Pulverspritzgießen

Pulverspritzgießen

Beim Pulverspritzgießen (PIM: Powder Injection Molding) wird ein mit einem Binder versehenes Metall- (MIM: Metal Injection Molding) oder Keramikpulver (CIM: Ceramic Injection Molding) in einem Spritzgussprozess verarbeitet. Der Binder wird anschließend entfernt. Hierdurch ist es möglich, komplex geformte Teile in größeren Stückzahlen mit sehr geringen Toleranzen herzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Prozess

Der Gesamtprozess läuft in vier Stufen ab:

Materialaufbereitung

Bei der Herstellung von Pulverspritzgießmassen wird mit verschiedenen Bindersystemen gearbeitet. Ziel der Aufbereitung ist die Ummantelung aller Pulverpartikel mit dem Binder, die Zerstörung von Agglomeraten und die Herstellung eines homogenen Granulats, das als "Feedstock" bezeichnet wird. Als Ausgangsmaterialien für das Spritzgießen von Metall- und Keramikpulver können alle marktüblichen, sinterfähigen Pulver mit geeigneter Korngröße eingesetzt werden, wie beispielsweise Oxid-, Silikat- und Nitridkeramiken, Carbide, transluzente Keramik, Metalle sowie Metalllegierungen, darunter auch Edelmetalle.

Binder der ersten Generation basierten auf Polyolefin-Wachsmischungen. Durch langsames Erwärmen wurde das Wachs aus dem Grünling ausgeschmolzen. Dieser Vorgang wird als Entbinderung und das dann vorliegende poröse Formteil als Braunling bezeichnet. Insbesondere im Schmelzbereich der Wachse muss extrem langsam aufgeheizt werden, um das Bauteil bei der Verflüssigung durch die Volumenzunahme nicht zu zerstören. In Abhängigkeit von der Wandstärke konnte dieser Schritt mehrere Tage in Anspruch nehmen. Oft ist die Entbinderung der zeitbestimmende Schritt der ganzen Prozesskette und blockiert teure Ofentechnik.

Eine Weiterentwicklung waren teillösliche Systeme. Hier kann ein Teil des Binders in organischen Lösungsmitteln herausgelöst werden. Nachteilig sind oft ökologische Aspekte, weshalb man bemüht ist, die Lösungsmittel im Kreislauf zu führen. Eine Verbesserung stellt die Verwendung von Polyalkoholen oder Polyvinylalkoholen dar, welche wasserlöslich und biologisch abbaubar sind. Vor dem Sintern müssen die Braunlinge vorgetrocknet werden.

Es gibt Bindersysteme, die auf dem katalytischen Abbau von Polyoxymethylen (POM) durch starke Säuren beruhen. Die Polymerketten werden von den Enden her depolymerisiert und zu Formaldehyd abgebaut. Es handelt sich um einen Fest-gasförmig-Phasenübergang. Der Vorgang erfolgt strikt von außen nach innen, das gewährleistet eine beschädigungsfreie Entbinderung. Auch der Entbinderungsfortschritt ist mit 1–3 mm/h sehr hoch und hängt von der Porengröße (bzw. Pulverpartikelgrößenverteilung oder Korngröße) und der Wanddicke (Diffusionsweg der Abbauprodukte aus dem Bauteil) ab. Nachteilig ist, dass spezielle Ausrüstungen aufgrund der Verwendung konzentrierter Säuren und zur Nachverbrennung des Formaldehyds erforderlich sind.

Formgebung

Der Feedstock wird in meist modifizierten Spritzgießmaschinen verarbeitet. Die Massen werden in flüssigkeitstemperierte (Wasser oder Öl) Werkzeuge eingespritzt. Nach dem Spritzgussprozess werden die Bauteile (sog. „Grünlinge“ oder „Grünteile“) aus dem Werkzeug entformt. Da der Feedstock ein sehr abrasives Verhalten hat, ist es von Vorteil, wenn die Plastifiziersysteme hochverschleißfest ausgelegt sind und die Schneckengeometrie an den hohen Füllstoffgehalt angepasst ist. Schnecken und Zylinder aus Hartmetall sind für diesen Prozess sehr gut geeignet. Alternativ werden meist aus Preisgründen auch Schnecken aus pulvermetallurgisch hergestellten Stählen und geschleuderte Bimetallzylinder eingesetzt.

Entbinderung

Es gibt unterschiedliche Bindersysteme, die ebenso unterschiedliche Entbinderungsprozesse benötigen. Man spricht hier von der thermischen, katalytischen oder Lösungsmittelentbinderung (=Extraktionsentbinderung, beispielsweise mit Wasser oder Aceton). Nach der Entbinderung erhält man bei metallischen Teilen den sogenannten „Braunteil“ oder „Braunling“ und bei keramischen Teilen den „Weißteil“ oder „Weißling“. Diese sind sehr porös und weisen eine minimale Festigkeit auf. Sie sollten deshalb in dafür vorgesehene Palettiersysteme abgelegt werden.

Sinterung

Nach der Entbinderung werden die Braun- oder Weißteile durch einen weiteren thermischen Prozess verdichtet. Damit werden die Material-Endeigenschaften erreicht, bei diesem Prozess spricht man vom „Sintern“ bzw. „Brennen“.

Folgeprozesse

MIM-Bauteile können nach der Fertigstellung Sintern/Entbindern mit den folgenden Methoden nachbearbeitet werden:

Oberflächenfinish

  • Sandstrahlen, Gleitschleifen, Polieren, Läppen

Beschichtungstechnologie

  • Dünnschichttechnologie, Galvanisieren, Lackieren

Verbindungstechnik

  • Laserschweißen, Löten, Montieren

Wärmebehandlung

  • Härten, HIP (Heiß-Isostatisches Pressen)

Spanende Bearbeitung

  • Drehen Fräsen, Bohren, Schleifen, Reiben, Honen, Gewindebohren

Umformtechnik

  • Biegen, Kalibrieren

Weblinks


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