- Recht auf Entwicklung
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Das Recht auf Entwicklung ist ein verbindlicher Bestandteil des geltenden Völkerrechts. In seiner Rechtsnatur als Menschenrecht lässt es sich aus der Gesamtheit der Menschenrechtskodifikationen herleiten. Zur Begründung der Existenz des Rechts auf Entwicklung als Grundprinzip des Völkerrechtsordnung ist auch die Staatensolidarität geeignet. Darüber hinaus ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein umfassender Geltungsgrund des Rechts auf Entwicklung als Ganzem. Schließlich kann es auch als selbständiges Verfassungsprinzip des heutigen Völkerrechtssystems nachgewiesen werden.
Inhaltsverzeichnis
Systematische Stellung
Das Recht auf Entwicklung ist sowohl ein individuelles als auch ein kollektives Menschenrecht. Es gehört somit der neuen menschenrechtsdogmatischen Kategorie der Drittgenerationenrechte an, die auch als Solidaritätsrechte bezeichnet werden. Seine vereinzelt vorgenommene Zuordnung zu der konzeptionell problematischen Gruppe der so genannten Rechte der Völker ist inhaltlich nur zum Teil berechtigt, da sie seine individuelle Geltungskomponente vernachlässigt.
Zu den traditionellen Menschenrechten (klassische Freiheitsrechte und soziale Menschenrechte der zweiten Generation) steht das Recht auf Entwicklung weder in einem Konkurrenzverhältnis, noch ist mit dessen Einführung eine Verwässerung des völkerrechtlichen Menschenrechtsstandards verbunden. Vielmehr führt die Anerkennung des Rechts auf Entwicklung zur Vervollkommnung des Menschenrechtssystems, da hierdurch der faktischen Komplexität der Menschenrechtsproblematik erstmals adäquat Rechnung getragen wird. Insbesondere findet damit die gegenseitige Abhängigkeit aller Menschenrechte und deren Interdependenz mit unterschiedlichen anderen Regelungsbereichen der Völkerrechtsordnung eine angemessene Berücksichtigung.
Berechtigte und Verpflichtete
Zu den berechtigten Adressatengruppen des Rechts auf Entwicklung zählen alle Staaten, Völker und Einzelpersonen sowie bestimmte soziale Verbände und juristische Personen. Es entfaltet Verpflichtungswirkung gegenüber allen Staaten, internationalen Organisationen, Völkern, sozialen Verbänden sowie natürlichen und juristischen Einzelpersonen. Völker, soziale Verbände und private Einzelpersonen verpflichtet das Recht auf Entwicklung jedoch nur untereinander. Gegenüber den Staaten und internationalen Organisationen lassen sich hieraus daher keine unmittelbaren Rechtspflichten dieser Adressatengruppen ableitet.
Inhalt
Der Inhalt des komplexen, globalen und dynamischen Entwicklungsbegriffs, der dem Recht auf Entwicklung zugrunde liegt, ist nur eingeschränkt konkretisierbar. Zum einen umfasst er sowohl sozioökonomische als auch kulturelle, technische und politische Entwicklungsaspekte. Zum anderen wurde durch seine Ausrichtung an der Grundbedürfnisstrategie und seine systematische Verknüpfung mit den Menschenrechten das ganzheitlich verstandene Individuum zum zentralen Bezugspunkt des Rechts auf Entwicklung. Schließlich ist es inhaltlich als Anspruch auf eine im Weltmaßstab gleichberechtigte und mittels demokratischer Partizipation selbstbestimmte Entwicklung definiert.
Der Schutzbereich des Rechts auf Entwicklung umfasst aufgrund seines negativen Tatbestandsmerkmals der Nachhaltigkeit nur umweltgerechte Entwicklungsprozesse.
Aus dem Recht auf Entwicklung ist die Pflicht der Industrieländer zur Leistung von Entwicklungshilfe an der Entwicklungsländer ableitbar. Neben allgemeinen Grundsätzen der Entwicklungszusammenarbeit ergeben sich hieraus allerdings keine konkreten Einzelansprüche zwischen bestimmten Staaten.
Die Entwicklungskonzepte einer Neuen Weltwirtschaftsordnung und einer neuen Entwicklungspartnerschaft wurden zum Teil in das Recht auf Entwicklung inkorporiert. Sie sind maßgebend für dessen verschiedenen wirtschaftsvölkerrechtlichen Leitprinzipien.
Schranken
Das Recht auf Entwicklung der Entwicklungsländer unterliegt insoweit immanenten Schranken, als die Industrienationen kollidierende Rechtspositionen innehaben. Hierzu zählen insbesondere die Staatssouveränität, das Selbstbestimmungsrecht ihrer Völker und das ihnen zustehende Recht auf Entwicklung.
Schließlich ist es durch konkrete Vergabebedingungen einschränkbar, die die Industrieländer in begrenztem Umfang an ihre Entwicklungshilfeleistungen zu knüpfen berechtigt sind, um eine effiziente und völkerrechtskonforme Gewährleistung des Rechts auf Entwicklung sicherzustellen.
Resolution A/41/128 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Recht auf Entwicklung vom 4. Dezember 1986 (Declaration on the Right to Development)
Literatur
- Guido Odendahl: Das Recht auf Entwicklung - The Right to Development. Entstehungsgeschichte, systematische Stellung und Inhalt eines individuellen sowie kollektiven Menschenrechts und Grundprinzips der Völkerrechtsordnung. Diss. Shaker Verlag Aachen 1997. ISBN 3-8265-5452-3
- Felipe Gómez Isa: El derecho al desarrollo como derecho humano en el ámbito jurídico internacional, Bilbao 1999, ISBN 978-84-7485-599-9
Weblinks
- Declaration on the Right to Development, Resolution A/41/128 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Recht auf Entwicklung vom 4. Dezember 1986
Wiktionary: Recht auf Entwicklung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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