SPFH

SPFH

Die Sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31 SGB VIII / KJHG) gehört zu den Hilfen zur Erziehung (§ 27 SGB VIII). Der Name zeigt bereits den Schwerpunkt der Jugendhilfemaßnahme. Durch die intensive Beratung und Begleitung der Familie werden Lösungen von Alltagsproblemen und Konfliktbewältigung probiert und geübt. In der Regel ist sie für einen längeren Zeitraum (1 bis 2 Jahre) gedacht.
Voraussetzung für die Gewährung von Sozialpädagogischer Familienhilfe (SPFH) ist ein Antrag der Eltern und die Aufstellung eines Hilfeplans (§ 36 SGB VIII), in dem die Probleme und die Lösungsschritte einschließlich gemeinsamer Ziele und Überprüfungszeiträume festgelegt werden. Indikation für die intensive Hilfe sind Familien, in denen eine Multiproblematik vorliegt(emotionale, soziale und ökonomische Probleme).

Der Begriff Sozialpädagogische Familienhilfe ist im KJHG als spezielle Hilfeform geprägt. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff der Familienhilfe, der die jugendamtliche Sozialarbeit der 70er bis 90er Jahre in Deutschland prägte. Familienhilfe meinte damals die Arbeit der Sozialarbeiter/-innen in den Jugendämtern, die mit Kindeswohlgefährdungen zu tun haben (Allgemeiner oder Kommunaler Sozialdienst).

Mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe sollen Eltern bzw. Alleinerziehende mit ganz praktischen Hilfen bei Fehlern in der Kindererziehung (Vernachlässigung, Misshandlung), in der Versorgung des Haushalts und bei unangemessenem Ausgabeverhalten (bei knappen Einnahmen) unterstützt werden. Dies geschieht insbesondere: bei einer gravierenden häuslichen Unterversorgung (Bildung, Hygiene, Wohnung...) oder bei unmittelbaren zeitlich befristeten Schwierigkeiten in vielen Lebensbereichen. Immer muss aber auch ein erhöhter erzieherischer Bedarf – also die Notwendigkeit der Erziehungshilfe – vorliegen. Der erzieherische Bedarf wird – wie alle Hilfen zur Erziehung – über das Wohl des oder der Kinder und dessen notwendige Verbesserung definiert. Die Hilfe ist eine der Möglichkeiten, die Jugendämter im Rahmen der Kindeswohlgefährdung (§ 1666 BGB) anbieten, auch um eine Herausnahme der Kinder zu vermeiden.

Sozialpädagogische Familienhelfer(innen) besuchen Familien regelmäßig in ihrer Wohnung. Bei ihren Besuchen erleben Familienhelfer(innen) die vorliegenden Probleme unmittelbar und suchen vor Ort gemeinsam mit den Familien nach nahe liegenden und passenden Lösungen. Den Familien soll die Verantwortung für die Bewältigung ihrer vielfältigen und gehäuften Probleme nicht abgenommen werden, sondern sie sollen durch SPFH nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu eigenen Lösungen angeregt werden, um die vereinbarten Ziele zu erreichen. Als zentrale Kennzeichen dieses Ansatzes können die Arbeit im Bereich des familiären Heims und die Bildung einer tragfähigen Vertrauensbasis gelten. Dies ist die Basis, um auch tiefgreifende Problemlagen behandeln zu können und verschiedene sozialpädagogische Methoden einzusetzen. Die wöchentliche Besuchszeit wird in der Kennenlernphase auf etwa 10-20 Stunden veranschlagt. Heute ist die Betreuungszeit jedoch eher abnehmend, insbesondere bei Trägern, die eher die aufsuchende Beratung statt die praktische Hilfe in den Vordergrund stellen. SPFH ist ein gutes Beispiel für lebensweltorientierte Sozialpädagogik. Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist mit einer jährlichen Zuwachsrate von etwa 10 Prozent seit Anfang der 90er Jahre eines der am schnellsten wachsenden Felder der deutschen Erziehungshilfe. Sie wurde nach entsprechenden Feldversuchen in Berlin und Hannover per Gesetz (SGB VIII / KJHG) bundesweit eingeführt. Der Grund lag darin, dass diese neue ambulante Hilfe eine vielversprechende Alternative zu drohenden Heimunterbringungen war und spezifischer mit der Familie arbeitet als die tradierte Erziehungsbeistandschaft. Sie ist die intensivste Form der ambulanten Hilfen und die einzige, die zentral und ständig in der Familie arbeitet. In Deutschland wurden im Jahr 2003 über 41900 Familien regelmäßig von Familienhelfer(inne)n zu Hause besucht. Eine sichtbare Verbreitung besitzt SPFH auch in Österreich und in der Schweiz (unter dem Begriff 'Sozialpädagogische Familienbegleitung'), wo diese Hilfeform jedoch im Gegensatz zu Deutschland nicht als Pflichtleistung der Jugendhilfe festgeschrieben ist.

In den USA und im englischsprachigen Raum existieren unter dem Stichwort "home visiting" verschiedene Ansätze der aufsuchenden sozialen Arbeit mit Familien, die sich jedoch stärker als die SPFH auf bestimmte Problemfelder spezialisieren(z.B. Krisenintervention: 'Homebuilders', kognitive Frühförderung: 'Head Start' oder 'Parents as Teachers', Gesundheitserziehung und Missbrauchsprävention: 'Healthy Families America').

Inhaltsverzeichnis

Siehe auch

Literatur

  • BMFSFJ und DJI (Hrsg.): Helming E., Schattner H. und Blüml, H. (2005). Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe (4. Aufl.). Baden-Baden: Nomos Verlag. ISBN 3832911618
  • Kreuzer, Max. (Hrsg.). (2001). Handlungsmodelle in der Familienhilfe. Zwischen Networking und Beziehungsempowerment. Neuwied: Luchterhand. ISBN 3497018112
  • Petko, Dominik (2004). Gesprächsformen und Gesprächsstrategien im Alltag der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Göttingen: Cuvillier Verlag.(download PDF 2.5 MB) ISBN 3-86537-077-2 (Rezension hierzu)
  • Stephan, Heinz: Sozialpädagogische Familienhilfe in Hannover - katamnestische Untersuchung -, Tectum Verlag Marburg; ISBN 3-929019-70-1
  • Textor, M. R. (Hrsg.). (1998). Hilfen für Familien. Eine Einführung für psychosoziale Berufe. Weinheim <etc.>: Beltz. ISBN 3407558120
  • Wasik, B. H. & Bryant, D. M. (2001). Home visiting. Procedures for helping families (2. ed.). Thousand Oaks: Sage.
  • Woog, Astrid. (1998). Soziale Arbeit in Familien. Theoretische und empirische Ansätze zur Entwicklung einer pädagogischen Handlungslehre. Weinheim <etc.>: Juventa. ISBN 3779912082


Weblinks

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