Reemtsma (Familie)

Reemtsma (Familie)

Reemtsma ist der Name einer aus Ostfriesland stammenden Familie, die sich der Produktion von Zigaretten widmete.

Geschichte

1908 erwarb Bernhard Reemtsma eine Beteiligung an einer Zigarrenmanufaktur in Erfurt. 1919 wurde der Betrieb in B. Reemtsma & Söhne, später in Reemtsma Cigarettenfabriken umbenannt und 1922 nach Hamburg verlegt.

Zur Blüte gelangte das Unternehmen im Dritten Reich. Philipp F. Reemtsma sagte Hitler persönlich 1932 Anzeigen in seinen Parteiorganen zu. Nach 1933 förderten die Firmeninhaber die NSDAP und ihre Untergliederungen durch großzügige Spenden. Bekannt waren ihre Sammelbildserien wie „Deutschland erwacht – Werden, Kampf und Sieg der NSDAP“ in Zusammenarbeit mit Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann. Hermann Göring schlug 1934 ein Korruptionsverfahren gegen Reemtsma nieder und erhielt von dem Unternehmen im Laufe der Jahre Spenden von insgesamt 12 Millionen Mark. Görings „rechte Hand“, Paul Körner, erhielt jährlich 40.000 Mark. Sepp Dietrich, „persönlicher Begleiter des Führers“, der eine herausragende Rolle bei der Liquidierung der SA-Führungsspitze während des „Röhm-Putsches“ spielte und selbst zusammen mit weiteren SS-Leuten am 30. Juni 1934 sechs prominente SA-Führer ermordete, erhielt nach diesen Taten eine Reemtsma-Spende von 40.000 Mark.

Der Absatz von Zigaretten stieg mit Kriegsbeginn stark an. Jeder Soldat erhielt monatlich eine Sonderration. Hinzu kam der Verkauf von Sammelalben. Alleine das Propagandawerk „Adolf Hitler“ brachte es bis 1943 zu einer Auflage von 2,38 Millionen Exemplaren.

Philipp und Alwin Reemtsma wurden nach Kriegsende interniert und angeklagt. Beide wurden zu Geldstrafen verurteilt, Philipp zu 10 Millionen Mark. 1980, sogleich nachdem er das Verfügungsrecht über seine Geschäftsanteile erlangt hatte, verkaufte Jan Philipp Reemtsma seinen Anteil an dem Unternehmen. Später veräußerte auch Hermann-Hinrich Reemtsma einen wesentlichen Anteil an dem Unternehmen. 2002 machten die Anteile der Gründerfamilien noch 15 Prozent aus. Seit dem Erwerb des Unternehmens durch Imperial Tobacco ist kein Mitglied der Familie mehr beteiligt.

Mehrere Mitglieder der Familie betätigen sich mäzenatisch. Gegründet wurden unter anderem das Reemtsma Begabtenförderungswerk, die Hermann Reemtsma Stiftung sowie das Hamburger Institut für Sozialforschung.

Namensträger

  1. Johann Bernhard Reemtsma (1857–1925), Tabakwarenfabrikant, Ehefrau: Florentine Reemtsma, geb. Zülch (1867–1931)
    1. Elisabeth Fürchtegott Reemtsma (1891–1985)
    2. Hermann Bernhard Fürchtegott Reemtsma (1892–1961), Zigarettenfabrikant, Ehefrau: Hanna Reemtsma, geb. Eisenschmidt (1895–1988)
      1. Helga Reemtsma (1919–1995)
      2. Hanna Reemtsma (* 1921)
      3. Heike Reemtsma (1916–1963)
      4. Hermann-Hinrich Reemtsma (* 1935), Landwirt, Gründer der Hermann Reemtsma Stiftung
    3. Philipp Karl Fürchtegott Reemtsma (1893–1959), Zigarettenfabrikant
      1. Hermann Uwe Fürchtegott Reemtsma (1921–1941), Leutnant
      2. Jochen Karl Maria Fürchtegott Reemtsma (1923–1945), Leutnant
      3. Klaus Reemt Fürchtegott Reemtsma (1927–1943)
      4. Cornelie Gertrud Fürchtegott Reemtsma (*† 1949)
      5. Jan Philipp Fürchtegott Reemtsma (* 1952), Germanist und Mäzen
    4. Alwin Siegfried Fürchtegott Reemtsma (1895–1970), Zigarettenfabrikant, Standartenführer der Waffen-SS, 1939 Verleihung des Ehrendegens Reichsführer SS
      1. Klaus Fürchtegott Reemtsma (* 1920)
      2. Feiko Reemtsma (1926–1999), Zigarettenfabrikant
      3. Jan Berend Reemtsma (* 1928), Diplomforstwirt
        1. Katrin Reemtsma (1958–1997), Ethnologin, die sich besonders für die Sinti und Roma einsetzte und von ihrem Lebensgefährten, einem Roma, ermordet wurde

Auf dem Nienstedtener Friedhof in Hamburg sind einige der Familienmitglieder bestattet. Johann Bernhard und dessen Kinder Elisabeth und Hermann Fürchtegott Reemtsma und deren Angehörige sind auf der ersten Familiengrabstätte beerdigt, Philipp Fürchtegott Reemtsma, dessen Ehefrau und Kinder sind auf einer weiteren Familiengrabstätte beerdigt.

Literatur

  • Erik Lindner: Die Reemtsmas. Geschichte einer deutschen Unternehmerfamilie, Hoffmann und Campe, Hamburg 2007, ISBN 3455095631

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