- Putinjugend
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Naschi (russisch Наши; zu deutsch: „Die Unseren“) ist eine 2005 gegründete, von der russischen Staatsführung initiierte Jugendorganisation. Anfang 2008 verfügte sie über etwa 100.000 Mitglieder[1].
Als Ziel der Organisation gilt die Unterstützung des politischen Kurses der Partei Einiges Russland von Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin. Sie ist aber kein offiziell anerkannter Jugendverband von Partei oder Regierung[2].
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgängerorganisationen und Gründung
Die erste Kreml-treue Jugendbewegung entstand am 9. September 2001 mit der Gründung der Partei „Junge Einheit“ (russ.: Молодёжное единство; Molodjoschnoje jedinstwo) als jungem Ableger von „Einiges Russland“ (Единая Россия, Jedinaja Rossija). Mangelnde Breitenwirksamkeit veranlasste vorerst zu einer Namensänderung in „Junge Garde des Einigen Russlands“ (Молодая Гвардия Единой России, Molodaja Gwardija Jedinoi Rossii), und später zur Neugründung einer Organisation, der Bewegung „Gemeinsamer Weg“ (Идущие вместе, Iduschtschie Wmeste). 2005 wurde schließlich „Gemeinsamer Weg“ durch „Die Unseren“ ersetzt.
Höhepunkt der Naschi 2005 - 2007
Mitte Mai 2005 hatte Naschi seinen ersten öffentlichkeitswirksamen Auftritt an einem nationalen Gedenktag mit 50.000 Teilnehmern an einer Demonstration. Es folgte ein Sommerlager für mehrere tausend "Kommissare" (= Funktionäre) der Naschi und ein Empfang von 20 der Teilnehmer auf Putins Datscha. Alles wurde über die kremlnahen Fernsehsender übertragen und vom Umfeld des Kreml finanziert (Kostenpunkt von Demo und Lager ca. 4 Mio. US Dollar). Noch im Gründungsjahr wurde eine Führungsschule für den Funktionärsnachwuchs eröffnet. Bereits 2005 wurden Naschi durch die massive Unterstützung der Medien zur bekanntesten politischen Jugendorganisation Russlands.
Bei den Wahlen 2007 und 2008 plant Naschi Aktionen bei den Wahlen zu Duma und Präsident, nach eigenem Bekunden, um Störungen durch Liberale und Radikale zu verhindern. Zuletzt trat Naschi Ende April/Anfang Mai 2007 mit einer Blockade der estnischen Botschaft in Moskau aufgrund des Streits um die Umsetzung eines Denkmals für gefallene Soldaten der Roten Armee in Tallinn in Erscheinung. Naschi bekannte sich in diesem Zusammenhang später auch zu einer Cyber-Attacke auf die Webseite der estnischen Regierung 2007[3].
Im November 2007 machte die Organisation im Zusammenhang mit der Haftentlassung und der anschließenden Ausreise des russischen Staatsbürgers Witali Kalojew aus der Schweiz auf sich aufmerksam. Kalojew hatte als Angehöriger von Opfern des Flugunglücks bei Überlingen im Jahre 2004 den diensthabenden Fluglotsen Peter Nielsen erstochen. Er wurde am Moskauer Flughafen Domodedowo von über 100 Aktivisten von Naschi begrüßt. Auf Plakaten war zu lesen: "Sie sind ein wahrer Mensch". Der Ansicht der Organisation nach war Kalojews Handlungsweise vorbildlich[4]. Im Januar 2008 trat Kalojew sein Amt als Vizebauminister der Republik Nordossetien an.[5]
Bedeutungsverlust und Arbeit ab 2008
Anfang 2008 wurde bekannt, dass die bislang recht großzügige Förderung der Organisation durch die Staatsführung stark gekürzt wird, und die Organisation verkleinert werden solle. Von 50 örtlichen Büros sollen in ganz Russland nur fünf übrig bleiben. Beobachter nehmen an, dass der Kreml die Hauptaufgabe von Naschi, das Entstehen politischer Entwicklungen ähnlich denen der Orangenen Revolution in der Ukraine und der georgischen Rosenrevolution zu verhindern, zunächst als erfüllt ansieht.[6] Auch das mehrmalige Zerbrechen der Orangenen Koalition der Ukraine und die Verschlechterung der Verhältnisses zu Georgien haben die Attraktivität der dortigen Umwälzungen für jüngere Russen geschmälert und die Notwendigkeit einer organisierten Gegenorganisation in der Jugend verringert[7]. Weiterhin schade die Organisation nach Ansicht der Kremlführung dem Verhältnis zum Westen durch ihr nationalistisches und aggressives Auftreten. [8].
Nach dem Aufkommen dieser Gerüchte ist Naschi vor allem durch eine erneute Blockade der estnischen Botschaft[9] in Erscheinung getreten. Estlands Regierung ist aufgrund dortiger Konflikte mit russischstämmigen Jugendlichen und wegen dortiger nach Naschi-Meinung faschistischer Tendenzen ein Feindbild der Bewegung. Als Folge der Aktionen verhängte Estland und damit die EU (aufgrund des Schengener Abkommens) ein Einreiseverbot gegen alle Naschi-Mitglieder, was auch innerhalb der EU für Diskussionen sorgte[10]. Ein solches Einreiseverbot wird sonst gegen Terroristen oder Regierungen mit massiven Menschenrechtsverletzungen verhängt. Heftig kritisiert wurde dieses auch durch russische Institutionen[11]. Weiterhin forderte Naschi die Manager der Sberbank angesichts der Wirtschaftskrise zum Verzicht auf ihre Dollar-Boni auf und veranstaltete hierzu Streikposten. Unter dem Label Schapopalowa plant die Organisation ein "patriotisches" Modelabel, "freiwillige Jugendbrigaden" sollen die Jugendkriminalität bekämpfen[12], Beobachter vermuten hinter den Jugendbrigaden auch ein Ordnungsinstrument innerhalb der Naschi.
