädikat) zu- oder abspricht[4].

Daneben kann Prädikation auch das Ergebnis der Prädikation als Handlung, d. h. die Aussage selbst[3] oder die Beziehung eines Gegenstandes zu einem Prädikat (Eigenschaft, Relation) bezeichnen[5], d. h. die Äußerung einer Aussage, die Aussage oder den Aussagegehalt/-inhalt (Proposition).

In der Logik werden diejenigen sprachlichen Ausdrücke, die einen konkreten oder abstrakten Gegenstand vertreten auch Nominatoren, die unterscheidenden sprachlichen Ausdrücke Prädikatoren genannt. Stattdessen spricht man auch von Argument und Prädikat[6].

Prädizieren kann man, indem man entweder (im einstelligen Fall) die Variable eines Prädikats durch einen Gegenstandsnamen ersetzt (Beispiel: Prädikat = "x ist umfangreich" => "Diese Enzyklopädie hier ist umfangreich.") oder ein Prädikat quantifiziert[3].

In der Perspektive der Sprechakttheorie vollzieht sich der propositionale Akt durch die Teilakte der Prädikation und der Referenz[7]. Im Referenzakt nimmt der Sprecher Bezug auf Objekte und Sachverhalte (der realen Welt). Durch die Prädikation spricht er diesen Referenten bestimmte Eigenschaften zu[8].

Durch eine Prädikation werden sprachliche Unterscheidungen vorgenommen. Zusammen mit der Referenz führt die Prädikation zur sprachlichen "Gliederung der Welt"[9].

Als grundlegende Unterscheidung für eine Prädikationstheorie wird die zwischen Prädikation erster Stufe und Prädikation zweiter Stufe genannt: Als Prädikation erster Stufe wird die "kennzeichnende Beschreibung" und als Prädikation zweiter Stufe "die Feststellung, dass die Beschreibung von dem Bezugsgegenstand erfüllt wird", bezeichnet[10].

Von Kuno Lorenz, Paul Lorenzen und Wilhelm Kamlah wurde die Prädikation sprachphilosophisch und handlungstheoretisch im Rahmen der Logischen Propädeutik des frühen Erlanger Konstruktivismus präzisiert.

Literatur

  • Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. (2002)/Prädikation
  • Wilhelm Kamlah und Paul Lorenzen: Logische Propädeutik. Vorschule des vernünftigen Redens. Bibliographisches Institut, Mannheim 1967, ²1973 (BI-HTB 227); Metzler, Stuttgart ³1996. ISBN 3-476-01371-5
  • Kuno Lorenz: Elemente der Sprachkritik. Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie. Suhrkamp, Frankfurt (Reihe Theorie) 1970
  • Prechtl, in: Metzler-Lexikon Sprache, 3. Aufl. (2005)/Prädikation
  • Regenbogen/Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe (2005)/Prädikation
  • Schülerduden, Philosophie, 2. Aufl. (2002)/Prädikation

Quellen

  1. W. Kamlah, P. Lorenzen: Logische Propädeutik. Vorschule des vernünftigen Redens, Bibliographisches Institut Mannheim, 1967
  2. Friedrich Dorsch: Psychologisches Wörterbuch, Verlag Hans Huber, 1994
  3. a b c Regenbogen/Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe (2005)/Prädikation
  4. Schülerduden, Philosophie, 2. Aufl. (2002), Prädikation; auch das Absprechen ist wichtig, vgl. Seiffert, Logik (1973), S. 23
  5. vgl. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. (2002)/Prädikation, von der Beziehung zwischen Argument und Prädikat sprechend
  6. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. (2002)/Prädikation (3) (nur Beziehung nennend)
  7. Brandt/Dietrich/Schön, Sprachwissenschaft, 2. Aufl. (2006), S. 293
  8. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Aufl. (2002)/Prädikation (2)
  9. Schülerduden, Philosophie, 2. Aufl. (2002), Prädikation; nach Regenbogen/Meyer, Wörterbuch (2005)/Prädikation Wohl nur einfache Prädikate
  10. So Prechtl, in: Metzler-Lexikon Sprache, 3. Aufl. (2005)/Prädikation

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