- Drehimpuls
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Physikalische Größe Name Drehimpuls Formelzeichen der Größe Größen- und
Einheiten-
systemEinheit Dimension SI kg · m2 · s−1 M · L2 · T−1 Der Drehimpuls ist eine physikalische Erhaltungsgröße und nimmt eine ähnlich zentrale Stellung wie die Energie oder Ladung ein. Jeder sich drehende Körper speichert Drehimpuls und gibt Drehimpuls ab, wenn sich die Drehung verlangsamt. Um den Drehimpuls eines Körpers zu ändern, muss ein Drehmoment auf den Körper wirken. Die international verwendete Einheit für den Drehimpuls ist Newtonmeter · Sekunde oder Joule · Sekunde (1 Nms = 1 kgm²/s). Veraltete Bezeichnungen für den Drehimpuls eines Objekts sind Drall, Schwung oder Impulsmoment. Der Drehimpuls hat die gleiche Dimension wie die Wirkung.
Die Angabe eines Drehimpulses bezieht sich immer auf einen Punkt. Bei frei rotierenden Körpern wird meist der Schwerpunkt genommen, bei sich um eine vorgegebene Achse drehenden Objekten wird meist, ohne dass dies ausdrücklich erwähnt wird, ein Punkt auf der Achse gewählt.
Wie der Stern-Gerlach-Versuch zuerst zeigte, ist der Drehimpuls eine quantisierte Größe. Sein Betrag kann nur ganz- oder halbzahlige Vielfache des Planckschen Wirkungsquantums annehmen. Dies berücksichtigt die Quantenmechanik mit dem Drehimpulsoperator und dem Spin.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Bei einer Kreisbewegung kann man sich den Drehimpuls als Pfeil vorstellen, dessen Richtung die Drehachse angibt und dessen Länge den Schwung der Drehung angibt: Je länger der Pfeil, desto mehr Drehimpuls. Der Drehimpuls wächst mit:
- höherer Geschwindigkeit,
- größerer Masse sowie
- größerem Abstand zur Drehachse.
Bei einer Kreisbewegung steht der Drehimpuls senkrecht auf der Ebene, in der sich die Masse bewegt, sofern sich der Bezugspunkt des Drehimpulses ebenfalls in dieser Ebene befindet. Seine Länge ist gleich dem Produkt aus Masse, Radius und Geschwindigkeit.
In mathematischer Beschreibung ist der Drehimpuls eines Massenpunktes das Kreuzprodukt seines Ortsvektors mit seinem Impuls
Der Drehimpulsvektor zeigt in die Richtung, die mit dem Ort und der Geschwindigkeit eine sogenannte Rechtsschraube bildet. Es gilt die Rechte-Hand-Regel: Wenn die gekrümmten Finger der rechten Hand die Richtung der Drehbewegung angeben, so zeigt der Daumen in Richtung des Drehimpulses. Dass die rechte und nicht die linke Hand für diese Regel verwendet werden muss, hängt mit der Definition des Kreuzprodukts zusammen.
Drehimpulserhaltung
Aus der Tatsache, dass die physikalischen Gesetze nicht von der Orientierung im Raum abhängen, folgt, dass der Drehimpuls eine Erhaltungsgröße ist (das besagt das Noether-Theorem). Anders ausgedrückt: Der Drehimpuls eines isolierten physikalischen Systems bleibt unverändert, egal welche Kräfte und Wechselwirkungen zwischen den Bestandteilen des Systems wirken. Dies gilt für den Drehimpuls bezüglich beliebiger Achsen und wird verkürzt mit dem Begriff Drehimpulserhaltung bezeichnet. Fast perfekt isolierte Systeme gibt es im Weltall. Das zweite keplersche Gesetz beschreibt die Drehimpulserhaltung geometrisch.
Im Sport, beispielsweise beim Eiskunstlauf, macht man sich die Drehimpulserhaltung zunutze: Da der Drehimpuls sowohl von der Rotationsgeschwindigkeit als auch vom Abstand der rotierenden Masse zur Rotationsachse abhängt, geht eine Abstandsänderung mit einer entsprechenden Änderung der Winkelgeschwindigkeit einher. So wird bei der Pirouette die Drehung schneller, wenn man die Arme an den Körper legt. Das Trägheitsmoment der Arme bezüglich der Drehachse wird dabei verringert. Da der Gesamtdrehimpuls aber erhalten bleibt, nimmt die Rotationsgeschwindigkeit zu. Dieser Sachverhalt wird auch als Pirouetteneffekt bezeichnet.
Das gleiche Prinzip nutzen Turner beim Salto. In der Luft werden Arme und Beine angezogen, um so aus dem beim Absprung erhaltenen Drehimpuls eine möglichst schnelle Drehung zu gewinnen. Eine Öffnung der Haltung vor dem Auftreffen auf den Boden verringert die Drehgeschwindigkeit und erlaubt eine stehende Landung.
Verschiebung, Drehung, Spiegelung
Betrag und Richtung des Drehimpuls hängen davon ab, welchen Punkt man als Bezugspunkt wählt. Bei Verschiebung des Bezugspunkts ändert sich der Vektor jedes Ortes in und der Drehimpuls in
Oft wählt man als Bezugspunkt den Schwerpunkt oder einen Punkt, der bei den betrachteten Drehungen ruht, also auf der Achse liegt.
Das Kreuzprodukt zweier Vektoren steht stets senkrecht auf der von beiden aufgespannten Ebene, eine Drehung des betrachteten Systems aber dreht sowohl die Ortsvektoren als auch die Bahngeschwindigkeiten um denselben Betrag, wodurch auch der Drehimpuls in gleicher Weise mitgedreht wird.
Bei einer Punktspiegelung am Bezugspunkt geht der Ort in den gegenüber liegenden Ort über. Auch das Vorzeichen der Geschwindigkeit in Bezug auf diesen Punkt kehrt sich um. Bei der Bildung des Kreuzprodukts kompensieren sich diese beiden Vorzeichenwechsel. Daher ändert sich der Drehimpuls nicht unter Punktspiegelung. Damit unterscheidet er sich vom Verhalten der Geschwindigkeit, oder des Ortsvektors. Er gehört damit zur Klasse der Pseudovektoren.
Ebene Bahn, Flächensatz
Behält der Drehimpuls eines Teilchens (beispielsweise die Erde, die die Sonne umläuft) jederzeit den anfänglichen Wert, dann verläuft die Bahn des Teilchens in einer Ebene und kann in Polarkoordinaten angegeben werden.
Denn das Kreuzprodukt steht senkrecht auf seinen Faktoren und zu allen Zeiten t gilt
Wenn nun der Drehimpuls zeitunabhängig ist, dann erfüllt jeder Bahnpunkt die Ebenengleichung
Es handelt sich also um eine Bewegung in der Ebene durch den Schwerpunkt des Systems senkrecht zum Drehimpuls.
Zudem gilt das zweite Keplersche Gesetz: Der Fahrstrahl zum Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen.
Denn in einer kurzen Zeit dt ändert sich der Fahrstrahl um und überstreicht dabei die Fläche des Dreiecks mit diesen beiden Seiten. Das Dreieck ist halb so groß wie das von beiden Vektoren aufgespannte Parallelogramm, dessen Größe durch das Kreuzprodukt gegeben ist. In der Zeit dt überstreicht der Fahrstrahl folglich die Fläche
Wenn der Drehimpuls sich nicht mit der Zeit ändert, ist folglich die Flächengeschwindigkeit konstant.
