Scheiner-Methode

Scheiner-Methode
Azimut- und Polhöheneinstellung bei einem Amateurteleskop

Die Scheiner-Methode ist ein Verfahren, mit dem eine parallaktische Fernrohrmontierung präzise auf den Himmelspol ausgerichtet werden kann. Der Vorgang dauert etwa 15-30 Minuten und wird auch "Scheinern" genannt.

Man lässt zunächst einen äquatornahen Stern im Südmeridian auf dem Faden eines Fadenkreuzokulars durch das Gesichtsfeld des Teleskops laufen. Anhand der Abweichungen wird die Südausrichtungen der Montierung korrigiert: Weicht der Stern vom Fadennetz nach oben ab, ist das Azimut der Polhöhenwiege nach rechts zu verdrehen.

Zur genauen Einstellung der Polhöhe (geografische Breite) wird ein Stern über dem Osthorizont angepeilt, die Abweichung beobachtet und die Polhöhe entsprechend korrigiert. Weicht der Stern nach Norden ab, so ist die Stundenachse der Montierung zu steil eingestellt (bei Südabweichung bzw. Weststern umgekehrt). Beide Schritte des Verfahrens werden solange wiederholt, bis der jeweilige Stern etwa 1 Minute genau auf dem Faden bleibt.

Mathematisch entwickelt wurde die Methode vom deutschen Astrophysiker Julius Scheiner (1858-1913). Der Grundgedanke dürfte auf Christoph Scheiner (1573-1650) zurückgehen, der erstmals äquatoriale Fernrohrmontierungen einsetzte.

Bei modernen, computergesteuerten Amateurteleskopen (mit sogenannter Goto-Montierung) übernimmt der in die Montierung eingebaute Computer diese Berechnung. Voraussetzung hierfür ist, dass Datum, Uhrzeit und geografischer Standort bekannt sind und die Montierung bereits genähert nach Norden ausgerichtet wurde (Alignment). Der Beobachter peilt nun lediglich wieder einen äquatornahen, hellen Stern im Südmeridian mit einem Fadenkreuzokular an. Anschließend berechnet der Computer die Idealposition des Sterns und bewegt diesen dann aus der Ursprungsposition heraus. Zum Abschluss verdreht der Benutzer Azimut und Polhöhe von Hand so lange, bis sich der Stern wieder an der Ursprungsposition im Fadenkreuz befindet. Die Zeitdauer bis zur Neupositionierung überbrückt die Steuerung durch ein beständiges Nachführen der Montierung.

Neuere Go-To-Steuerungen kennen auch die "Zweistern-Methode", bei der Sterne in zwei Himmelsrichtung in die Gesichtsfeldmitte gestellt werden und daraus die Drehmatrix der Montierungsachsen berechnet wird.

Die Scheiner-Methode oder ähnliche Verfahren sind die Voraussetzung für punktförmige Sternabbildungen in der Astrofotografie. Fehler in der Ausrichtung der Fernrohrmontierung äußern sich bei Langzeitbelichtungen als kleine Bildfelddrehung.

Literatur und Weblinks


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