Sainte-Chapelle

Sainte-Chapelle
Sainte Chapelle
Fenster von Sainte-Chapelle
Decke der Unterkapelle

Die Sainte-Chapelle ist die frühere Palastkapelle der ehemaligen königlichen Residenz Palais de la Cité auf der Île de la Cité in Paris (1. Arrdt.).

Sie gehört zu den schönsten Baudenkmälern der Gotik und ist beispielhaft für den hochgotischen Stil der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Innere mit der restaurierten Ausmalung

Die Kapelle wurde zwischen 1244 und 1248 auf Wunsch Ludwigs IX. des Heiligen vermutlich von Pierre de Montreuil erbaut, um die kostbaren Passionsreliquien („Christi Dornenkrone“ und Teile des „Wahren Kreuzes“) aufzunehmen sowie die Spitze einer Lanze, die dem römischen Hauptmann Longinus gehört haben soll, die der König 1237 dem lateinischen Kaiser Balduin II. abgekauft hatte. Am 26. April 1248 wurde die Kapelle der Heiligen Jungfrau Maria geweiht.

Es handelt sich um eine zweistöckige Palastkapelle mit einer niedrigen Unterkapelle und einer hohen Oberkapelle. Diese war Aufbewahrungsort der Reliquien und blieb dem einfachen Volk verschlossen. Der größte Teil ihrer Wände wird von kostbaren Buntglasfenstern eingenommen, wodurch der hohe Raum von unirdisch wirkendem Licht durchflutet wird.

Hier lässt sich auch demonstrieren, dass die Tendenz der Gotik, den ehemaligen Steinraum in einen farbigen Glasschrein aufzulösen und die Wände fast vollkommen in mehrbahnige Maßwerkfenster zu verwandeln, nicht dazu führt, dass der Innenraum wesentlich heller wird. Stattdessen war die ergreifende Wirkung des farbigen Lichts, die leuchtende Wand das Ziel, das Aufgehen der irdischen Existenz in einem mystischen Farbraum.

Die Fensterlanzetten sind 12 Meter hoch. Die Fenster erstrecken sich auf 600 m² Fläche, ⅔ von ihnen stammen noch aus dem 13. Jahrhundert, ⅓ sind Erneuerungen des 19. Jahrhunderts.

Aber auch dieser Kapelle blieben Unglücke nicht erspart. 1630 brannte sie aus und wurde wieder restauriert. Während der Französischen Revolution wurde die Kapelle schwer beschädigt, jahrelang hing an ihr ein Schild mit dem Text „Nationaleigentum zu verkaufen“. 1790 sollte sie sogar abgerissen werden. Das konnte gerade noch verhindert werden und unter dem Bürgerkönig Louis Philippe wurde der Bau später saniert. Angeblich sind insgesamt noch 720 von den insgesamt 1134 Fensterfeldern original. An einigen Stellen sind vor den Pfeilern Konsolen angebracht, auf denen Standbilder der 12 Apostel aufgestellt sind, denen ebenfalls die originale Farbigkeit wieder verliehen wurde. Sie ist das Ergebnis einer gründlichen und für die damalige Zeit wagemutigen Restaurierung in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts Ein Teil der lebensgroßen Apostelfiguren an den Wänden, der Altarbaldachin, etwa ein Drittel der Glasfenster, die Verzierungen auf der Innenseite des Westwerks, der Dachreiter, die Figuren der Eingangsportale sowie die Empore im Eingangsbereich wurden rekonstruiert. Trotzdem kann die Besonderheit dieses Raumes im Hinblick auf seine farbige Gesamtwirkung nicht deutlich genug hervorgehoben werden.

Diese Restaurierung stellt einen Wendepunkt in den öffentlichen Vorstellungen über mittelalterliche Kirchenräume dar, denn man war bis dahin eher schlichte weiß gestrichene Räume gewohnt. Jetzt wurde man mit ganz anderen Farben konfrontiert und die öffentliche Reaktion war auch dementsprechend empört. Man meinte in weiten Kreisen, das sei alles viel zu bunt, so könne es im Mittelalter nicht gewesen sein – und so ähnlich sind die öffentlichen Ansichten heute noch, sie sind jedoch falsch.[1]

Sonstiges

Palastkapellen diesen Typs entstanden im späteren Mittelalter auch an anderen Residenzen des französischen Königshauses und seiner Nebenlinien in den Herzogtümern. Sie werden nur dann ebenfalls als Saintes-Chapelles bezeichnet, wenn sie mit Passionsreliquien ausgestattet waren und einer bestimmten Liturgie folgten. Zu diesen gehören die Kapellen in Vincennes, Riom, Châteaudun, Aigueperse, Champigny-sur-Veude und Vic-le-Comte. Verschwunden sind die Saintes-Chapelles von Gué-de-Maulny, Vivier-en-Brie, Bourbon-l’Archambault und von Bourges[2][3] . Eine ganz ähnliche Kapelle gibt es im Schloss Saint-Germain-en-Laye (Yvelines). Die Schlosskapelle in Versailles wird als barocke Variation der Sainte-Chapelle betrachtet. Als Nachfolgebauten der Sainte-Chapelle außerhalb Frankreichs gelten die gotischen Palastkapellen von Aachen und Prag.

Aus dem Inventar der Sainte-Chapelle stammt auch das Evangeliar der Sainte-Chapelle, eine der bedeutendsten Handschriften der ottonischen Buchmalerei. Die vom Gregormeister gefertigte Prunkhandschrift gelangte nach der Revolution in die Bibliothèque Nationale, ihre Signatur ist Lat. 8851.

Einzelnachweise

  1. siehe Die Farbe in mittelalterlichen Kirchen im Artikel „Gotik“.
  2. C. Billot: Les Saintes-Chapelles royales et princières. Paris 1998, ISBN 2-85822-247-9. (französisch)
  3. Ruth Wessel: Die Sainte-Chapelle in Frankreich: Genese, Funktion und Wandel eines neuen Raumtyps. Düsseldorf 2003. (online)

Literatur

  • Julia Droste-Hennings, Thorsten Droste: Paris. DuMont, Köln 2003, ISBN 3-7701-6090-8, S. 109–116.
  • Dieter Kimpel, Robert Suckale: Die gotische Architektur in Frankreich 1130–1270. Hirmer, München 1985, ISBN 3-7774-4040-X, S. 400–405.

Weblinks

 Commons: Sainte-Chapelle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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