Rat der Danziger

Rat der Danziger
Konstituierungspapier des Rates der Danziger vom 10. Mai 1947

Der Rat der Danziger (RdDA) beansprucht für sich, die staatspolitische Regierungsvertretung der Freien Stadt Danzig im Exil zu sein und damit die Rechtsnachfolge des am 1. September 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkrieges aufgelösten Danziger Volkstags[1] sowie seit 2006 des Senates zu übernehmen.

Gebildet wurde der Rat der Danziger am 10. Mai 1947 aus den Organisationen der Sammelbewegung der geflüchteten und vertriebenen Danziger und konstituiert in der Sitzung vom 17. Juni 1947. Die ersten Wahlen zum RdDA erfolgten gemäß ihrer Wahlordnung[2] in drei Schritten zu zwei Wahlgängen, davon der erste zweiteilig am 3. Juni und am 24. Juni 1951 und der zweite am 2. August 1951. Zu den Ratswahlen wurden im Bundesgebiet und West-Berlin über 53.000 Stimmen von wahlberechtigten Danziger Bürgern abgegeben. Der erste RdDA bestand aus 36 Mitgliedern. Der RdDA wählte am 4. August 1951 die Vertretung der Freien Stadt Danzig im Lübecker Rathaus als sein Exekutivorgan.[3] Die RdDA-Wahlen wiederholten sich alsdann alle 10 Jahre. Zwischen den Ratssitzungen wurden dringliche Aufgaben von einem Ältestenausschuss wahrgenommen. Seit dem Jahre 1991 wurden nach einer im April 1991 verabschiedeten modifizierten Wahlordnung nur noch 15 Abgeordnete gewählt. Der Rat ist organisatorisch und personell eng mit der Vertriebenenlandsmannschaft Bund der Danziger (BdDA) e. V. in Lübeck verzahnt und tagt gegenwärtig[4] seit seiner Gründung nunmehr am 11. August 2006 in der 9. Wahlperiode. Die Verzahnung mit dem Bund der Danziger wird damit begründet, dass dort die meisten vor 1945 geborenen Staatsbürger der Freien Stadt Danzig organisiert sind.

Die Bundesregierung erklärte in einer Stellungnahme im Jahre 2000, dass die Behauptung des Rates der Danziger, ein Exilorgan der Freien Stadt Danzig zu sein, irreführend sei.

Inhaltsverzeichnis

Rat der Danziger ab 1947

Der RdDA wird nach demokratischen Grundsätzen gewählt. Er stellt regelmäßig Wahlordnungen[5] auf, die teilweise, meist unwesentlich in Textformen der Präambel abgeändert werden.

Inkorporierung der „Vertretung der Freien Stadt Danzig“

Im RdDA ist die frühere separate Vertretung der Freien Stadt Danzig – Exilvertretung des Danziger Staatsvolkes, die ihren Sitz in Lübeck hatte, seit 2006 inkorporiert und ihre früheren Aufgaben werden zurzeit restlos vom RdDA wahrgenommen. Die Vertretung der Freien Stadt Danzig verstand sich als Danziger Exilregierung. Die erste, im November 1947 kurz nach der Gründung des RdDA, von diesem und aus dessen Personenkreis gegründete und gewählte Vertretung der Freien Stadt Danzig setzte sich zusammen aus folgenden Personen: Präsident Dr. Nobert Sternfeld (Anwalt und Notar in Lübeck), Dr. Dr. Heinz Langguth, Hans Güldner, Joseph Cierocki, Dr. Hans-Carl Gspann, Hans Siedler und Dr. Herbert Leitreiter. Die Vertretung hat am 18. August 1948 an die Westmächte und den Generalsekretär der UNO ein Memorandum gesandt, in dem gefordert wird, das verfassungsmäßige Leben der Freien Stadt Danzig unter dem Schutz der UNO an Stelle des aufgelösten Völkerbundes wieder herzustellen.[6]

Splittergruppen

Um die 1990er Jahre bildeten sich durch Hervorgehen einzelner Personen aus der Danziger Bevölkerung bzw. Absplitterung teilweise durch Ausscheiden aus dem RdDA weitere, für sich die Nachfolgelegitimation der Danziger Regierung beanspruchende Splittergruppen. Von diesen Gruppierungen, die sich als Exilregierung des Freistaates Danzig in Frankfurt am Main oder Free State of Danzig in Exile; Danzig-Committeé in Cloppenburg nannten, sind bislang keinerlei Angaben über konkrete Gründungsdaten, Unterstützungsstimmen bzw. Unterschriften bekannt oder veröffentlicht. Nicht nur die Geschichte der Organisationen sondern auch die Gegenüberstellung der Schriften des RdDA (bzw. früher der Vertretung der Freien Stadt Danzig) z. B. in den Zeitschriften Unser Danzig, DOD oder in den sogenannten Grünbuchern von 1965[7] und 1994[8] mit den derzeit online einsehbaren Abbildungen und schriftlichen Beiträgen der neuen, selbsternannten Exilregierungen z. B. auf einem australischen Server[9] oder auf kostenlosen, werbefinanzierten Groupware-[10], Blog-[11] oder Privatseiten[12] ermöglicht sowohl einen Vergleich derer publizistischen, geschichtsinhaltlichen und politischen Beschaffenheit als auch eine Meinungsbildung über die Unterschiede zwischen dem RdDA und den Splittergruppen. Unabhängig von diesen Differenzen antwortete die Bundesregierung am 22. März 2001 auf eine kleine Anfrage von Ulla Jelpke und der PDS-Fraktion in Bezug auf sowohl die Vertretung der Freien Stadt Danzig – Exilvertretung des Danziger Staatsvolkes als auch die oben genannten separaten Organisationen, es sei „diesen Organisationen […] gemeinsam, dass sie das „Recht auf Danzig und Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts von Polen“ verlangen“.[13]

