Rechtsgeschäft

Rechtsgeschäft

Das Rechtsgeschäft ist ein Tatbestand, der aus mindestens einer Willenserklärung besteht, die entweder allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführt, weil sie gewollt ist.[1] Neben dem Element der Willenserklärung(en) kann ein Rechtsgeschäft also auch noch andere Tatbestandsmerkmale enthalten. So beinhaltet das Rechtsgeschäft der Übereignung einerseits eine Einigung (zwei übereinstimmende Willenserklärungen) andererseits die Übergabe (Übertragung des Besitzes = Realakt). Unter gewissen Umständen besteht das Rechtsgeschäft jedoch nur aus einer Willenserklärung.

Das Rechtsgeschäft ist nicht identisch mit der bloßen Rechtshandlung, bei der die Rechtsfolge unabhängig vom Willen desjenigen eintritt, der handelt – sie ergibt sich vielmehr allein aus der Rechtsordnung. Handlungen, die im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vorgenommen werden (Prozesshandlungen), sind ebenfalls keine Rechtsgeschäfte.

Wirksame Willenserklärungen können mündlich, schriftlich und durch bloßes Handeln (konkludent) z. B. Kopfnicken abgegeben werden, vorausgesetzt die Willenserklärer sind geschäftsfähig.

Inhaltsverzeichnis

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

Im deutschen Rechtskreis werden Rechtsgeschäfte in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte eingeteilt (Trennungsprinzip). Verpflichtungsgeschäfte schaffen die Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen (z. B. Kaufvertrag). Verfügungsgeschäfte beinhalten eine unmittelbare Einwirkung auf ein Recht, durch Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Änderung seines Inhalts (z. B. Übertragung des Eigentums der gekauften Sache). Ermöglichen sie eine einseitige Veränderung der Rechtslage, spricht man von Gestaltungsgeschäften.

Das Verhältnis von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zueinander kann, je nach Rechtsordnung, differieren. So gilt im deutschen Recht das Abstraktionsprinzip, im österreichischen und schweizerischen Recht das Kausalprinzip.

Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip (Deutsches Recht)

Bezüglich der Einteilung der Rechtsgeschäfte ist anzumerken, dass die Begriffe kausales Rechtsgeschäft und Verfügungsgeschäft bzw. abstraktes Rechtsgeschäft und Verpflichtungsgeschäft nicht deckungsgleich sind. Zwar sind die meisten Kausalgeschäfte Verpflichtungsgeschäfte, jedoch – wenngleich auch viele – nicht alle abstrakten Geschäfte auch Verfügungsgeschäfte.

Abstraktionsprinzip

Kausales Rechtsgeschäft

Das kausale Rechtsgeschäft gibt den Rechtsgrund für das abstrakte Rechtsgeschäft vor. Der vom kausalen Rechtsgeschäft getragene Rechtsgrund stellt den rechtlich anvisierten Erfolg des Geschäftes dar. Bei mehrseitigen Rechtsgeschäften ist eine Einigung über den Rechtsgrund erforderlich.

Abstraktes Rechtsgeschäft

Das abstrakte Rechtsgeschäft bezeichnet das Rechtsgeschäft, das losgelöst vom Rechtsgrund vorgenommen wird. In Deutschland wird im Zivilrecht die Lehre vom Abstraktionsprinzip vertreten: Das Verfügungsgeschäft kann daher wirksam sein, ohne dass ein Rechtsgrund (kausales Rechtsgeschäft) vorliegt. Jede Verfügung, z. B. die Übereignung oder die Abtretung, ist ein abstraktes Rechtsgeschäft. Aber auch Verpflichtungsgeschäfte, wie z. B. das Schuldanerkenntnis oder das Schuldversprechen, gehören zu den abstrakten Rechtsgeschäften.

Trennungsprinzip und Kausalprinzip (Österreichisches und schweizerisches Recht)

Kausalprinzip

Im österreichischen und schweizerischen Recht gilt ebenso wie im deutschen Recht das Prinzip der gedanklichen Trennung von Verpflichtungs- (Titel) und Verfügungsgeschäft (Modus), wenngleich es hier nicht expressis verbis als „Trennungsprinzip“ bezeichnet wird. Für das Verhältnis von Titel und Modus gilt das Prinzip der kausalen Tradition (Kausalprinzip). Das österreichische und schweizerische Recht also trennt zwar Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kaufvertrag) und Verfügungsgeschäft (z. B. Übergabe) ebenso strikt, erlaubt aber weder ein abstraktes Verpflichtungs- noch ein abstraktes Verfügungsgeschäft. Vielmehr müssen beide jeweils kausal sein.

Titel (Verpflichtungsgeschäft)

Das Verpflichtungsgeschäft muss in dem Sinne kausal sein, dass es einen Grund hat, der es wirtschaftlich macht. Bei einem Kaufvertrag ist das z. B. das Interesse der einen Seite eine Sache und der anderen Seite Geld zu erhalten.

Modus (Verfügungsgeschäft)

Weiters muss das Verfügungsgeschäft in dem Sinne kausal sein, dass es nur dann wirksam ist, wenn ein gültiges Verpflichtungsgeschäft, ein Titel, besteht (Prinzip der kausalen Tradition).

Es ergibt sich also folgendes Schema: Wirtschaftflicher Zweck → Kausalbindung → Verpflichtungsgeschäft → Kausalbindung → Verfügungsgeschäft

Ein- und mehrseitiges Rechtsgeschäft

Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte

Einseitiges Rechtsgeschäft

Beim einseitigen Rechtsgeschäft ist lediglich eine Willenserklärung nötig. Dabei ist ohne Bedeutung, an wie viele Personen das einseitige Rechtsgeschäft geknüpft wird. Sind zwei Personen zugleich Mieter einer Wohnung, können sie nur gemeinsam kündigen. Dieses einseitige Rechtsgeschäft wird auch Gesamtakt genannt (z. B. Testament).

Mehrseitiges Rechtsgeschäft

Beim mehrseitigen Rechtsgeschäft bestehen mehrere übereinstimmende, aufeinander bezogene Willenserklärungen, die durch mindestens zwei Personen erklärt wurden.

Sind diese Willenserklärungen wechselseitig, so liegt ein Vertrag vor.

Gleichlautende parallele Willenserklärungen mindestens zweier Personen werden Gesamtakte genannt (z. B. eine gemeinsame Kündigung eines Mietvertrags durch mehrere Mieter), gleichlautende, parallel abgegebene Willenserklärungen in einer Versammlung Beschlüsse (z. B. Mitgliederversammlung eines Vereins).

Personenrechtliches Rechtsgeschäft

Bei den personenrechtlichen Rechtsgeschäften handelt es sich um Rechtsgeschäfte, die konkret auf die Person oder deren Stand bezogen sind. Die personenrechtlichen Rechtsgeschäfte können in der Regel nur persönlich vorgenommen werden. Sie sind bedingungsfeindlich und bedürfen regelmäßig einer bestimmten Form (z. B. die Eheschließung gemäß § 1310 BGB).

Fehlerhaftes Rechtsgeschäft

Die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts können hinter den angestrebten Rechtsfolgen zurückbleiben, wenn es unter Mängeln leidet, die als rechtlich beachtlich angesehen werden (z. B. