Ruaux

Ruaux
Marianne Ruaux, 1827

Johanna Maria Carolina Ruaux, später verehelichte Schindler (* 2. Juli 1802 in Altona ; † 4. Juli 1882 in Eimsbüttel) war eine Hamburger Gastwirtin, die als „Die schöne Marianne“ bekannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Maria Ruaux wurde am 2. Juli 1802 im damals dänischen Altona geboren und am 8. Juli des Jahres in der katholischen Kirche St. Joseph an der Großen Freiheit getauft. Ihre Eltern – Jean Francois Ruaux und Louise Henriette, geb. Le Vavasseur - waren Emigranten aus der Normandie, die vermutlich infolge der französischen Revolution nach Norddeutschland geflohen waren.

Leben

Maria Ruaux führte seit 1824 oder nach anderen Angaben schon seit 1823 das von ihrem Vater gegründete Ausflugslokal „Mariannenruh“ in Langenfelde – im dänischen Teil von Eimsbüttel -, das sich schon bald nach seiner Eröffnung großer Popularität erfreute, nicht zuletzt wegen der im Volksmund als „Schöne Marianne“ gepriesenen Wirtin. Das Lokal war so beliebt, dass sogar Eintrittsgeld für den Besuch verlangt werden konnte. Viele Gäste „aus besseren Kreisen“ machten der gutaussehenden, liebenswürdigen jungen Wirtin den Hof. Darunter (im Sommer 1826) angeblich auch der junge Herzog Karl von Braunschweig. Der Dichter und Schriftsteller Heinrich Heine, der oft als Verehrer der „Schönen Marianne“ genannt wird, hatte aber – wie seine schriftlichen Bemerkungen zeigen – wohl eher ein zwiespältiges Verhältnis zu Maria Ruaux.

Am 21. Oktober 1831 wurde außerehelich die erste Tochter der „schönen Marianne“, Emilie Ludovica Caroline, geboren. Das Kind blieb zunächst ungetauft (und vermutlich auch ungemeldet); es wuchs die ersten Jahre bei Mariannes Mutter auf.

Kurz vor der Geburt dieser Tochter gab Maria Ruaux die „Mariannenruh“ auf und eröffnete ein neues Lokal am heutigen Doormannsweg im hamburgischen Teil Eimsbüttels.

Heirat und Nachkommen

Am 3. April 1836 heiratete Maria Ruaux den aus Leipzig stammenden, sieben Jahre jüngeren Kaufmann Robert Schindler. Der Eintrag im Kirchenbuch von St. Johannis in Eppendorf zeigt, dass die Braut offenbar versuchte, den Altersunterschied des Paares etwas geringer erscheinen zu lassen: Ihre Altersangabe "29 Jahre" wurde später durchgestrichen und in 34 geändert. (Tatsächlich war sie, wenn die Angabe über ihr Geburtsdatum stimmt, jedoch erst 33)

Am selben Tag wurde, ebenfalls in Eppendorf, die inzwischen viereinhalbjährige Tochter Emilie getauft. Zur Vaterschaft bekannte sich zehn Jahre später John Jochmus aus einer bekannten Hamburger Kaufmannsfamilie. Diese nahm daraufhin das Kind zu sich und sorgte für eine „standesgemäße“ Ausbildung. 1855 heiratete Emilie den Grafen Felix Carl Otto Johann von Bothmer; das Paar bewohnte das heute noch erhaltene Schloss Bothmer im mecklenburgischen Klütz. Nach dem frühem Tod ihres Ehemannes (1870) wurde Emilie Hofdame im Großherzogtum Weimar und stieg dort bis zur Oberhofmeisterin auf.

Am 4. September 1836 wurde Maria Alwine Schindler geboren. Sie heiratete später einen 32 Jahre älteren Kaufmann, dessen Mutter der angesehenen Hamburger Kaufmannsfamilie Godeffroy angehörte.

Gabrielle Henry Robert, der erste Sohn der Schindlers, wurde am 20. Dezember 1837 geboren. Er sollte Kaufmann werden, zog aber eine Laufbahn als Schauspieler und Sänger am Varieté-Theater in St. Pauli (heute: St. Pauli Theater) vor. Er starb 1872 unverheiratet.

