Schenkungskreis

Schenkungskreis

Schenkkreise oder Herzkreise sind eine Form des Schneeball- oder Pyramidensystems. Neue Teilnehmer „schenken“ nach ihrem Eintritt in die Gruppe Mitgliedern, die bereits länger dabei sind, Geld, in der Hoffnung, später, nach einem Aufstieg in der Hierarchie, selbst „beschenkt“ zu werden.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnungen

Geläufig für Schenkkreise sind auch folgende Bezeichnungen: Jump, Herzkreis, Unternehmerkreis, Herzdamen, Herzfrauen, Herzspirale, Sternenkreis, Sonnenmännerkreis, Lotusblüten-Kreis, Power Circle, Ellipsen-Kreis, Ballkreis, Herzclub, Stern(en)taler, Tafelrunde, Arthus Tafelrunde, Ritter und Knappen, Sonnenwind, Sonnenkind, Cash Gifting oder Chart.

Aufbau und Ablauf

Meist gibt es vier Hierarchiestufen. Auf der ersten Stufe steht ein Mitspieler, der sich von acht Teilnehmern der vierten Stufe Geld „schenken“ lässt. Die Höhe der Schenkbeträge ist von Kreis zu Kreis unterschiedlich. Sie kann in der Summe bis zu 40.000 Euro betragen. Der Spieler der ersten Stufe scheidet aus. Die Spieler der ursprünglich zweiten Stufe stehen auf der nun ersten Stufe und lassen sich von den neu angeworbenen acht Teilnehmern auf der vierten Stufe wiederum Geld „schenken“. Um den Kreis am Laufen zu halten, müssen immer mehr Teilnehmer angeworben werden. Nach 10 Runden müssten 4.096 neue Teilnehmer vorhanden sein, damit alle bis dahin gegründeten Kreise neue Teilnehmer auf der vierten Stufe erhalten. Wollen diese 4.096 neuen Teilnehmer irgendwann einmal auf der ersten Stufe stehen, müssten danach schon weitere 32.768 neue Teilnehmer angeworben werden.

Die Summe von 40.000 Euro errechnet sich aus acht Einsätzen à 5.000,00 Euro. Hintergrund dieser summenmäßigen Begrenzung sind die Schenkungsfreibeträge[1].

Esoterischer Anstrich

Viele Kreise, besonders diejenigen, die auf Frauen abzielen, haben einen esoterischen Anstrich, häufig gibt es eine euphorische Stimmung. Interesse wird geweckt mit Begriffen wie „Gruppenenergie“, „Freundschaft“ oder „positive Erfahrungen“ und ein „Energiefeld der Fülle“. Mit Sätzen wie „Geld schenken heißt, loslassen zu lernen“ oder „Im Zeitalter der Liebe und Herzenswärme zeigen wir der Welt, dass für alle Menschen genug da ist“ werden die Teilnehmer zum „Schenken“ motiviert.

Kritik

Bei dem Pyramidensystem geht ein Großteil der Mitspieler leer aus.

„Einige wenige, die früh einsteigen, machen einen großen Reibach. Aber die große Masse, die später dazukommt, ist ihr Geld los.“

Verbraucherschutz NRW

Mathematische Kritik

Bei einer Verachtfachung der Mitglieder alle drei Runden steigt die Zahl der für jeden Schritt notwendigen neuen Mitglieder rechnerisch wie folgt an (siehe dazu den mathematischen Artikel Potenz):

  • 1
  • 8
  • 64
  • 512
  • 4096
  • 32.768
  • 262.144
  • 2.097.152
  • 16.777.216
  • 134.217.728 (mehr als die Bevölkerung Deutschlands)
  • 1.073.741.824 (mehr als die Bevölkerung Europas)
  • 8.589.934.592 (mehr als die Weltbevölkerung)

Bei einer solchen Progression wäre also bereits nach wenigen Runden die Weltbevölkerung überschritten. Es ist einleuchtend, dass ein solches System bereits nach wenigen Schritten zwangsläufig kollabiert. Seitens der Organisatoren wird von dieser Tatsache dadurch abgelenkt, dass bei ihren Rechnungen meist immer nur ein Kreis beobachtet wird und die durch Teilung entstandenen neuen Kreise ignoriert werden.

Juristische Situation

Die deutsche Rechtsprechung hat Teilnehmern an solchen Schneeballsystemen lange Zeit die Rückforderung der eingezahlten Beträge weitgehend verwehrt, obwohl Schneeballsysteme bereits 1997 vom Bundesgerichtshof als sittenwidrig und damit nichtig eingestuft worden sind. Der Ausschluss des Rückzahlungsanspruchs wurde auf die Bestimmung des § 817 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gestützt. Danach ist die Rückforderung trotz Sittenwidrigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes ausgeschlossen, wenn dem Zahlenden die Sittenwidrigkeit bekannt ist und er sich mit der Zahlung „wissentlich“ an einem sittenwidrigen Rechtsgeschäft beteiligt (sog. Kondiktionssperre). In zwei Grundsatzentscheidungen vom 10. November 2005 (Aktenzeichen: III ZR 72/05[2] und III ZR 73/05[3], vgl. auch Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes Nr. 159/2005) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass in Fällen von Schneeballsystemen eine Rückforderung stets möglich ist, da andernfalls dem Schutzzweck der Nichtigkeit von Schneeballsystemen widersprochen würde und die Initiatoren eines Schenkkreissystems zum Weitermachen animiert würden. An dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung vom 13. März 2008 (Aktenzeichen: III ZR 282/07) festgehalten.

