- Scharfschützengewehr 22
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G22 (Gewehr) Allgemeine Information Militärische Bezeichnung: G22 Einsatzland: Deutschland Entwickler:/Hersteller: Accuracy International Herstellerland: Vereinigtes Königreich Produktionszeit: 1997 bis offen Modellversionen: modifiziertes AWM-F Waffenkategorie: Scharfschützengewehr Maße Gesamtlänge: 1.233 mm Gesamthöhe: 270 mm Gesamtbreite: 90 mm Gewicht:
(mit leerem Magazin):8,1 kg Gewicht:
(mit maximaler Ausrüstung):10,4 kg Lauflänge: 659 mm
Technische Daten Kaliber: Mögliche Magazinfüllungen: 5 Patronen Effektive Reichweite: 1100 m Mündungsgeschwindigkeit
Projektil (V0):890 +/-10 m/s Mündungsenergie (E0): 5148 Joule Anzahl Züge: 4 Drall: Rechtsdrall Visier: offenes Notvisier / Zielfernrohr, 3-12 x Vergrößerung Verschluss: Zylinderverschluss mit sechs Verrieglungswarzen Ladeprinzip: mehrschüssiges Repetiergewehr Liste der Handfeuerwaffen Das G22 ist ein Scharfschützengewehr der Bundeswehr. Es ist das erste Gewehr seit Gründung der Bundeswehr, das speziell für diesen Zweck beschafft wurde. Die Produktion und Lieferung erfolgt durch die britische Firma Accuracy International Ltd., die 1997 den Zuschlag erhielt.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr und durch Erfahrungen der NATO-Partner in Bezug auf die Wirkung der Scharfschützen entschloss sich die Bundeswehrführung für ein Umdenken in Bezug auf die Ausrüstung. Insbesondere die Friedensmission im ehemaligen Jugoslawien zeigte, dass ein Soldat, ausgerüstet mit dem Sturmgewehr G3A3 mit Zielfernrohr, gegen feindliche Scharfschützen, die zumeist ein SWD Dragunow einsetzten, stark unterlegen war. Auch der vermehrte Einsatz in bebautem Gelände forderte ein Umdenken, um die Verhältnismäßigkeit der Mittel zum Schutze der Zivilbevölkerung zu wahren. So belegen Studien der Streitkräfte der Vereinigten Staaten aus dem Vietnamkrieg, dass normale Soldaten unverhältnismäßig viel Munition verbrauchten, um einen Gegner außer Gefecht zu setzen.
Diese Anforderungen und der Sofortbedarf für die Truppe veranlassten die Bundeswehr zum Test verschiedener Scharfschützengewehre ohne Ausschreibung einer Neuentwicklung. Als Sieger dieser Ausschreibung, an der auch die deutschen Firmen Mauser sowie ERMA und Keppler teilnahmen, ging der englische Waffenhersteller Accuracy International Ltd mit seinem Gewehr AWM-F hervor. Durch den einsatzbedingten Sofortbedarf wurden insgesamt 58 Gewehre – davon 8 ohne „G“-Bezeichnung – vor der eigentlichen Einführung unter der Bezeichnung G23 an die SFOR-Truppen in Bosnien und an das KSK geliefert. Dabei handelte es sich um unveränderte Gewehre des Typs AWM-F (Arctic Warfare Magnum - Folding Stock), während das G22 eine leicht modifizierte Version des Gewehrs AWM-F ist.
Allgemein
Das G22 ist ein mehrschüssiges Repetiergewehr, bei dem der Scharfschütze nach jeder Schussabgabe manuell - durch eine Bewegung des Verschlusses über den Kammerstängel - eine Patrone aus dem Magazin in das Patronenlager zuführt. Im Gegensatz zu einem Selbstlader ist dabei die Präzision höher, weil bei der Abgabe des Schusses keine Bewegung des Verschlusses mit daraus resultierender Schwerpunktverschiebung stattfindet. Durch die Verwendung eines Schalldämpfers ist eine Teilverschleierung der Position des Schützen bei der Schussabgabe möglich, da der Mündungsknall der verwendeten Überschallmunition teilweise reduziert und das Mündungsfeuer gedämpft werden.
Konzipiert ist das Gewehr für Mannziele bis 800 Meter, bei taktischen Zielen wie Radaranlagen, Hubschraubern oder ungepanzerten Fahrzeugen steigt die Kampfentfernung auf 1000 Meter an. Gemäß den Einsatzgrundsätzen der Scharfschützen der Bundeswehr ist das G22 für den defensiven/reaktiven Einsatz („Anti-Sniper Rifle“) vorgesehen. Damit ist die langsamere Schussfolge im Gegensatz zu einer halbautomatischen Waffe in der Regel zu vernachlässigen. Ein offensiver Einsatz der Waffe ist jedoch möglich.
Ausgestattet und Teil der Modifizierungen der Bundeswehr ist das G22 mit einem Erdsporn im abklappbaren Hinterschaft mit Wangenauflage zur Schaffung einer stabilen Dreipunktauflage in der Beobachtungsphase und einen aufschraubbaren Mündungsaufsatz mit Notkorn, der den Schalldämpfer trägt. Der Mündungsaufsatz verfügt darüber hinaus über elf Bohrungen in zwei Reihen, die nach oben gerichtet sind. Durch ihre Anordnung reduzieren sie den Rückstoß und verhindern bei Schussabgabe ohne Schalldämpfer ein Aufwirbeln von Staub, das den Scharfschützen verraten könnte. Ebenfalls zur Ausstattung gehört ein Zweibein.