Inhaltliches Profil
Ziele von Naschi
In ihrem Manifest bezeichnen sich „Die Unseren“ als „Antifaschisten“. Sie haben zur Kreml-Regierung und der dahinter stehenden Partei Einiges Russland eine staats- und regierungstragende Ausrichtung. Auch innerhalb deren Anhänger gehören sie zum nationalistischen, antiliberalen Flügel. Naschi gibt sich betont anti-westlich und vor allem anti-amerikanisch sowie national-konservativ. Die Organisation lehnt Alkohol, Nikotin und Empfängnisverhütung durch Kondome ab. Sie unterstützt Ehen und Familiengründungen unter ihren Mitgliedern auch finanziell und sieht das als Teil des Kampfes der Regierung gegen die Überalterung Russlands. Auf Naschi-Treffen findet neben Freizeitaktivitäten vor allem eine politische Schulung der Funktionäre (bei Naschi "Kommissare" genannt) statt sowie militärsportähnliche Übungen, die bei Naschigegnern besonders kritisch gesehen werden[13].
Gegner und Feindbilder
Erklärte Gegner von Naschi sind liberale Jugendorganisationen wie z.B. Oborona sowie weitere oppositionelle Gruppierungen wie die Nationalbolschewistische Partei Russlands, die ebenfalls viele Jüngere anspricht. Eine Funktion von Naschi bei der Gründung war die Verhinderung des Übergreifens einer Orangenen Revolution wie in der Ukraine auf Russlands Jugend. Russlandkritische Regimes werden in den "antifaschistischen" Kampf der Organisation einbezogen und hierzu mit dem Faschismus in Verbindung gebracht[14].
Kritik an Naschi
Gegner der Organisation bezeichnen diese in Anlehnung an die Hitler-Jugend des Dritten Reichs mit dem deutschen Wort Putin-Jugend (russisch путин-югенд) und deren Mitglieder in Anlehnung an die Faschisten als Naschisten (нашисты). Diesen Vergleich rechtfertigen sie mit nach ihrer Ansicht inhaltlichen und strukturellen Parallelen zwischen Naschi und der HJ (staatstragend, Militärsport, nationalistische Ziele u.a.). Die Naschi traten vor allem Mitte des Jahrzehnts betont provokant, wenn nicht aggressiv auf, haben sich jedoch in den letzten Jahren vom Erscheinungsbild gemäßigt[15]. Aus der Zeit zuvor ist auch Gewalt gegen Eigentum von Oppositionellen belegt[16]. Innerrussisch kritisiert wird daneben Naschi wegen postulierter Ziele, die selbst auf den eigenen Treffen nicht eingehalten werden (z.B. Antialkoholismus) und wegen der Umweltverschmutzung durch das alljährliche große Camp.
Struktur und Finanzen
Naschi wird von einem föderalen Vorstand aus fünf Mitgliedern geleitet, den sogenannten Bundeskommissaren. An dessen Spitze steht der Vorsitzende, aktuell Nikita Borowikow. Neben einer Versammlung auf Russlandebene gab es von 2005 bis 2007 auch ein jährlichen russlandweites Jugendlager am Seligersee.
Neben der örtlichen gibt es eine sachliche Gliederung nach Fachbereichen. Die Finanzierung erfolgt nicht nur über den Kreml und über staatliche Gelder direkt, sondern auch aus den Chefetagen der einheimischen Industrie. Diese weiß, dass der Jugendverband das Wohlwollen der Regierung besitzt und fördert dessen Arbeit auch aus opportunistischen Gründen. Die genaue Zusammensetzung der Finanzierung von Naschi ist auch in Russland nicht öffentlich bekannt
Einzelnachweise
- ↑ "Naschi - Putin Jugend", im Magazin "sacco und vancetti" Nr. 16, Februar 2008, S.4f
- ↑ "Naschi - Putin Jugend", im Magazin "sacco und vancetti" Nr. 16, Februar 2008, S.4f
- ↑ http://www.golem.de/0903/65870.html
- ↑ Darstellung durch Naschi
- ↑ http://www.n-tv.de/906591.html
- ↑ http://www.nzz.ch/nachrichten/international/russlands_fuehrung_braucht_die_putin-jugend_nicht_mehr_1.664826.html
- ↑ russland.RU vom 29. Januar 2008: Kostspielige Kreml-Jugend hat ausgedient
- ↑ RIA Nowosti: Kostspielige Kreml-Jugend hat ausgedient
- ↑ http://de.rian.ru/society/20070503/64855945.html
- ↑ http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,539605,00.html
- ↑ http://www.russland.ru/schlagzeilen/morenews.php?iditem=41826
- ↑ www.nashi.su - offizielle Homepage
- ↑ "Naschi - Putin Jugend", im Magazin "sacco und vancetti" Nr. 16, Februar 2008, S.4f
- ↑ http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,539605,00.html
- ↑ http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,539605,00.html
- ↑ http://www.gzt.ru/incident/2005/10/31/160551.html
Weblinks
- www.nashi.su (russisch)
- tagesschau.de Beitrag auf tagesschau.de (ab 18 Minuten und 5 Sekunden)
- www.daserste.de Beitrag im Weltspiegel vom 15. April 2007
- ORF.at Beitrag auf ORF.at vom 1. August 2007
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