Die Instanzgerichte haben sich dieser Rechtsprechung weitgehend angeschlossen. Das Landgericht Köln und das Amtsgericht Mülheim an der Ruhr sind zumindest dann, wenn ein erfahrener Spielteilnehmer seinen Einsatz zurückverlangt, anderer Meinung. Sie wenden in diesen Fällen § 817 Satz 2 BGB an, in der die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. Auch das Landgericht München I sieht keinen Rückzahlungsanspruch, wenn eine Person einem „Spieler“ Kredit gibt, um an einem Schenkkreis teilzunehmen, da diese sittenwidrig sind (Az. 10 O 25455/05). Eine solch differenzierende Sicht wird auch in der juristischen Literatur gefordert (vgl. Adrian Schmidt-Recla, Von Schneebällen und Drehkrankheiten. Vergleichende Überlegungen zur Restitutionssperre des § 817 S. 2 BGB, in: Juristenzeitung 2008, S. 60-67). Dem Bundesgerichtshof sei nur dann zu folgen, wenn der Geber das Spielsystem tatsächlich nicht durchschaut habe. Heftig kritisiert wurde der Bundesgerichtshof auch vom Amtsgericht Siegburg (vgl. AG Siegburg,, NJW-RR 2007, S. 1431 f.). Die differenzierende Betrachtungsweise hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. März 2008 aber zugunsten einer seiner Ansicht nach gebotenen „generalisierenden“ Betrachtungsweise ausdrücklich abgelehnt.

Ob ein Schenkkreis als „Spiel“ anzusehen ist oder nicht, ist derzeit in der Rechtsprechung heftig umstritten. Maßgeblich ist diese Frage für die Beurteilung der Problematik, ob Rechtsschutzversicherungen verpflichtet sind, die Kosten der Prozesse zu übernehmen. Nur dann, wenn ein „Spiel“ im Sinne des § 762 BGB angenommen wird, besteht keine Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung, sei es für die Kosten des „Schenkers“, sei es für die Kosten des „Beschenkten“. Der Text des § 762 BGB ist zu dieser Frage nicht eindeutig.

Rechtslage in Österreich

In Österreich sind Ketten- oder Pyramidenspiele gemäß § 168a des Strafgesetzbuches verboten und strafbar. Der Strafrahmen beträgt sechs Monate Haft und kann bei einer größeren Zahl an schwer Geschädigten auf drei Jahre ausgedehnt werden.

Rechtslage in der Schweiz

In der Schweiz ist die Rechtslage in Bezug auf Schenkkreise und Schneeballsysteme jeglicher Art klar geregelt und durch mehrere Bundesgerichtsentscheide untermauert, letztmals in BGE 132 IV 76 vom 26. März 2006.[2] So fallen Geschenkkreise unter das Lotteriegesetz und sind daher verboten.

Illegal und damit strafbar sind die Gründung, jede Art der Beteiligung an der Organisation von derartigen Veranstaltung sowie die Werbung für solche Veranstaltungen.[3]

Nicht strafbar hingegen ist es, an solchen Veranstaltungen passiv teilzunehmen, d.h. ohne sich auf irgendeine Weise an der Organisation zu beteiligen, sowie Geld in einen solchen Kreis einzuzahlen. Dass gemäss Bundesgerichtsentscheid BGE 132 IV 76 die Leistung eines Einsatzes als solche dem Einlegen in eine Lotterie gleichzustellen ist und daher gemäss Lotteriegesetz straffrei ist, sorgte zwar anfänglich für etwas Verwirrung.

Doch stellt das Bundesgericht in mehreren Entscheiden in Bezug auf den Tatbestand des Betrugs, im Sinne von Artikel 146 des Schweizerischen Strafgesetzbuches auch klar fest, dass in einem solchen Fall die einzahlende Person strafrechtlich nicht geschützt ist und somit kein Recht besteht, das einbezahlte Geld gerichtlich zurückzufordern. Diesbezüglich hat das Bundesgericht in mehreren Fällen folgendes festgehalten: „Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt.

Quellen

  1. [1]
  2. Bundesgerichtsentscheid BGE 132 IV 76, Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz
  3. Information der Schweizerischen Kriminalprävention und Fedpol in Bezug auf Schenkkreise
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Presselinks

Weblinks


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