Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie

Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie

Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie (SMT) ist ein auf Sauerstoff-Gabe beruhendes Behandlungsverfahren, das der Alternativmedizin zugerechnet wird. Es wird von Heilpraktikern und (meist naturheilkundlich orientierten) Ärzten sowohl vorbeugend als auch zur Therapie von Krankheiten eingesetzt. Die Wirksamkeit der SMT ist umstritten.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund und Geschichte

Die SMT ist eine von mehreren verschiedenen Inhalationstherapien mit Sauerstoff. Sie wurde von dem Physiker und Erfinder Manfred von Ardenne ab 1970 an seinem privaten Forschungsinstitut in Dresden entwickelt – unter anderem in der Folge eines Selbstversuches und inspiriert von der Zusammenarbeit mit dem Nobelpreisträger Otto Warburg. Sie wird auch zur Ergänzung von Überwärmungstherapien (Therapeutische Hyperthermie) eingesetzt, wie sie zur angestrebten Leistungssteigerung und zur Förderung der Immunabwehr (insbesondere) bei Krebsleiden zur Anwendung gelangt.

Verfahren

Die SMT wird in mehr als 20 Varianten durchgeführt und besteht in der Regel aus drei Schritten (daher „Mehrschritttherapie“).

Dabei erhalten Patienten zunächst einen Vitamin-Mineralstoff-Cocktail (bestehend aus Vitamin B1, Vitamin C, Vitamin E und einem Magnesiumsalz (in der Regel Magnesium-Orotat, ein Salz der Orotsäure). Das ist der erste Schritt (etwa eine halbe Stunde vor der Beatmung, Vitamin E sollte früher gegeben werden), der die Sauerstoffaufnahme und den Stoffwechsel in den Zellen verbessern und auch vor den schädlichen Wirkungen des Sauerstoffs schützen soll. Im Anschluss daran inhalieren sie unterschiedlich lang sauerstoffangereicherte Luft (O2 aus Flaschen 100 % oder Konzentratoren etwa 90–95 %), in der gebräuchlichsten Form zwei Stunden lang ein Sauerstoff-Luft-Gemisch, das etwa 40 % Sauerstoff enthält. Danach (eventuell auch während der „Atemphase“) soll sich der Patient sportlich betätigen. Bei der gebräuchlichsten Form (optimal in Bezug auf langfristige Wirksamkeit) der SMT wird begleitend (während der zwei Stunden) geistiges Training durchgeführt, um die Gehirndurchblutung zu steigern. Sportliches Training soll nur in reduzierter Form (alle zwanzig Minuten zwei Minuten leichte Aktivität) durchgeführt werden. Diese Einschränkung bei der Bewegung ist notwendig, um eine Sauerstoffversorgung deutlich über dem Sauerstoffverbrauch zu gewährleisten.

Die gängigen Sauerstoffkonzentratoren liefern nur etwa vier bis fünf Liter konzentrierten Sauerstoff pro Minute. Zusammen mit der Raumluft ergibt das bei normaler Atmung (ohne Sport) einen Sauerstoffgehalt von etwa vierzig Prozent. Normale Luft enthält nur etwa 21 % Sauerstoff. Alle Varianten sehen eine mehrmalige Wiederholung dieser Schritte (einmal täglich an zehn bis 18 aufeinander folgenden Tagen, je nach Ruhe oder Bewegung bei der Inhalation und Sauerstoffmenge je Minute) vor. Die empfohlene Variante dauert rund zweieinhalb Wochen. Es ist möglich und üblich, kurze Unterbrechungen zu machen, zum Beispiel einen Tag am Wochenende ausfallen zu lassen.

Wirkungen

Die Befürworter der SMT gehen davon aus, dass sie zu einer lang anhaltenden Verbesserung des Sauerstoffgehalts im arteriellen Blut (gemessen als Sauerstoffpartialdruck, paO2) führt. Bei genauerer Betrachtung geht es um die Differenz zwischen dem arteriellen Sauerstoffpartialdruck und dem venösen (sie wird in der Regel größer). Dadurch sollen die Blutmikrozirkulation verbessert und Heilungsprozesse angeregt werden. Die Liste der Krankheiten, die durch eine SMT günstig beeinflusst werden sollen, umfasst je nach Urheber 20 bis über 60 verschiedene Diagnosen vom Altersschwindel bis hin zu verschiedenen Krebserkrankungen. Da auch das Immunsystem gestärkt werden soll, wird der SMT von ihren Anhängern auch eine Wirkung bei der Vorbeugung von Krankheiten zugeschrieben.

Kritiker der Therapie (u. a. im Jahr 2001: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, Berufsverband Deutscher Internisten, Deutsche Krebsgesellschaft) wenden ein, dass ein methodisch einwandfreier Wirksamkeitsnachweis bislang nicht erbracht werden konnte. Der Arbeitsausschuss Ärztliche Behandlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hat daraufhin 2001 „... keine belastbaren Nachweise für den Nutzen und medizinische Notwendigkeit einer Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung ...“ festgestellt.

Kritiker heben hervor, dass die pO2-Erhöhungen nur vorübergehend seien.

Nebenwirkungen

Sauerstoffinhalation kann bei unsachgemäßer Anwendung und Überdosierung u. a. zu Bewusstseinsstörungen, Koma, Atemstillstand und epileptischen Anfällen führen. Unzulässig ist die Behandlung bei bestimmten Lungenkrankheiten (Emphyseme, offene Tuberkulose). Ansonsten sind die Gefahren relativ gering.

Gesundheitsökonomie

Bei der SMT werden im Wesentlichen nur ein Sauerstoffkonzentrator, niedrigpreisige Vitamine (und ein Mengenelement, in der Regel Magnesium-Orotat), sowie eine gesundheitliche Untersuchung (und allenfalls Überwachung) gebraucht. Eine gesundheitsökonomische Analyse scheidet mangels Nachweis eines medizinischen Nutzens jedoch prinzipiell aus. Die Behandlung ist in Deutschland eine Privatleistung des Patienten, d.h. sie wird nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt und bezahlt.

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