Satz von König (Mechanik)

Satz von König (Mechanik)

Als Satz von König (nach Johann Samuel König) bezeichnet man in der Mechanik zwei miteinander verwandte Aussagen über den Drehimpuls (1. Satz von König) bzw. die kinetische Energie (2. Satz von König) eines Systems von Massenpunkten, die diese beiden Größen auf eine physikalisch leicht interpretierbare Art ausdrücken.

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff des Schwerpunktsystems

In beiden Aussagen macht man sich ein spezielles Bezugssystem zunutze: das Schwerpunktsystem, das wir mit (R*) bezeichnen. Dagegen sei mit (R) das Koordinatensystem unserer Wahl bezeichnet, von dem wir ausgehen. (R) kann ein Inertialsystem sein oder auch nicht.

Definition

Nach Definition ist (R*) das Koordinatensystem, das aus (R) durch eine Translation hervorgeht, so dass der Gesamtimpuls \vec{P^{*}} des betrachteten Systems von Massenpunkten in (R*) verschwindet. Dies ist die allgemeine Definition, die auch im relativistischen Fall gültig bleibt.

In der Newtonschen Mechanik lässt sich der Gesamtimpuls \vec{P}=\sum_{i} m_{i}\vec{v_{M_{i}}} bekanntlich leicht mit Hilfe der Bewegung des Schwerpunktes G ausdrücken: \vec{P}=M\vec{v_{G}} mit der Gesamtmasse M\equiv \sum_{i} m_{i}. Im Schwerpunktsystem ist also \vec{v_{G}^{*}}=\vec{0}, und hieraus ergibt sich die andere übliche Definition von (R*): (R*) ist das Koordinatensystem, in dem der Schwerpunkt G ruht und das aus (R) durch eine Translationsbewegung hervorgeht.

Eigenschaften von (R*)

Bemerkung: (R*) ist ein Inertialsystem genau dann, wenn bereits (R) ein Inertialsystem ist.

Sei \vec{L_{O}} der Drehimpuls bezüglich des Punktes O und \vec{L_{O'}} der Drehimpuls bezüglich des Punktes O'. Dann gilt ganz allgemein: \vec{L_{O}}=\vec{L_{O'}}+\vec{OO'}\times \vec{P}. Da aber nach Definition in (R*) \vec{P^{*}}=\vec{0}, ist der Drehimpuls des Systems in (R*) unabhängig vom Bezugspunkt: \vec{L_{O}^{*}}=\vec{L_{O'}^{*}}=\vec{L^{*}}.
\vec{L^{*}} wird auch Eigendrehimpuls oder innerer Drehimpuls des Systems genannt.

Andererseits gilt nach der allgemeinen Formel für den Gesamtdrehimpuls \vec{L_{G}}=\sum_{i} \left (\vec{GM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}}\right ), aber (Addition der Geschwindigkeiten) \vec{v_{i}}=\vec{v_{i}^{*}}+\vec{v_{G}}, weshalb:
\vec{L_{G}}=\left (\sum_{i} m_{i}\vec{GM_{i}}\right )\times \vec{v_{G}}+\sum_{i}\left (\vec{GM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}^{*}}\right ).

Aber nach der Definition des Schwerpunktes: \left (\sum_{i} m_{i}\vec{GM_{i}}\right )=\vec{0}, und da \sum_{i}\left (\vec{GM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}^{*}}\right )\equiv \vec{L^{*}}, erhält man die folgende fundamentale Eigenschaft:

 \vec{L_{G}}=\vec{L^{*}}

.

Schließlich kann man in (R*) die innere kinetische Energie des Systems definieren: E_{k}^{*}\equiv \frac{1}{2}\sum_{i} m_{i}v_{i}^{*2}.

1. Satz von König

Aussage: Mit den obigen Bezeichnungen gilt:

\vec{L_{O}}=\vec{OG}\times M\vec{v_{G}}+\vec{L^{*}}, (1)

Physikalische Interpretation: Der Drehimpuls des Systems bezüglich eines Punktes O ist die Summe zweier Terme:

  • des Drehimpulses des Schwerpunktes G, versehen mit der Gesamtmasse M des Systems: \vec{OG}\times M\vec{v_{G}};
  • und des Eigendrehimpulses \vec{L^{*}} des Systems, der mit dem in (R) bezüglich des Punktes G berechneten Drehimpuls des Systems identisch ist.

Beweis: Aus dem allgemeinen Ausdruck für den Drehimpuls bezüglich des Punktes O im Bezugssystem (R): \vec{L_{O}}=\sum_{i} \left (\vec{OM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}}\right ) und aus \vec{v_{i}}=\vec{v_{i}^{*}}+\vec{v_{G}} (Addition der Geschwindigkeiten) folgt:
\vec{L_{O}}=\sum_{i} \left (\vec{OM_{i}}\times m_{i}\left (\vec{v_{i}^{*}}+\vec{v_{G}}\right )\right )=\sum_{i} \left (\vec{OM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}^{*}}\right )+\left (\sum_{i} m_{i}\vec{OM_{i}}\right )\times \vec{v_{G}}. Nun ist \vec{L^{*}}\equiv \sum_{i} \left (\vec{OM_{i}}\times m_{i}\vec{v_{i}^{*}}\right ) und nach Definition des Schwerpunktes \left (\sum_{i} m_{i}\vec{OM_{i}}\right )=M\vec{OG}, also folgt (1).

