- Außenpolitik der Republik Türkei
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Die Außenpolitik der Türkei ist ein elementarer und integraler Bestandteil der Türkischen Politik.
Inhaltsverzeichnis
Grundzüge der Türkischen Außenpolitik
In den angrenzenden Staaten im Nahen Osten, Kaukasus und auf dem Balkan herrschten die Osmanen Jahrhunderte lang, daher bestehen aus dieser Zeit immer noch Ressentiments. Zudem leben in den Nachbarstaaten noch türkische Minderheiten für die sich die Türkei verantwortlich fühlt.
Ein Prinzip der Politik von Atatürk nach der Republikgründung 1923 war die außenpolitische Neutralität und der Ausbau von guten nachbarschaftlichen Beziehungen zu Nachbarstaaten und vor allem europäischen Ländern. Die außenpolitische Neutralität wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, im Zuge des sich abzeichnenden Ost-West-Konflikts, nicht gewahrt. Die Westorientierung der Republik wurde deutlich und insbesondere nach dem Beitritt zur NATO 1952 manifestiert und weiter gefestigt.
Zu den außenpolitischen Konstanten gehören daher heute für die Türkei der angestrebte Beitritt zur Europäischen Union, die Zugehörigkeit zum Verteidigungsbündnis NATO, die Westbindung und die Ablehnung der Gründung eines eigenständigen kurdischen Staates.
Die geostrategische Bedeutung der Türkei ist seit den Anschlägen vom 11. September 2001 (insbesondere als militärstrategisch günstige Lage für die Luftwaffe der NATO) wieder stark gestiegen, nachdem sie nach Beendigung des Ost-West-Konflikts (direkte Grenze der Türkei zur UdSSR) extrem gesunken bzw. nahezu bedeutungslos geworden war. Die Bedeutung lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass die Türkei der einzige demokratische Staat mit überwiegend moslemischer Bevölkerung ist. Als „Modellstaat“ für die anderen islamischen Staaten ist für den Westen daher der Erfolg der Türkischen Demokratie entscheidend. Darüber hinaus entwickelt sich die Türkei zu einem wichtigen Transferland für Erdöl und Erdgas.
Die Türkei betrachtet sich selbst auch als Schutzmacht der Turkmenen auf dem Balkan und im Nord-Irak. Darüber hinaus versucht die Türkei eine Führungsrolle bei den Turkstaaten (Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgisistan und Kasachstan) Zentralasiens einzunehmen und die Beziehungen zu den autonomen türkischen Republiken und Regionen zu verbessern.
Ungewöhnlich für einen mehrheitlich von Muslimen bewohnten Staat sind die guten Beziehungen der Türkei zu Israel. Regelmäßig werden gemeinsame Militärmanöver durchgeführt .
Die türkische Regierung wehrt sich gegen die Einstufung der nachgewiesenen Massendeportationen von und -morden an Armeniern 1915, als Völkermord (siehe Völkermord an den Armeniern). Zu diplomatischen Verstimmungen mit Frankreich kam es, als das französische Parlament im Jahr 2006 die Ereignisse im Jahre 1915 offiziell als Völkermord anerkannte.
Überstaatliche Organisationen
Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und seit 1963 assoziiertes Mitglied in den Vorläuferorganisationen der EU und strebte seit über vier Jahrzehnten Verhandlungen über eine Vollmitgliedschaft, zuerst in der EWG, später der EG und zuletzt in der Europäischen Union an. Am 16./17. Dezember 2004 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zum 3. Oktober 2005. Zuvor hatten dies sowohl die Europäische Kommission als auch das Europäische Parlament befürwortet. Obwohl die Verhandlungen pünktlich begonnen haben, machen sich Beitrittsgegner weiterhin gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU stark, die deutsche CDU propagiert stattdessen eine Privilegierte Partnerschaft - diese wird jedoch von türkischer Seite abgelehnt und von sehr vielen EU-Mitgliedstaaten als unangemessen betrachtet.
Seit Juni 2004 stellt die Türkei den Generalsekretär der Organisation der Konferenz Islamischer Staaten (OIC).
Daneben ist die Türkei u. a. Mitglied bei den folgenden überstaatlichen Organisationen:
- Vereinte Nationen (1945) mit Sonderorganisationen
- OECD (1948)
- Europarat (1949)
- Organisation der Islamischen Konferenz (OIC, 1969)
- EG-Assoziierungs-Abkommen (1963)
- Zentralasien-Gipfel der Türkischen Republiken (OATCT, 1992)
- Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation (1992)
- assoziiertes Mitglied der WEU (1995–2000)
- EU-Zollunion (seit dem 1. Januar 1996).
