- SERO
-
Die Abkürzung SERO stand in der DDR für das VEB Kombinat Sekundär-Rohstofferfassung, das Sekundärrohstoff-Annahmestellen und deren Weiterverteilung betrieb. Hier wurden Sekundärrohstoffe (wiederverwertbare Wertstoffe, umgangssprachlich Altstoffe) aufgekauft und einer weiteren Verwendung zugeführt. Im Vergleich zum Erfassungssystem für wiederverwertbare Wertstoffe in der alten Bundesrepublik erreichte das SERO-System einen wesentlich höheren Rückführungsgrad für diese Stoffe in den Wirtschaftskreislauf.
Im allgemeinen Sprachgebrauch war mit SERO meist das System der Aufkaufstellen gemeint, das in der DDR ein dichtes Netz bildete, um den oft unmotorisierten Kunden weite Wege zu ersparen. Die Aufkaufstellen wurden oft von privaten Kleinunternehmern betrieben, die relativ gut daran verdienten. Die SERO-Annahmestellen arbeiteten unter einem einheitlichen SERO-Logo, das Maskottchen war der rosafarbene Elefant Emmy.
Aufgekauft wurden unter anderem Flaschen, Gläser, Altpapier und Schrott. Haushalte warfen ihre noch verwertbaren Rohstoffe meist nicht weg, sondern brachten sie zur nächsten SERO-Annahmestelle oder überließen sie sammelnden Kindern, die sich so ein Taschengeld verdienten.
Auch die Pionierorganisation Ernst Thälmann organisierte große Altstoffsammlungen, um Geld für Hilfsaktionen zu sammeln. Zum wöchentlichen Pioniernachmittag war es eine verbreitete Aktivität, zur Altstoffsammlung auszurücken – falls vorhanden mit Handwagen. Es wurde dann von Tür zu Tür gezogen und geklingelt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das SERO-System existierte bereits seit den 1960er Jahren. Die Motive dafür waren wirtschaftlicher und politischer Natur.
Die zentrale Planwirtschaft der DDR befand sich immer in einer mehr oder weniger angespannten finanziellen Situation. Hinzu kam besonders eine Devisenknappheit. Gegen diese Devisenknappheit wurde auf verschiedenste Weise angekämpft, unter anderem auch durch die Einsparung von Rohstoffimporten durch eine weitgehende Rückgewinnung („Rohstofferfassung“ – DDR-Sprachgebrauch) der eigenen Sekundärrohstoffe über die SERO-Aufkaufstellen.
Das Sammeln von Altstoffen wurde besonders in den Schulen von den Pionierorganisationen als politisches Medium und Erziehungsinstrument eingesetzt. Es stand jahrzehntelang unter dem Motto „Solidarität mit den Völkern der Welt“, „Solidarität mit Vietnam“, „Hilfe für den Wiederaufbau in Vietnam“, Hilfe für Mosambik, Angola. In Klassenzimmern (überwiegend der unteren Klassenstufen) und im Schulflur hingen oftmals Diagramme mit den Sammlungsergebnissen. Geldspenden der Eltern, um die Platzierung ihrer Kinder bei den Altstoffsammlungen zu verbessern, wurden dagegen nicht so gern gesehen.
Argumente für den Umweltschutz spielten bei der Propagierung der Altstoffrückgewinnung in der DDR fast keine Rolle. Weder wurde von wachsenden Müllbergen, noch von Problemen bei der Müllverbrennung gesprochen. Immer wurde der Nutzen für die Volkswirtschaft der DDR in den Vordergrund gestellt. Da die Müllgebühren in der DDR verschwindend gering waren, fehlte dieser finanzielle Anreiz zum Sammeln der Altstoffe.
Aufkaufpreise
„SERO-Aufkaufpreise für die Bevölkerung“, ca. 1985:[1]
- Zeitungen/Zeitschriften/Wellpappe 0,30 M/kg
- gemischte Papier- und Pappabfälle; Bücher 0,20 M/kg
- Schulhefte ohne Umschlag 0,50 M/kg
- Alttextilien 0,50 M/kg
- Flaschen (grün) 0,05 M/Stück
- Flaschen (weiß) – ausgewiesene Sorten 0,20 M/Stück
- Gläser 0,05 M/Stück
- Gläser – ausgewiesene Sorten 0,30 M/Stück
- Thermoplastabfall aus Haushalten 0,03 M/Fl.
- Thermoplastabfall aus Haushalten 1,00 M/kg
- Stahlschrott 0,12 M/kg
- Gussbruch 0,23 M/kg
- Aluminiumschrott 1,80 M/kg
- Zink 1,60 M/kg
- Kupferschrott 2,50 M/kg
- Bleischrott 1,80 M/kg
- Sprayflaschen 0,10 M/Stück
- Fotofilme 0,05 M/Stück
- Fixierlösung 0,40 M/Liter, Gramm
SERO-Werbung in der DDR
Das Sammeln von Sekundärrohstoffen wurde in der DDR stark beworben. Werbespruch von SERO: „Rohstoffe – von uns – für Sie. Unsere Annahmestellen erwarten Sie.“
In den Tausend Tele-Tips – der Fernsehwerbesendung, mit Comics in den Zeitschriften FRÖSI und Atze. In diesen Zeitschriften gehörte das Altpapiersammeln zur Tätigkeit eines DDR-Pioniers.
Nach der Wiedervereinigung
Ein Unternehmen, das aus dem staatlichen Sammelsystem der DDR hervorgegangen ist, war die börsennotierte Sero AG mit Sitz in Berlin. Das betriebswirtschaftliche Konzept der Wertstofferfassung wurde nach der Wende durch die Lösch AG in Dülmen übernommen. Die Gebrüder Löbbert haben es weiterentwickelt und vom alten SERO-Prinzip profitiert. Betriebliche Manipulationen führten zum Aufsehen erregenden Konkurs der Fa. Lösch/Löbbert. In deren Folge war SERO zum Scheitern verurteilt. Die SERO Entsorgung AG hat am 2. Juli 2001 beim zuständigen Amtsgericht Charlottenburg Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.
Heutige Begriffsnutzung
In der Entsorgungsbranche gibt es ähnlich klingende Firmen, die aber mit dem eigentlichen SERO-System wirtschaftlich und gesellschaftlich nichts zu tun haben. So besitzt z. B. der Entsorgungs- und Recyclingskonzern Alba AG mit der Sero-Leipzig GmbH eine Gesellschaft, deren Name den Begriff enthält. Die Firma SERO Berlin / Brandenburg ist der Inhaber des originalen Markenzeichen SERO und verwendet es wie früher für SERO Annahmestellen z. B. in Oranienburg.
Literatur
- Jakob Calice: Sekundärrohstoffe – eine Quelle, die nie versiegt. Konzeption und Argumentation des Abfallverwertungssystems in der DDR aus umwelthistorischer Perspektive. Diplomarbeit, 2005.
Weblinks
Commons: SERO – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ SERO-Werbung auf der Rückseite eines Kalenders - ca. 1985
Kategorien:- Unternehmen (Berlin)
- Unternehmen (DDR)
- Recycling
- Abkürzung
- Markenname
Wikimedia Foundation.