Heutiger Auftrag

Der Rat der Danziger hatte die Aufgabe, das betroffene Danziger Staatsvolk staatspolitisch und völkerrechtlich zu vertreten. Zu Mitgliedern dieses ersten Rates wurden ehemalige nichtnationalsozialistische führende Persönlichkeiten Danzigs berufen, so der damals noch lebende ehemalige Regierungschef der Freien Stadt Danzig Ernst Ziehm, Senatoren, Führer der Fraktionen der Oppositionsparteien im Danziger Volkstag usw.

Dem Rat gehörten am 27. Dezember 2005 fünf Ratsmitglieder an. Die bisherigen Mitglieder von Rat und Vertretung haben in ihrer abschließenden Sitzung am 30. September 2005 festgestellt, dass durch die organisatorischen Modifizierungen die Aufgabenstellung in ihrem wesentlichen Inhalt nicht verändert worden ist. Der Auftrag und die Verpflichtung des Rates der Danziger auf der Grundlage der Grünbucher der Danziger von 1965[14] und 1994[15] bestehen für diesen weiterhin. Dies wurde u. a. am 29. Oktober 1999 in einer Erklärung des Rates der Danziger zusammengefasst und einstimmig verabschiedet.

Geschichtsrevisionismus

In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung warf die PDS-Fraktion dem Rat der Danziger Geschichtsrevisionismus in der deutsch-polnischen Geschichte vor und verlangte Aufklärung über Kenntnisse des Bundes über den Rat. Die Bundesregierung antwortete am 27. April 2000[16], dass der Selbstanspruch des Rates der Danziger, ein „Exilorgan“ zu sein, irreführend sei, der Rat der Danziger organisatorisch nicht mit dem Bund der Danziger, der Organisation der Danziger Vertriebenen, zusammenhänge, es jedoch personelle Überschneidungen gebe, und man den Bund der Danziger bei einzelnen Projekten fördere. Zur vom Rat der Danziger behaupteten weiteren völkerrechtlichen Existenz der Freien Stadt Danzig wurde in der Antwort ausgeführt, dass sich „mit dem „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990 […] nach Einschätzung der beteiligten Mächte die Frage einer weiteren friedensvertraglichen Regelung der Folgen des Zweiten Weltkrieges erledigt [habe]“.

Auch die Berliner Zeitung[17] beschäftigte sich im Feuilleton mit der Problematik der Freien Stadt Danzig und ihrer sich im deutschen Exil befindlichen Staatsvertretungsorgane.

Weblinks

Literatur

  • Hans Viktor Böttcher: Die Freie Stadt Danzig: Wege und Umwege in die europäische Zukunft; Historischer Rückblick, staats- und völkerrechtliche Fragen. Bonn, 2. Aufl. 1997, ISBN 3-88557-149-8.

Anmerkungen

  1. Danziger Kalender 1953
  2. Vgl. Unser Danzig 4/1951.
  3. Vgl. Böttcher, S. 45 f., 71.
  4. Erklärung des Rates der Danziger von 2006
  5. Letzte Wahlordnungen des RdDA von 1970, 1980, 1991 und 1992: http://home.arcor.de/da1/rdda-wo-1970-02-01.pdf, http://home.arcor.de/da1/rdda-wo-1980-02-10.pdf, http://home.arcor.de/da1/rdda-wo-1991-04-19.pdf, http://home.arcor.de/da1/rdda-wo-1992-05-01.pdf
  6. Rundschreiben für die Mitglieder des Bundes der Danziger e. V., Lübeck, Nummer 1, November 1948.
  7. Grünbuch 1965 der Freien Stadt Danzig im Exil (PDF)
  8. Grünbuch 1994 der Freien Stadt Danzig im Exil (PDF)
  9. http://www.danzigfreestate.org/
  10. http://de.groups.yahoo.com/group/DanzigerTafelrunde/
  11. http://de.blog.360.yahoo.com/gerold_ewald
  12. http://www.realhomepage.de/members/danzig/index.html
  13. BT-Drucksache 14/5635
  14. Grünbuch 1965 der Freien Stadt Danzig im Exil (PDF)
  15. Grünbuch 1994 der Freien Stadt Danzig im Exil (PDF)
  16. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS – Drucksache 14/3181 –, Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 26. April 2000 (Drucksache 14/3263)
  17. Artikel „Wo ist Danzig?“ in der Berliner Zeitung, 30. August 2000, S. 11

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