Quasisatellit

Quasisatellit
Quasisatellitenumlaufbahn des Asteroiden 2002 AA29 im Jahr 2589 aus der Sicht senkrecht auf die Ekliptik. Die linke Seite zeigt die Bahnen von 2002 AA29 und der Erde aus dem ruhenden Bezugssystem, die rechte Seite in vergrößertem Ausschnitt dieselbe Bahn von 2002 AA29 aus dem mit der Bahnbewegung der Erde mitbewegtem Bezugsystem betrachtet; Bild: JPL.

Ein Quasisatellit ist ein kleiner koorbitaler Begleiter eines größeren Himmelskörpers (etwa eines Planeten), den er in größerem Abstand mit derselben Umlaufdauer umkreist, mit der sich dieser um ein Zentralgestirn (die Sonne) bewegt.

Zumeist handelt es sich dabei um Asteroiden, die sich in der Nähe eines Planeten aufhalten. Ihre Bahn um die Sonne hat demnach dieselbe Umlaufzeit und fast dieselbe Bahnachse wie der Planet, wirkt aber "von der Sonne gesehen" etwas exzentrisch (siehe auch Lagrange-Punkte und eingeschränktes Dreikörperproblem).

Inhaltsverzeichnis

Bahnform

Quasisatelliten stehen hauptsächlich unter den Gravitationseinfluss des gemeinsamen Zentralkörpers - und nicht wie ein Mond unter dem Einfluss des Planeten. Im ruhenden Bezugssystem sieht die Umlaufbahn des Quasisatelliten wie eine normale keplersche, ellipsenförmige Umlaufbahn aus. Nimmt man jedoch als Bezugssystem die Bewegung des größeren Objekts (Planet) um das Zentralgestirn (in dem der Planet zu ruhen scheint), sieht man nur noch die Relativbewegung des Quasisatelliten. Er beschreibt in diesem Bezugssystem innerhalb eines Umlaufs um das Zentralgestirn eine Schleife um den größeren Himmelskörper -- hat also eine etwas unterschiedliche Umlaufbahn hinsichtlich Exzentrizität und Bahnneigung gegen die Ekliptik. Der radiale Bewegungsanteil wird direkt durch die Differenz der Exzentrizitäten zwischen Planet und Quasisatelliten verursacht, während der Bewegungsanteil längs der Planetenbahn durch die etwas abweichende Geschwindigkeit im Perihel und im Aphel verursacht wird. Im Perihel überholt er den Planet von innen, während er im Aphel weiter außen in Bezug auf den Planeten zurückfällt. Im Lauf eines Jahres wird daraus dadurch ein kompletter Umlauf um den Planeten. Dies ist in etwa analog zu zwei Autos auf einer Autobahn, die nebeneinander mit gleicher Geschwindigkeit fahren und sich wechselseitig überholen, jedoch nicht fest aneinander gebunden sind.

Stabilität

Auch wenn Quasisatelliten hauptsächlich der Gravitation des Zentralkörpers (der Sonne) unterliegen, werden sie doch von dem Planeten beeinflusst, in dessen Nähe sie sich befinden. Da das Verhältnis der Umlaufzeiten von Planet und Quasisatellit genau 1:1 beträgt, sie sich also immer in ähnlicher Konstellation begegnen, wirkt die Störung durch den Planeten immer in gleicher Weise und kann sich somit aufschaukeln und den Quasisatelliten aus der Bahn werfen.

Computersimulationen zeigen jedoch, dass die Bahnen von Quasisatelliten der äußeren Planeten Uranus und Neptun so stabil sind, dass sich Quasisatelliten seit der Entstehung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren noch immer dort aufhalten können. Für Jupiter ist die Zeitspanne bis zur Instabilität allerdings nur 10 Millionen Jahre und für Saturn mit weniger als 100.000 Jahren noch geringer. Falls die Bahnexzentrizität der Quasisatelliten in einem bestimmten Bereich liegt (für Uranus und Neptun zwischen 0,1 bis 0,15) und je geringer die Bahnneigung ihrer Orbits gegen die Bahnebene des Planeten ist, desto stabiler sind die Bahnen dieser Quasisatelliten. Aufgrund dessen sollten Uranus und Neptun noch ursprüngliche Quasisatelliten besitzen, während Jupiter und Saturn nur vorübergehend eingefangene Quasisatelliten haben sollten.

Beispiele

Erde

Bislang wurde ein Quasisatellit der Erde beobachtet, der kleine Asteroid 2003 YN107 in den Jahren von 1996 bis 2006, der seitdem wieder eine Hufeisenumlaufbahn entlang der Erdbahn beschreibt. Im Jahr 2066 wird er erneut ein Quasisatellit der Erde. Bei der darauf folgenden Begegnung im Jahr 2120 ist es sogar wahrscheinlich, dass er von der Erde eingefangen und so zum zweiten echten Mond der Erde wird.

Ein weiteres koorbitales Objekt der Erde, der Asteroid 2002 AA29, wechselt annähernd zyklisch zwischen einer Hufeisenumlaufbahn und einer Quasisatellitenbahn, wobei er das nächste Mal um das Jahr 2600 für 45 Jahre ein Quasisatellit sein wird.

Andere Planeten

Auch die Venus besitzt einen Quasisatelliten, den Asteroiden Exzentrizität von etwa 0,4 und die Inklination von rund 9° ist sein maximaler Abstand von der Sonne fast so groß wie der der Erde und sein minimaler Abstand kleiner als das Aphel des Merkur; er nähert sich der Erde auch an. Vermutlich war der Asteroid vor etwa 7.000 Jahren ein erdnaher Asteroid, der von der Erde selbst auf seine derzeitige Bahn gebracht wurde.[1]

Simulationen zufolge können Quasisatelliten um die Planeten Uranus und Neptun seit der Entstehung des Sonnensystems vor etwa 4,5 Milliarden Jahren existieren. Daher wird vermutet, dass diese Planeten Quasisatelliten besitzen, die sie seit deren Annäherung nicht wieder verloren haben.[2] Bislang wurden allerdings keine Quasisatelliten von Gasplaneten entdeckt.

Einzelnachweise

  1. S. Mikkola, R. Brasser, P. Wiegert, K. Innanen: Asteroid 2002 VE68, a quasi-satellite of Venus. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Ausgabe 351, Thema 3. 2004. S. L63–L65. doi:10.1111/j.1365-2966.2004.07994.x
  2. Paul Wiegert, Kimmo Innanen, Seppo Mikkola: The stability of quasi satellites in the outer solar system. In: The Astronomical Journal. Ausgabe 119. S. 1978–1984.

Siehe auch

Weblinks


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