- EU-Beitrittskandidat (seit 3. Oktober 2005)
- Allianz der Zivilisationen (Gründungsmitglied)
Vereinte Nationen
Die Türkei strebte einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Periode 2009/10 an. Sie erhielt auch den Sitz im Sicherheitsrat im Jahr 2008, gemeinsam mit Uganda. [1]
Allianz der Zivilisationen
Die Allianz der Zivilisationen ist eine UN-Initiative unter Ban Ki-moon von Recep Tayyip Erdoğan und José Luis Rodríguez Zapatero mit dem Ziel, gemeinsame Handlungsansätze über verschiedene Gesellschaften und Kulturen hinweg zu verschmelzen, um Extremismus zu bekämpfen und kulturelle, religiöse und soziale Barrieren zu überwinden, hauptsächlich zwischen der westlichen und der vorherrschend muslimischen Welt.
Sicherheitspolitik
Die Sicherheitspolitik der Türkei bewegt sich in den Spannungsfeldern internationaler Terrorismus, Europa, Balkan, Kaukasus, Naher und Mittlerer Osten und Zentralasien. Als ein Land mit überwiegend moslemischer Bevölkerung war die Türkei schon mehrmals Anschlagsziel islamischer Fundementalisten.
Beziehung zu Europa
Deutschland
Traditionell pflegen Deutschland und die Türkei gute Beziehungen zu einander. Die Bundesregierung unter dem Kanzler Gerhard Schröder (1998 bis 2005) gehörte zu den wichtigsten EU-Beitritts Befürwortern der Türkei in die Europäische Union. Deutschland ist nicht nur der wichtigste Handelspartner der Türkei, sondern auch das Land mit der größten türkischen Gemeinde in Europa.
Die Befürchtungen, dass die neue Regierung unter Angela Merkel sich nicht an die Vereinbarungen der Europäischen Union mit der Türkei hält, versuchte diese mittlerweile zu entschärfen. Am 27. November 2005 sagte sie nach einem Treffen mit Tayyip Erdoğan auf dem EU-Mittelmeer-Gipfel in Spanien:
- „Wir haben darüber gesprochen, dass „Pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) gilt und dass die Dinge sich gut entwickeln werden“
Griechenland
Regionale Konfliktfelder sind die Herrschaftsräume in der Ägäis und der Zypernkonflikt. In der Ägäis geht es vorwiegend um den Verlauf der Grenze zwischen den beiden Ländern. Die Festlegung des Grenzverlaufes ist sehr umstritten, weil wirtschaftliche und militärische Interessen auf dem Spiel stehen. Wirtschaftlich geht es um potentielle Ölvorkommen, die beide Länder ausbeuten wollen.
In letzter Zeit kam es aber zu einer Entspannung zwischen den beiden Staaten, obwohl die Unstimmigkeiten noch nicht geklärt sind. Nach dem schweren Erdbeben in der Türkei vom 17. August 1999 bot Griechenland den türkischen Opfern seine Hilfe an. Es kam aber zum Eklat, als der damalige türkische Gesundheitsminister Osman Durmuş sich weigerte, die Blutkonserven aus Griechenland anzunehmen, da man die Hilfe anderer Nationen seiner Meinung nach nicht benötigte. Nach dieser Aussage wurde er allerdings auch von der türkischen Presse scharf kritisiert. Selbst die sonst sehr nationalbewusste Zeitung Hürriyet - die immerhin auflagenstärkste Zeitung in der Türkei - schrieb auf der Titelseite "Schweig".[2]
Nach weiteren beiderseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen näherten sich die Staaten immer näher aneinander an. Griechenland ist mittlerweile einer der größten Unterstützer eines türkischen EU-Beitritts. Vom 6. bis 8. Mai 2004 besuchte mit Recep Tayyip Erdoğan erstmals nach 16 Jahren wieder ein türkischer Ministerpräsident den Nachbarn Griechenland.