2. Satz von König

Aussage: Mit den obigen Bezeichnungen gilt:

E_{k}=\frac{1}{2}Mv_{G}^{2}+E_{k}^{*}, (2)

Physikalische Interpretation: Die kinetische Energie des Systems ist die Summe zweier Terme:

  • der kinetischen Energie des Schwerpunktes G, versehen mit der Gesamtmasse M des Systems: \frac{1}{2}Mv_{G}^{2};
  • und der inneren kinetischen Energie E_{k}^{*} des Systems.

Beweis: Wie eben: \vec{v_{i}}=\vec{v_{i}^{*}}+\vec{v_{G}}. Wenn man das in den allgemeinen Ausdruck für die kinetische Energie E_{k} = \sum_{i} \frac{1}{2}m_{i}v_{i}^{2} eines Systems einsetzt, erhält man:

E_{k}=\frac{1}{2}\sum_{i} m_{i}\left (\vec{v_{i}^{*}}+\vec{v_{G}}\right )^{2}=\frac{1}{2}\sum_{i} m_{i}v_{i}^{*2}+\left (\sum_{i} m_{i}\vec{v_{i}^{*}}\right )\cdot\vec{v_{G}}+\frac{1}{2}\left (\sum_{i} m_{i}\right )v_{G}^{2},
Der erste Term der rechten Seite ist nichts anderes als E_{k}^{*} und M\equiv \sum_{i} m_{i} ist die Gesamtmasse, und nach Definition von (R*) ist \vec{P^{*}}=\sum_{i} m_{i}\vec{v_{i}^{*}}=\vec{0}, also folgt (2).

Anwendungen

Die beiden Sätze von König gelten, egal ob das System deformierbar ist oder nicht. Sie werden häufig im besonders wichtigen Fall des starren Körpers angewendet.


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Satz von König — Es gibt in Mathematik und Physik mehrere „Sätze von König“, die nach unterschiedlichen Wissenschaftlern benannt wurden, nämlich: nach Gyula Kőnig (1849–1913), einem ungarischen Mathematiker: in der Mengenlehre den Satz von König, nach Dénes Kőnig …   Deutsch Wikipedia

  • König (Begriffsklärung) — König bezeichnet einen Monarchen, siehe König, auch König (Spanien) einen Familiennamen, siehe König (Familienname) eine Schachfigur, siehe König (Schach) eine Spielkarte, siehe König (Spielkarte) ein Kartenspiel, siehe König (Kartenspiel) den… …   Deutsch Wikipedia

  • Johann S. König — Johann Samuel König (* 31. Juli 1712 in Büdingen; † 21. August 1757 in Zuilenstein) war ein Mathematiker. Durch eine Arbeit über das Prinzip der kleinsten Wirkung löste er 1751 einen erbitterten Prioritätsstreit aus. Dieses von Euler und… …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Samuel König — (* 31. Juli 1712 in Büdingen; † 21. August 1757 in Zuilenstein bei Amerongen) war ein deutscher Mathematiker. Durch eine Arbeit über das Prinzip der kleinsten Wirkung löste er 1751 einen erbitterten Prioritätsstreit aus. Dieses von Euler und… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Physikern — Die Liste von Physikern ist alphabetisch sortiert und enthält nur Forscher, die wesentliche Beiträge zum Fachgebiet geleistet haben. Die Liste soll neben den Lebensdaten das Fachgebiet des Forschers nennen und wenige Stichworte zu den Aspekten… …   Deutsch Wikipedia

  • Buch der Könige — König bezeichnet einen Monarchen, siehe König einen Familiennamen, siehe König (Familienname) eine Schachfigur, siehe König (Schach) eine Spielkarte, siehe König (Spielkarte) ein Kartenspiel, siehe König (Kartenspiel) den zentralen Kegel beim… …   Deutsch Wikipedia

  • Koenig — König bezeichnet einen Monarchen, siehe König einen Familiennamen, siehe König (Familienname) eine Schachfigur, siehe König (Schach) eine Spielkarte, siehe König (Spielkarte) ein Kartenspiel, siehe König (Kartenspiel) den zentralen Kegel beim… …   Deutsch Wikipedia

  • Könige — König bezeichnet einen Monarchen, siehe König einen Familiennamen, siehe König (Familienname) eine Schachfigur, siehe König (Schach) eine Spielkarte, siehe König (Spielkarte) ein Kartenspiel, siehe König (Kartenspiel) den zentralen Kegel beim… …   Deutsch Wikipedia

  • Buedingen — Wappen Deutschlandkarte Hilfe zu Karten …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Philosophen — …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”