1839 zogen die Schindlers aus Eimsbüttel weg und eröffneten an der Dammtorstraße 10/11, in unmittelbarer Nachbarschaft des Stadttheaters (das sich genau an der Stelle der heutigen Staatsoper befand), ein Café-Restaurant mit angeschlossener Weinhandlung, das sie aber 1843 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgeben mussten.

Am 15. Februar 1841 wurde Heinrich Wilhelm Schindler geboren. Er wanderte 1861, kaum zwanzigjährig und mutmaßlich praktisch mittellos, nach Argentinien aus. Er diente dort zunächst in der Armee, ging dann nach einer schweren Verletzung im ersten Gefecht des Paraguay-Krieges (Tripel-Allianz-Krieg) ins Versicherungsgeschäft und erwarb ein Vermögen. Seine in Spanien, Südamerika und USA lebenden Nachkommen sind die einzigen bekannten, heute noch nachweisbaren Nachkommen der „Schönen Marianne“. Unter ihnen hält sich die von Generation zu Generation überlieferte Legende, dass Heinrich Wilhelms wirklicher Vater „von blauem Blut“ gewesen sei – möglicherweise Herzog Karl von Braunschweig oder ein Hohenzollern-Prinz.

Maria Schindlers jüngstes Kind, Adolphine Henriette Mathilde, wurde am 21. Februar 1843 geboren. Sie heiratete später den Wechselmakler Johann Friedrich Grüttel, hatte mit diesem zwei Töchter und einen Sohn.

Die finanziellen Probleme der Schindlers hatten seit Anfang der 40er Jahre zugenommen. Ersparnisse der „Schönen Marianne“ aus der Eimsbüttler Zeit waren schließlich weitgehend aufgebraucht. 1848 musste sich Robert Schindler für zahlungsunfähig erklären. Kurz zuvor hatte sich Marianne von ihm von Bett und Tisch scheiden lassen, sorgte aber weiter für den als geisteskrank Diagnostizierten, der bald darauf, am 31. Juli 1849, starb.

Maria Schindler wurde zur alleinerziehenden Mutter von vier Kindern, von denen das älteste 12 Jahre zählte. Mit Unterstützung wohlhabender Freunde aus Hamburgs "besten Familien", aber wenig geschäftlichem Glück eröffnete die Witwe eine Reihe weiterer Lokale. Ihr letztes, das sie noch bis 1872, nunmehr siebzigjährig, führte, befand sich in der Eimsbüttler Fruchtallee 32. Sie lebte danach in der Bartelsstraße 105 (1872-1874) und im Kleinen Schäferkampf 14, wo sie am 4. Juli 1882 starb. Drei Tage später wurde sie auf dem Friedhof von St. Johannis in Eppendorf begraben. An der Stelle des 1951 aufgelösten Friedhofs an der Eppendorfer Landstraße/Kümmellstraße befand sich bis zum Frühjahr 2007 der Parkplatz des Kaufhauses Karstadt, der jetzt zu einem öffentlichen Platz umgestaltet werden soll.

TV-Serie

1974 wurde Maria Schindler-Ruaux deutschlandweit bekannt durch die ARD-Fernsehserie Die schöne Marianne (mit Hannelore Elsner in der Titelrolle), die 1978 unter dem Titel Das Hotel zur schönen Marianne (mit Nadja Tiller in der Titelrolle), fortgesetzt wurde. Die Serie wurde seither vielmals wiederholt.

Am Eimsbüttler Marktplatz, in der Nähe des mutmaßlichen Standorts der "Mariannenruh", erinnert ein Gedenkstein mit Tafel an die legendäre Wirtin. Er wurde am 11. Dezember 2002 auf Initiative der Patriotischen Gesellschaft von 1765 aufgestellt.

Literatur

  • Armin Clasen: Die schöne Marianne. Ein Kapitel aus der Geschichte hamburgischer Geselligkeit, Christians, Hamburg 1972, ISBN 3-7672-0017-1

Neben Clasens Buch beruht dieser Eintrag auf Angaben einer in Argentinien geborenen Ur-Ur-Urenkelin der schönen Marianne und eigenen Recherchen.

Weblinks


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