Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit

Eine Scheinselbstständigkeit (auch: Scheinselbständigkeit) liegt vor, wenn eine erwerbstätige Person als selbstständiger Unternehmer auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten (Arbeitnehmer) zählt.


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Die diesbezüglichen in Deutschland geltenden gesetzlichen Regelungen wurden mehrfach überarbeitet. Nachdem 1999 zunächst anhand von einzelnen konkreten Umständen eine Einstufung vorgenommen wurde, ist nunmehr lediglich in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelt, dass es darauf ankommt, ob die Tätigkeit nach Weisungen eines Auftraggebers ausgeführt wird bzw. ob eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers erfolgt ist. Wichtige Kriterien sind daher nach wie vor die Arbeitszeitgestaltung und die Möglichkeit, die vereinbarte Leistung auch durch Dritte erbringen zu lassen.

Sozialversicherungsrechtlich gelten Scheinselbstständige als Arbeitnehmer, so dass für sie Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) zu entrichten sind. Hierbei kann der Arbeitgeber (mit Ausnahme der zurückliegenden drei Monate) rückwirkend für bis zu 30 Jahre (bei vorsätzlicher Hinterziehung) zur Zahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils verpflichtet werden. Der Arbeitnehmer haftet maximal drei Monate. Überwiegend wird deshalb auch ein Rückgriffsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer für weiter zurückliegende Zeiträume verneint, selbst wenn feststeht, dass beide vorsätzlich handelten. Vor der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (ehemals BfA) können die Beteiligten eine Klärung der Statusfrage erreichen. Das Anfrageverfahren ist jedoch nur möglich, wenn die Deutsche Rentenversicherung im Zeitpunkt der Antragstellung selbst noch kein Verfahren eingeleitet hat. Auch beim Statusverfahren wird auf die Gesamtsituation abgestellt.

Auch wenn ein Beschäftigter nicht scheinselbstständig ist, kann er gleichwohl rentenversicherungspflichtig sein (siehe unten).

Auch arbeitsrechtlich kann er als Arbeitnehmer eingestuft werden. Hier wird auf den allgemeinen Rechtsgedanken wie er in § 84 HGB Ausdruck gefunden hat, abgestellt, was im Ergebnis zumeist zu übereinstimmenden Ergebnissen führt. Das Bundesarbeitsgericht definiert einen Arbeitnehmer als jemanden, der weisungsgebunden fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leisten muss. Dies können beide Seiten durch eine sogenannte Statusklage beim Arbeitsgericht verbindlich feststellen lassen. Ein Interesse dürfte aber vor allem der Arbeitnehmer haben, da er hierdurch u.a. Kündigungsschutz, bezahlten Urlaub und bei Anwendbarkeit eines Tarifvertrages ggf. verbesserte Arbeitsbedingungen erreichen kann.

Vor allem aber erreicht er, dass der Arbeitgeber künftig die Hälfte der Beiträge zur Sozialversicherung tragen muss und für die Vergangenheit Pflichtversicherung in der Sozialversicherung rückwirkend entsteht. Die Beiträge hierfür muss der Arbeitgeber in voller Höhe allein aufbringen, also einschließlich des Arbeitnehmeranteils, § 28e, § 28g SGB IV. War der Arbeitnehmer freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, so werden ihm diese Beiträge erstattet.

Stellte der Scheinselbstständige Rechnungen mit Umsatzsteuer aus, so ergeben sich auch in diesem Bereich nachteilige Folgen, sowohl für den Auftraggeber/Arbeitgeber als auch für den Scheinselbstständigen, § 14c UStG: Beide verlieren das Recht zum Vorsteuerabzug, die ausgewiesene Umsatzsteuer ist dennoch an das Finanzamt abzuführen.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzesentwicklung

Bis zur Gesetzesnovelle des Sozialgesetzbuches wurde früher eine Scheinselbständigkeit nach § 7 Abs. 4 SGB IV vermutet, wenn mindestens drei der folgenden fünf Kriterien erfüllt waren:

  • im Wesentlichen und auf Dauer – rund fünf Sechstel des Umsatzes – wird für einen Auftraggeber gehandelt
  • der Unternehmer beschäftigt keine sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter
  • der Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch seine Arbeitnehmer verrichten
  • der Selbstständige lässt keine unternehmertypischen Merkmale erkennen
  • die Tätigkeit entspricht ihrem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die vorher für denselben Auftraggeber in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wurde[1].

Ab 2003 besagte § 7 Absatz 4 SGB IV lediglich, dass Personen, die Gründerzuschuss nach § 421 Abs. 1 SGB III beantragt haben, für die Dauer ihrer Förderung widerlegbar als Selbstständige beurteilt werden[2].

Mit Wirkung vom 1. Juli 2009 wurde Absatz 4 ersatzlos gestrichen[3].

Arbeitnehmerähnliche Selbstständige

Rentenversicherungspflichtige arbeitnehmerähnliche Selbstständige sind häufig arbeitsrechtlich als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen.

Für arbeitnehmerähnliche Selbstständige ist nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI die gesetzliche Rentenversicherung Pflicht. Hierzu gehören die Selbstständigen, die folgende Kriterien erfüllen:

a) im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen UND(!)

b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.

Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist allerdings unter verschiedenen Voraussetzungen auf Antrag möglich.[4]

Kontrollen und Strafbarkeit

Mit einer Scheinselbstständigkeit geht einher, dass sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerliche Pflichten nicht erfüllt werden. Dies stellt nach § 1 Abs. 2 SchwarzArbG Schwarzarbeit dar. Schwarzarbeitskontrollen führt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Hauptzollämter durch, die auf die Aufdeckung unrechtmäßiger Arbeitsverhältnisse angelegt sind, durch. Nach § 12 Nr. 2 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung als bedeutende Aufgabe der Hauptzollämter ausdrücklich zugewiesen.

Liegt Vorsatz beim Arbeitgeber vor, liegt in aller Regel auch ein Verstoß des § 266a Abs. 1 StGB vor, weil die Arbeitnehmeranteile "vorenthalten" wurden.

Literatur

  • Mathias Völker: Die Scheinselbstständigkeit im schweizerischen Arbeitsrecht. Dissertation, Universität Zürich 2005 (Volltext)
  • Horst Henrici: Der rechtliche Schutz für Scheinselbständige. Verlag Dr. H. H. Driesen GmbH, Taunusstein 2002. Zugl.: Bremen, Universität, Dissertation, 2001. ISBN 3-936328-02-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I S. 2), durch das auch Abs. 1 S. 2 eingefügt wurde. Abs. 4 ursprünglich eingefügt durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843)
  2. Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I. S. 4621)
  3. Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024)
  4. http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/arbeitsrecht/scheinselbstaendigkeit/index.html
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