- Reflow-Löten
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Der Begriff Reflow-Löten oder Wiederaufschmelzlöten (engl.: reflow soldering) bezeichnet ein in der Elektrotechnik gängiges Weichlötverfahren zum Löten von SMD-Bauteilen. Bei der Herstellung von Dickschicht-Hybridschaltungen ist es das häufigste Lötverfahren.
Inhaltsverzeichnis
Lötvorgang
- Im ersten Schritt wird beim Reflow-Löten das Weichlot in Form von Lötpaste vor der Bestückung auf die Platine/Leiterplatte aufgetragen. Hierin liegt der Hauptunterschied zu anderen Lötverfahren, wie Lötkolbenlöten, Tauchlöten oder Wellenlöten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Lotauftrags, z. B. mittels Schablonendruck (Siebdruck), Dispenser, durch Lotformteile (Preforms) oder auch galvanisch.
- Im nächsten Schritt werden dann die Bauteile bestückt. Die Verwendung von Lötpaste hat den Vorteil, dass diese klebrig ist und so die Bauteile bei der Bestückung direkt an der Paste halten. Sie müssen also nicht eigens aufgeklebt werden.
- Beim Aufschmelzen des verbleiten Lotes zentrieren sich die bestückten Bauteile durch die Oberflächenspannung auf den Landepads und setzen sich ab. Bei bleifreien Loten (z. B. SnAgCu) entfällt dieser Effekt fast vollständig (siehe auch RoHS).
Mögliche Lötfehler, die bei dem Reflow-Löten auftreten können, sind der Wicking-Effekt, das Verschwimmen und der Grabsteineffekt.
Gängige Reflow-Lötverfahren
Heizplatte
Das mit Bauelementen bestückte Trägersubstrat wird auf eine Heizplatte gelegt und aufgeheizt. Nachdem das Lot gleichmäßig geschmolzen ist, wird das Trägersubstrat von der Platte genommen. Dieses Verfahren kann bei anorganischen Trägersubstraten eingesetzt werden. Hierbei wird das gesamte Trägersubstrat auf Löttemperatur gebracht. Organische Träger sind normalerweise infolge ihrer Glasübergangstemperatur (z. B. Glasübergangstemperatur bei Standardleiterplatte ca. 140 °C) für das Kontaktlötverfahren auf der Heizplatte nicht geeignet. Es ist beim Kontaktlötverfahren einseitige Bestückung möglich. Es gibt Systeme, bei denen das bestückte Trägersubstrat durch ein gleichzeitig angewendetes Vakuumverfahren lunkerfreie und daher extrem zuverlässige Lötverbindungen aufweist. Hauptanwendungsgebiete des Vakuumkontaktlötens sind das Löten von Leistungshalbleiterchips (Löten ohne gasförmige Einschlüsse), das hermetische Verschließen mittels Löten und das flussmittelfreie Kontaktieren. Durch den Einsatz einer Vakuumkammer kann inertes Prozessgas wie Stickstoff, reduzierende Prozessgase wie Formiergas, bis 100 % Wasserstoff oder nassaktivierende Ameisensäure geregelt im Lötprozess eingesetzt werden. Um vollständig rückstandsfrei zu löten, kann im Vakuum eine Plasmaaktivierung während des Lötprozesses angewandt werden. Durch diese Front-End-Tauglichkeit können auch MOEMS, MEMS und auf Wafer-Level reflowgelötet werden. Plasmaunterstütztes Löten bietet auch für das Löten von Leistungshalbleiterchips Vorteile, da der normalerweise nach dem Löten notwendige Reinigungsprozess vor dem Drahtbonden entfällt.
Beheizte Formteile, Bügel und Stempel
Ein auf die Gehäuseform des zu lötenden Bauteils angepasster Stempel oder Bügel wird mit einer Widerstandsheizung erwärmt. Dieser drückt dann die Bauteilanschlüsse auf die Lötstelle und schmilzt das Lot auf. Die Heizung wird dann abgeschaltet und der Stempel erst nach dem Erstarren wieder abgehoben. Die Lötstellen federnder Bauteilanschlüsse können so sicher gelötet werden. In der Regel werden so nur einzelne Bauteile nacheinander gelötet.
Infrarotstrahler
Die zu lötenden Platinen werden in Durchlauflötstrecken gelötet. Das Lötgut wird dabei von einem Fördersystem durch einen Ofen gefahren. Der Lötvorgang kann durch die Verweildauer in den verschiedenen Temperaturzonen gesteuert werden. Üblicherweise gibt es vier Zonen, eine zum Aufwärmen der gesamten Schaltung, die zweite zum Aktivieren des Flussmittels, die dritte zum Löten und die vierte zum Abkühlen. Das Reflowlöten mit Infrarotstrahler ist ein einfaches Verfahren, um Platinen in Serie zu fertigen. Nachteilig beim Infrarotstrahler ist die starke Absorption der Strahlungsenergie durch schwarze Bauelemente (IC-Gehäuse) was eine ungleichmäßige Wärmeverteilung zur Folge hat und zur lokalen Überhitzung führen kann.
Beim Vakuumlöten (lunker- und flussmittelfrei) ist die Übertragung der Wärme durch Strahlung, neben der Übertragung der Wärme durch Kontakt die physikalisch einzige Möglichkeit. Übertragung der Wärme durch Konvektion ist im Vakuum wegen des fehlenden Übertragungsmediums nicht möglich. Daher wird beim Vakuumlöten sowohl die Übertragung der Wärme durch Kontakt (Kontaktlöten), als auch die Übertragung durch Strahlung genutzt.