Die Erstschusstrefferwahrscheinlichkeit liegt bei über 80 % auf 1000 Meter. So wurde bei den Schusstests bei einem Ziel mit 30 cm Durchmesser auf 600 Meter mit zehn Schuss die Weichkernmunition mit einem Streukreis von 22 cm und die Vollmantel-Hartkernmunition mit 23 cm verschossen.
Verschluss
Das G22 verfügt über einen konventionellen Zylinderverschluss mit sechs Verrieglungswarzen, die in zwei Reihen zu je drei Warzen angeordnet sind. Gegen eindringendes Wasser oder Schmutz verfügt der Verschluss über Einfräsungen, der ein Festfrieren oder das Auftreten von Störungen verhindern soll. Im Gegensatz zu herkömmlichen Repetiergewehren ist der Kammerstängel nach hinten abgebogen, was den Repetiervorgang für den Schützen erleichtert und die Konturen der Waffe reduziert. Ist die Waffe entspannt, tritt das Schlagbolzenende am Ende des Verschlusses aus und ermöglicht dem Schützen in der Nacht eine tastfähige Kontrolle über den Ladezustand seiner Waffe. Ebenfalls befindet sich am hinteren Ende die Sicherung der Waffe. Sie trägt zwei farbliche Markierungen: weißer Punkt - Gesichert, roter Punkt - Entsichert.
Visiereinrichtung
Das G22 verfügt über zwei Visierarten. Ein optisches Visier der Hensoldt AG (aktuell 2006: Carl Zeiss Optronics Wetzlar GmbH) mit 3-12 facher Vergrößerung und eine offene Notvisierung.
Zielfernrohr
Montiert wird das Zielfernrohr (ZF) direkt auf dem Gehäuse, welches über eine integrierte Montage mit Anschlag verfügt. Mit 3-facher Vergrößerung beträgt das Sichtfeld 9,2 Meter, mit 12-facher Vergrößerung 3,2 Meter auf 100 Meter. Die Einstellung erfolgt wie bei handelsüblichen Zielfernrohren über einen Drehring im Okularbereich.
Das Strichbild wurde für den militärischen Gebrauch entwickelt. Es verfügt über ein sehr dünnes Fadenkreuz, um das Ziel so wenig wie möglich zu verdecken, über vier Vorhaltemarken (Mil-Dots) für bewegte Ziele, über einen Laserschutzfilter der Klasse L5, über eine Entfernungsschätzkurve wie beim G36 und eine Skala im rechten Quadranten zum Ablesen der Höhenverstellung des Zielfernrohres. Es ist komplett durch eine dimmbare Diode (batteriebetrieben) beleuchtet und ermöglicht so den Einsatz bei jeder Tageszeit. Zum Schutz der Linsen verfügt das ZF über zwei Staubschutzdeckel. Des Weiteren verfügt der okularseitige Deckel über einen Gelbfilter zur Kontrasterhöhung.
Mit dem aufsetzbaren Nachtsichtvorsatz (NSV 80 II) der Firma Hensoldt Systemtechnik (Carl Zeiss Gruppe) ist es voll nachtkampftauglich. Es wird durch eine Montageschiene (Picatinny-Schiene) wenige Zentimeter vor dem Zielfernrohr montiert. Die Anordnung der Befestigung ist dabei seitlich, schräg an der Waffe. Durch die Abbildung im Maßstab 1:1 ist keine Neujustierung des Zielfernrohrs nötig. Der Restlichtverstärker hat eine Einsatzdauer, mit Batterien im Dauerbetrieb, von ca. 90 Stunden, bei Verwendung von Akkus sinkt diese auf ca. 30 Stunden. Das NSV verfügt über einen Endlos-Drehschalter für EIN/AUS sowie über eine zusätzliche Entfernungsanpassung von 20 Meter bis unendlich.
Notvisier
Als weitere Modifikation forderte die Bundeswehr für die Waffe ein Notvisier für den Ausfall des Zielfernrohres. In Verbindung mit dem Mündungsaufsatz, der das Notkorn trägt, wird dem Schützen ermöglicht, Ziele noch bis 600 Meter Entfernung zu bekämpfen. Dazu verfügt die verstellbare Lochkimme über fünf Bohrungen für 200 Meter bis 600 Meter und eine Nachtkimme für 200 Meter.
Munition
Gegenüber Sturmgewehren wie dem G3 (7,62 mm × 51) verwendet das G22 leistungsstärkere Munition im Kaliber .300 Winchester Magnum (7,62 mm × 67). Entwickelt wurde diese von der Firma Metallwerk Elisenhütte Nassau (MEN). Es gibt zwei Geschossarten für die Bundeswehr: Ein Vollmantel-Weichkern- und ein Vollmantel-Hartkerngeschoss (AP, Armour Piercing). Beide Munitionsarten sind so abgestimmt, dass der Schütze beim Munitionswechsel die Waffe nicht nachjustieren muss. Daher liegt der Einschlagpunkt des Hartkerngeschosses auf 600 Meter 9 cm unter dem des Weichkerngeschosses. Aufgrund der schweren Ziele für ein Hartkerngeschoss ist die Treffpunktabweichung nebensächlich. Die AP-Munition durchschlägt auf 100 Meter eine 20-mm-Panzerstahlplatte mit einer Härte von 420 - 450 Brinellhärte (HBW). Auf 600 Meter sind es noch 15 mm bei einer Geschossgeschwindigkeit von 570 m/s.
Literatur
- Moderne Handwaffen der Bundeswehr, Rolf Abresch, Ralph Wilhelm, Report Verlag ISBN 3-932385-10-1
- Sören Sünkler: "Elite- und Spezialeinheiten Europas". Motorbuch Verlag 2008. ISBN 3-613-02853-0
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