Am 23. Januar 2008 besuchte nach 49 Jahren wieder ein griechischer Premierminister, Kostas Karamanlis, die Türkei. [3]
Russland
Die Beziehungen zu Russland sind ambivalent. Einerseits bestehen auf beiden Seiten enge wirtschaftliche Beziehungen. Russland ist einer der wichtigsten Energielieferanten (Blue-Stream Line) der Türkei, gleichzeitig bilden mittlerweile Russen eine wichtige Gruppe von Touristen. Andererseits besteht eine Konkurrenz um die Einflussbereiche im Kaukasus und Zentralasien.
Der russische Präsident Putin besuchte, nach 31 Jahren wieder als erstes russisches bzw. sowjetisches Staatsoberhaupt, im Dezember 2004 die Türkei. Erdoğan erwiderte den Besuch im Januar 2005.
Zypern
Es gibt Unstimmigkeiten wegen der in Nordzypern stationierten türkischen Soldaten. Der Versuch von der Republik Zypern, Flugabwehr-Raketen auf der Insel zu stationieren, führte Mitte der 1990er Jahre fast zu einem Krieg, die Raketen wurden nicht stationiert.
Die Türkei strebt eine Einigung auf Grundlage des Annan-Plans an, lehnt aber eine vorherige Anerkennung der Republik Zypern ab.
Bulgarien
Die massive Unterdrückung der aus der Zeit der über 500-jährigen türkischen Herschafts über Bulgarien von 1393 bis 1878 verbliebenen türkischen Minderheit durch das sozialistische Regime in Bulgarien sorgte insbesondere in der Zeit des Kalten Krieges stets auch für Spannungen zwischen den beiden Ländern. Mitunter kam es im Zuge des Widerstands zu terroristischen Anschlägen seitens der türkischen Minderheit gegen Ziele in Bulgarien (u. a. Bombenanschlag auf einen Zug 1985). Heute ist der Konflikt weitestgehend abgeschwollen und die Regierungen beider Länder pflegen nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Türkei für Bulgarien gute Beziehungen.
Bosnien-Herzegowina
Während des Bosnienkrieges unterstützte die Türkei eine internationale Regelung des Konflikts. Die türkische Politik war bemüht die Emotionen im Inland zu beruhigen, um nicht eine Radikalisierung der Bevölkerung zu fördern.
In der Türkei leben viele bosnisch-stämmige Türken, die sich mit ihren „Verwandten“ sehr verbunden fühlen. Andererseits bestand ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit den „Moslemischen Brüdern“. Hinzu kommt, dass eine türkische Minderheit in der Region lebt.
Die Türkei ist im Rahmen der Friedensmissionen der NATO mit Soldaten in Bosnien-Herzegowina vertreten. Während der Kriege nahm die Türkei viele Flüchtlinge aus der Region auf.
Kosovo
Die Türkei war der dritte Staat, der die Unabhängigkeit des Kosovos am 17. Februar 2008 anerkannte. Es bestehen inzwischen auch diplomatische Beziehungen zu Kosovo, dessen Unabhängigkeit als Staat umstritten ist. [4]
Naher Osten
Israel
Die Türkei unterhält enge Beziehungen zu Israel. Israel bildet einen wichtigen Verbündeten für die Türkei in der Region. Komplettiert wird die strategische Allianz durch die USA.
Zwischen der Türkei und Israel besteht ein zusätzliches geheimes Militärabkommen. Beobachtern zufolge ist das Abkommen u. a. gegen Syrien gerichtet. Beide Länder fühlen sich durch die angenommene syrische Unterstützung für Terrorgruppen bedroht.
Daneben bestehen Verträge mit Israel über umfangreiche Waffenlieferungen, um das türkische Militär zu modernisieren. Im Gegenzug gewährt die Türkei israelischem Militär das Training in der Türkei.
Zwischen Ceyhan (Türkei) und Haifa (Israel) ist der Med Stream, eine Pipeline für den Transport von Elektrizität, Erdgas, Rohöl und Wasser geplant.
Als Erdoğan die Palästinenser-Politik Israels als Staatsterrorismus bezeichnete, wurden die Beziehungen belastet.
Syrien
Lange Zeit waren die Beziehungen zwischen den beiden Staaten stark belastet.
Syrien beansprucht die Provinz Hatay und betrachtet sie als syrisches Staatsgebiet. Die offene Unterstützung der PKK durch Syrien veranlasste die Türkei in den späten 1990ern zu einer Kriegsdrohung gegenüber Damaskus. Syrien fühlt sich durch die enge militärische Kooperation zwischen Israel und der Türkei bedroht. Auch gibt es Streitigkeiten wegen des Euphratwassers. Der Bau von Staudämmen im Rahmen des Südostanatolien-Projekts führt auf Seiten von Syrien zu der Befürchtung, dass die Türkei eines Tages das Wasser als Machtinstrument benutzen könnte.
Die gegenseitigen Staatsbesuche, in Dezember 2004 und Januar 2005, trugen zu einer Entspannung der Beziehungen bei. So vermittelte die Türkei zwischen Syrien und Israel, um einen dauerhaften Frieden zwischen beiden Staaten zu schaffen.[5] Die Gespräche kamen aufgrund des Gazakrieges zum Stillstand. Zwischen dem 27. und 30. April 2009 fand das erste, gemeinsame türkisch-syrische Militärmanöver statt.
Irak
Während der Herrschaft des Saddam-Regimes pflegte die Türkei gute Beziehungen zum Irak. Der Irak lieferte über eine Pipeline Öl in die Türkei. Zudem verband beide Regierungen die Ablehnung gegenüber einem selbständigen kurdischen Staat. Dennoch gab es immer wieder diplomatische Krisen, weil das irakische Regime PKK-Kämpfer auf seinem Gebiet duldete. Vom Norden des Iraks aus griff die PKK türkisches Gebiet an.
Im zweiten Golfkrieg unterstützte die Türkei den Krieg der Alliierten gegen den Irak.
Nachdem das türkische Parlament den USA die Unterstützung im Irak-Krieg verweigerte, wurden die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern stark belastet. Auf Bitten der USA beschloss die große Nationalversammlung am 7. Oktober 2003 die Entsendung von türkischen Soldaten in den Irak. Das Vorhaben wurde aber wegen des irakischen Widerstandes eingestellt.
Die Türkei sah im Falle eines Sieges der Kurden in Kirkuk bei den Wahlen am 30. Januar 2005 und dessen Eingliederung in die autonome Kurdenregion in Irak einen möglichen Kriegsgrund. Hintergrund ist, dass durch die reichen Ölfelder in Kirkuk ein wirtschaftlich überlebensfähiger und selbstständiger kurdischer Staat denkbar wäre. Es besteht die Befürchtung, dass durch einen selbständigen Kurdenstaat im Nordirak der Kurden-Konflikt in der Türkei erneut eskaliert.
Außerdem befürchtet die Türkei, dass die turkmenische Minderheit in Kirkuk und Mosul bei der Neuverteilung der Macht im Irak benachteiligt werden könnte.
Am 17. Oktober 2007 hat das türkische Parlament mit großer Mehrheit für eine Militärintervention gegen kurdische Rebellen im Nordirak gestimmt. Ministerpräsident Erdogan hat für ein zweites Jahr die Ermächtigung zur Aktion. Der irakische Präsident appellierte daraufhin an die Türkei, nicht einzumaschieren, auch die EU und die USA warnten die Türkei vor einer Eskalation.
Iran
Das Verhältnis zum Iran ist u. a. wegen unterschiedlicher Staatssysteme gestört. Während die Türkei eine laizistische Demokratie ist, empfindet sich der Iran als eine Islamische Republik. In den 1990er Jahren wurden viele türkische Intellektuelle umgebracht, wobei der Iran als Drahtzieher vermutet wird. Auch betreibt der Iran eine aggressive Politik des „Exports“ seines politischen Systems.
Anfang des 21. Jahrhunderts schien sich die Beziehung zu entspannen. Viele türkische Unternehmen erhielten lukrative Großaufträge im Iran. Doch seit Ende 2004 kommen die Projekte nicht mehr voran, weil der Iran sie blockiert.
Im Atomstreit versucht die Türkei eine diplomatische Lösung zu finden. Sie spricht sich für die zivile Nutzung der Atomenergie aus, aber strikt gegen eine militärische. Aufgrund der existentiellen Abhängigkeit vom iranischen Erdöl und Erdgas ist die Türkei an einer Eskalation nicht interessiert. Iran ist der größte Öl-Lieferant und der zweitgrößte Erdgaslieferant der Türkei.[6]
Saudi-Arabien
Die Beziehungen zum Königreich Saudi-Arabien sind vor allem Wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Natur. Beide Länder stehen der neu gebildeten Regierung im Irak mit Skepsis gegenüber. Nach den verbesserten Beziehungen und den gegenseitigen Besuchen in den Jahren 2006 und 2007 sind eine Reihe Wirtschaftlicher und Militärischer Abkommen in Kraft getreten. [7] [8][9][10] [11]
Kaukasus und Zentralasien
Georgien
Die Türkei unterhält zu Georgien, im Gegensatz zu Armenien, gute Beziehungen, die weiterhin ausgebaut werden. Der beschlossene Bau der Bahnstrecke Kars–Achalkalaki–Tiflis–Baku und die bestehende Ölpipeline Baku-Tiflis-Ceyhan können auch als Zeichen für die guten Beziehungen angesehen werden.
Armenien
Die Beziehungen zu Armenien sind weiterhin belastet.
Armenien erkennt die Grenze mit der Türkei, nach dem Vertrag von Kars (1921), bis heute nicht an.[12]
Die Türkei erkennt den Genozid an den Armeniern nach wie vor nicht an, und spricht in diesem Zusammenhang von "Folgen von Kriegshandlungen" und gegenseitigen Angriffen. Die Darstellung der Türkei - auch unterstützt durch vereinzelte internationale Wissenschaftler - steht im Widerspruch zum anerkannten Konsens in der Vergleichenden Völkermordforschung. Die einschlägigen Vereinigungen international anerkannter Genozid-Forscher (z. B. die International Association of Genocide Scholars) sowie führende Erforscher des jüdischen Holocaust wie Yehuda Bauer, Israel Charny und Stephen Feinstein haben entsprechende Resolutionen abgegeben und die Vorgänge eindeutig als Genozid bezeichnet. Internationale Organisationen wie der Europarat sowie 24 einzelne Staaten haben Resolutionen, Beschlüsse oder Gesetze verabschiedet, mit denen sie die Ereignisse offiziell als Völkermord im Sinne der UN-Völkermordkonvention von 1948 anerkannten.
Die Besetzung der völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Region Berg-Karabach durch Armenien belastet das Verhältnis zur Türkei, da die Türkei sich selbst als Schutzmacht Aserbaidschans versteht.
Seitdem der armenische Präsident im September 2008 an den türkischen Präsidenten Abdullah Gül eine Einladung geschickt hat, beim Fußballweltmeisterschafts-Qualifikationsspiel der beiden Länder in Armenien zuzusehen, haben sich die Beziehungen etwas gelockert.
Afghanistan
In Afghanistan ist die Türkei mit einem Kontingent zum Wiederaufbau im Land. Sie ist seit Februar 2005 ISAF VII Führungsnation.
Turkstaaten
Die Türkei versucht ihren Einfluss auf die Turkvölker im Kaukasus und Zentralasien zu erweitern. Zu diesen Staaten bestehen enge Verwandtschaftsverhältnisse in Kultur, Geschichte, Ethnie und Sprache.
Mitte der 1990er Jahre, als die Beziehungen zur EU belastet bzw. erschwert wurden und ein Beitritt unwahrscheinlich war, wurde ein politischer Zusammenschluss mit den Turkstaaten sogar als Alternative gesehen. Diese Vorstellungen sind heute pragmatischen und realistischeren Vorstellungen gewichen. Die Türkei versucht derzeit „lediglich“ auf wirtschaftlichem Gebiet die Bindungen zu erhöhen. Eines der Ziele ist derzeit, Erdöl- und Erdgas-Pipelines über die türkisches Staatsgebiet zu verlegen. Mit diesem Vorhaben steht die Türkei in Konkurrenz zu Russland und Iran.
Turkmenistan
Aufgrund der außenpolitischen Neutralität von Turkmenistan ist das Interesse der turkmenischen Regierung an einer engen Zusammenarbeit mit der Türkei eher gering. Am 17. November 2006 fand im türkischen Antalya ein erster Gipfel von Turkstaaten statt. Usbekistan blieb dem Gipfel fern, Turkmenistan war nur durch einen Beobachter vertreten. Mit Turkmenistan wird momentan hauptsächlich in den Bereichen Energie- und Wirtschaftspolitik näher zusammengearbeitet. [13]
Aserbaidschan
Die Beziehungen zur Republik Aserbaidschan gelten, verglichen mit den anderen Turkstaaten, als die besten. Das Osmanische Reich erkannte bereits im Jahr 1918 die Aserbaidschanische Demokratische Republik an.
Aktuell unterstützt die Türkei Aserbaidschan sowohl wirtschaftlich (hinsichtlich der BTC-Pipeline) als auch politisch (hinsichtlich des Bergkarabach-Konflikts mit Armenien durch militärischer Ausbildung aserbaidschanischer Soldaten). [14]
Usbekistan
Ein bis heute andauernder Konflikt zwischen Usbekistan und der Türkei betrifft die Unruhen in Andijon, bei denen das Militär mehr als 70 Demonstranten erschossen hatte. Die Türkei unterstützte eine von den USA eingebrachte Resolution bei den Vereinten Nationen. Darin wird die usbekische Führung wegen Menschenrechtsverletzungen heftig kritisiert. Die usbekische Führung lehnt inzwischen jegliche Zusammenarbeit mit der Türkei ab. [15]
Beziehungen zu den USA
Traditionell hat die Türkei sehr enge Bindungen an die USA. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist die Türkei neben Israel der wichtigste Verbündete im Nahen Osten. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ist die Bedeutung der Türkei noch weiter gestiegen. Obwohl die Türkei die von den USA geforderte Unterstützung im Irak Krieg verweigerte. Am 1. März 2003 gab es in der Nationalversammlung in Ankara keine ausreichende Mehrheit für den Wunsch Washingtons auf Stationierung von 62.000 amerikanischen Soldaten in der Türkei in Vorbereitung der Irak-Invasion. Obwohl bei einer zweiten Resolution der Einmarsch der USA über den Südosten der Türkei erlaubt wurde, kam es zu leichten politischen Spannungen zwischen der Türkei und den USA. Angesichts dessen erwiesen sich die Befürchtung einiger Experten, es drohe ein Ende der Nato vorerst noch als übertrieben.[16]
Als am 10. Oktober 2007 der US-Kongress eine von der armenischen Diaspora vorbereitete Resolution[17] verabschiedete, die den Völkermord an den Armeniern anprangerte, führte dies zu erheblichen Problemen in den türkisch-amerikanischen Beziehungen. Die Türkei zog aufgrund dieser Entscheidung ihren Botschafter Nabi Şensoy aus Washington zurück. In einer offiziellen Erklärung wurde verlautbart, dass der Botschafter wegen Konsultationen zurückgerufen wurde. [18]
Ein weiterer außenpolitischer Streitpunkt ist der Einmarsch der Türkei im Nordirak um Rückzugspunkte der PKK zu bekämpfen. Die USA sind strikt gegen einen Einmarsch, da der Nordirak die einzige ruhige Zone im Irak ist. Eine Eskalation könnte die Lage im Irak laut der USA verschlimmern. Die türkische Seite hingegen beansprucht ihr Recht auf Selbstverteidigung, da viele PKK-Mitglieder sich nach Anschlägen in der Türkei in den Nordirak zurückziehen. Nachdem am 7. Oktober 2007 15 Sicherheitskräfte durch die PKK getötet wurden, gab Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan grünes Licht für grenzüberschreitende Militäroperationen, was gegen die amerikanischen Interessen läuft. Die folgende Aussage von Ministerpräsident Erdoğan macht die aktuelle politische Haltung gegenüber den USA deutlich: "Haben Sie (gemeint ist die USA) um Erlaubnis gefragt, als Sie eine Distanz von über 10.000 km zurückgelegt haben um im Irak einzumarschieren ? Wir brauchen keine Ratschläge von irgendjemandem!" [19] Seit 2008 unterstützt der amerikanische Geheimdienst das türkische Militär mit Informationen zur Lage der PKK Stützpunkte.
Nach 11 Jahren, am 8. Januar 2008, traf zum ersten mal wieder ein türkischer Präsident im Weißen Haus den amerikanischen Präsidenten. Das Treffen zwischen Abdullah Gül und George W. Bush wurde als Zeichen für eine gute Partnerschaft zwischen den beiden Ländern angesehen. Bush bekräftigte, dass der Kampf der USA und der Türkei gegen den gemeinsamen Feind PKK fortgeführt werde.[20]
Am 7. April 2009 besuchte US-Präsident Barack Obama als Endstation seiner Europareise die Türkei. In der Türkei demonstrierten im Vorfeld mehrere Menschen gegen ihn. Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA befanden sich derzeit in einem Tiefpunkt.[21] Obama hielt eine Rede im türkischen Parlament in Ankara und bekräftigte seinen Wunsch, dass die Türkei in die EU aufgenommen wird. Er besuchte später dann die Treffpunkt der Allianz der Zivilisationen in Istanbul.[22]
Beziehungen zu Japan
Hauptartikel: Japanisch-Türkische Beziehungen
In Japan leben heutzutage etwa 10.000 Türken. Die Beziehungen zwischen Japan und dem Osmanischen Reich, später der Türkei, entwickelten sich erst nach der Öffnung Japans 1868 langsam und sind heute vor allem von wirtschaftlicher Bedeutung. Die Türkei hat eine Botschaft in Tokio, Japan hat ein Konsulat in Istanbul und eine Botschaft in Ankara.
Einzelnachweise
- ↑ Kandidatur der Republik Türkei für den UN-Sicherheitsrat, Internetpräsenz der Republik Türkei für die Kandidatur im Sicherheitsrat, abgerufen am 6. Februar 2008
- ↑ http://www.akweb.de/ak_s/ak430/24.htm
- ↑ 49 yıl sonra Ankara'da tarihi fotoğraf, Zaman Online, abgerufen am 23. Januar 2008
- ↑ Türkiye Kosova'nın bağımsızlığını tanıdı, CNN-TÜRK, abgerufen am 19. Februar 2007
- ↑ Thomas Seifert: Syriens Präsident Assad: "Ein Anzug der Marke Frieden". In: http://diepresse.com/. Die Presse, 25. April 2009, S. 1. Abgerufen am 3. Mai 2009. (Deutsch, Interview mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad)
- ↑ http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1196818
- ↑ CNN Türk: Kral Abdullah Türkiye'ye geldi
- ↑ http://trmilitary.com/esite/latest/turkey-s-fnss-to-upgrade-saudi-m113-armored-vehicles.html
- ↑ http://www.voanews.com/turkish/archive/2006-08/2006-08-08-voa21.cfm
- ↑ http://de.truveo.com/K%C3%B6nig-Abdullah-besucht-Gro%C3%9Fbritannien/id/3198849924
- ↑ http://www.arabnews.com/?page=1§ion=0&article=96851&d=30&m=5&y=2007
- ↑ Empfehlung 751 betr. die Stabilität und Sicherheit des Südkaukasus, Der Deutscher Bundestag, abgerufen am 30.11.2007. April 2007
- ↑ Beziehungen zu den Turkstaaten
- ↑ Aserbaidschanische Außenpolitik
- ↑ Turkstaaten-Gipfel hinsichtlich Usbekistan
- ↑ Die Zeit: Türkisches Pokerspiel 12. Oktober 2007
- ↑ Der Spiegel: Kurdenkonflikt: Immer mehr Türken sehen die USA als Gegner 11.Oktober 2007
- ↑ Wiener Zeitung: Türkische Nadelstiche - Ankara setzt Maßnahmen gegen Vereinigte Staaten 12. Oktober 2007
- ↑ Washington Times: Turkey keeps Iraq option open 12. Oktober 2007
- ↑ Bush-Gül görüşmesi gerçekleşti, CNN-TÜRK, abgerufen am 9. Januar 2007
- ↑ Demonstrationen in der Türkei gegen den neuen US-Präsidenten
- ↑ Ereignisse des US-Besuches in der Türkei
Literatur
- Wolfgang Gieler & Moritz Botts (Hrsg.) (2007): Außenpolitik Europäischer Staaten, von Albanien bis Zypern. Lehr- und Studienbücher der Politikwissenschaft.Scientia Bonnensis 2007, ISBN 978-3-940766-01-4
- Bibliography on Turkish-Israel Relations
- Ahmet Davutoğlu: Stratejik Derinlik: Türkiye'nin Uluslararası Konumu. 27 Auflage. Küre Yayınları, İstanbul Dezember 2008, ISBN 978-975-6614-51-8, S. 584.
Weblinks
- Internetpräsenz des türkischen Außenministeriums
- Synopsis der Türkischen Außenpolitik (Türkisches Außenministerium) (deutsch)
- European Stability Initiative: Turkish foreign policy: from status quo to soft power (englisch)
- Kemal Kirişçi: Turkey's foreign policy in turbulent times (PDF-Datei) (en)
Regionen & Länder
Naher Osten
- Konrad-Adenauer-Stiftung: Initiativen der Türkei im Nahen Osten
- Turkish foreign policy toward the Middle East (en)
- Regional implications of the Israeli-Turkish strategic partnership (en)
- Zeitleiste der Türkisch-Israelischen Beziehungen
- Essential friends and natural enemies: The historic roots of Turkish-Iranian relations (en)
Länder
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