Vollkonvektions-Reflow-Löten
Die Vollkonvektions-Reflow-Lötsyteme ähneln den Infrarotstrahler-Systemen, jedoch wird hierbei Luft erhitzt und über ein Düsensystem an das Lötgut geführt. Dadurch erreicht man eine gleichmäßigere Wärmeverteilung, als es mit Infrarotstrahlern möglich ist. Ein weiterer Vorteil ist die größere Wärmekapazität des Ofens. In der Elektronikfertigung wird dieses Verfahren am häufigsten eingesetzt.
Dampfphase (Kondensationslöten)
Das Dampfphasenlöten, (engl.: vapor phase), nutzt zur Erwärmung der Baugruppe die bei der Phasenänderung eines Wärmeträgermediums vom gasförmigen in den flüssigen Zustand freigesetzte Wärme. Dabei findet eine Kondensation an der Oberfläche des Lötgutes statt bis die gesamte Baugruppe die Temperatur des Dampfes erreicht hat. Siedet die Flüssigkeit, bildet sich über ihr eine gesättigte, chemisch inerte Dampfzone, deren Temperatur mit dem Siedepunkt der Flüssigkeit weitgehend identisch ist, so dass sich eine optimale Schutzgasatmosphäre ausbildet und Oxidationen im Dampfphasen-Lötprozess ausschließt.
Als Wärmeträgermediums werden heute Perfluorpolyether (GALDEN™) eingesetzt. Diese flüssige Polymere sind ausschließlich aus Kohlenstoff (C)-, Fluor (F)- und Sauerstoff (O)-atomen aufgebaut. Die im Molekül vorhandenen C-=- und C-F-Bindungen sind äußerst beständig. Sie zählen zu den stabilsten Bindungen in der Kohlenstoffchemie. Die an die zentrale Polymerkette gebundenen Fluoratome schirmen das Kohlenstoffgrundgerüst perfekt ab und schützen so die empfindlicheren C-C-Bindungen gegen chemische und thermische Angriffe. Sie haben hervorragende Wärmeübertragungskoeffizienten sowie gute dielektrische Eigenschaften. Gegenüber den FCKW-haltigen Gasen die in der Vergangenheit eingesetzt wurden besitzen (PFPE) kein Ozonschädigungspotential. [1].
Die Wärmeübertragung ist schnell und geometrieunabhängig, es entstehen keine Kaltzonen im Schatten großer Bauteile. Durch die genau definierte Löttemperatur und die gleichförmige Erwärmung ist keine Überhitzung der Bauteile möglich. Dies ermöglicht ein Löten mit gering aktivierten Flussmitteln. Die Anforderung an Vorwärmzonen ist geringer, dadurch sind Dampfphasenlötanlagen meist kompakter als Infrarotöfen. Einsatzschwerpunkt ist die Serienproduktion. [2].
Eine Sonderform des Dampfphasenlötens ist das Vakuumdampfphasenlöten. Diese Technologie steht im industriellen Umfeld etwa seit dem Jahr 2000 zur Verfügung. Nachdem die Lotpaste vollständig aufgeschmolzen ist, wird in der Prozesskammer ein sehr hohes Vakuum erzeugt. Der Unterdruck sorgt dafür, dass gasförmige Einschlüsse in den Lötstellen weitgehend nach außen verdrängt werden und so aus der Lötstelle ausgeschieden werden. Das Ergebnis ist eine weitgehend lunkerfreie Lötstelle. Diese Technologie ist besonders dann von Vorteil, wenn die Lötstellen sehr hohe thermische Verlustleistungen abführen müssen. Einschlüsse in den Lötstellen in Form von Lunkern würden den thermischen Widerstand der Lötstelle deutlich erhöhen. Weiterhin wird die mechanische Belastbarkeit durch die weitgehende Lunkerfreiheit signifikant erhöht.
Laserstrahl
Die Lötstellen werden mit einem Laserstrahl erhitzt, dieser kann punktgenau sehr viel Energie übertragen. Die Lötstelle wird zeitlich (Lötzeit ca. 0,2–0,4 s) und räumlich sehr eng begrenzt erwärmt. Dadurch tritt an den Bauteilen nahezu keine thermische Belastung auf. Ein Ablegieren der Leiterbahnen kann vermieden werden. Aufgrund der hohen Kosten ist dieses Verfahren eigentlich nur in der Massenproduktion oder bei hochempfindlichen Bauteilen rentabel.
Literatur
- Klein Wassink, R. J.: Weichlöten in der Elektronik. 2. Auflage. Eugen G. Leuze Verlag, 1991, ISBN 3-87480-066-0.
- Scheel, Wolfgang: Baugruppentechnologie der Elektronik. 1. Auflage. Verlag Technik, 1997, ISBN 3-341-01100-5.
- Bell, Hans: Reflowlöten : Grundlagen, Verfahren, Temperaturprofile und Lötfehler. Bad Saulgau: Leuze, 2005. ISBN 3-87480-202-7
- Rahn, Armin: Bleifrei löten: Ein Leitfaden für die Praxis. Bad Saulgau: Leuze, 2004. ISBN 3-87480-195-0
Einzelnachweise
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