Der Flächensatz gilt auch in relativistischer Physik, wenn zudem die Energie E erhalten ist. Denn in relativistischer Physik ist
und
Für ebene Bahnen gibt es einen Zusammenhang zwischen Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit , der für den Runge-Lenz-Vektor relevant ist:
Zum Beweis zerlegt man die Geschwindigkeit in eine radiale und eine azimutale Komponente (siehe Polarkoordinaten/Geschwindigkeit), . Im Kreuzprodukt mit fällt die Radialgeschwindigkeit weg, und man erhält
Eulerscher Drehimpulssatz
Um den Impuls eines Körpers zu ändern, muss eine Kraft wirken, genauer gesagt ist die zeitliche Änderung des Impulses die Kraft,
Ganz analog formulierte 1754 Leonhard Euler den Eulersche Drehimpulssatz, nach dem die zeitliche Änderung des Drehimpulses gleich dem Drehmoment ist,
Um den Drehimpuls eines Körpers zu ändern, muss ein Drehmoment auftreten. Das Drehmoment ist das Kreuzprodukt von Ortsvektor (Hebelarm) und Kraft:
Das ergibt sich durch den Drehimpulssatz, wenn man den Drehimpuls nach der Zeit ableitet, d.h. die zeitliche Änderung des Drehimpulses untersucht:
Da die Geschwindigkeit und Impuls parallel sind, verschwindet ihr Kreuzprodukt bei .
Handelt es sich bei der Kraft um eine Zentralkraft so ist der Drehimpuls erhalten:
- folglich
Der Drehimpuls eines starren Körpers
Bei einem starren Körper bezieht man den Drehimpuls auf den Schwerpunkt des Körpers und nennt ihn Eigendrehimpuls oder kürzer, Drehimpuls.
Der Drehimpuls eines starren Körpers (zum Beispiel eines Spielzeugkreisels, eines Autorades oder der Erde) wird durch seine Drehgeschwindigkeit, genauer seine Winkelgeschwindigkeit , und den Trägheitstensor bestimmt. Das ist eine Matrix Θ, aus der man die Trägheitsmomente und die Hauptträgheitsachsen berechnen kann. Die Hauptträgheitsachsen sind die Richtungen, in denen der Drehimpuls und die Winkelgeschwindigkeit einander parallel sind.
Der Drehimpuls eines starren Körpers ist das Produkt seines Trägheitstensors mit seiner Winkelgeschwindigkeit
Der Trägheitstensor Θ hat für die Drehbewegung vergleichbare Bedeutung wie die Masse für die Translationsbewegung. Allerdings sind die Winkelgeschwindigkeit und der Drehimpuls im Allgemeinen nicht zueinander parallel.
Herleitung
Der Drehimpuls eines starren Körpers ist die Summe der Drehimpulse der Massepunkte, aus denen er besteht. Wir bezeichnen die einzelnen Massepunkte mit mit die Orte, an denen sie sich befinden, und mit ihre Geschwindigkeiten. Der Drehimpuls ist insgesamt
- .
Dabei ist über alle Massenpunkte zu summieren, aus denen der Körper besteht. Sein Schwerpunkt sei als Koordinatenursprung gewählt.
Wenn der Schwerpunkt ruht, so ist die Bewegung des starren Körpers eine Drehung um den Schwerpunkt. Die Geschwindigkeit der einzelnen Massepunkte ist dabei das Kreuzprodukt von Winkelgeschwindigkeit und Ortsvektor,
Eingesetzt erhalten wir
Das doppelte Kreuzprodukt werten wir mit der BAC-CAB-Formel aus,
Also ist der Drehimpuls linear in der Winkelgeschwindigkeit und lässt sich daher als Trägheitstensor Θ mal in der Form
schreiben. Dabei ist der Trägheitstensor die Matrix
Bei einer kontinuierlichen Massenverteilung steht statt der Summe über die Massepunkte ein Volumenintegral über die Massendichte , die je nach Matrixelement mit unterschiedlichen Produkten der Koordinaten gewichtet ist,
Siehe auch
- Selbststeuerung, Stabilisierung, Reaktionsrad, Trägheitsrad, Stabilisation (Raumfahrt)
- Drehimpulsoperator (allgemeiner Drehimpuls in der Quantenmechanik)
Weblinks
Wiktionary: Drehimpuls – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenKategorien:- Klassische Mechanik
- Physikalische Größenart
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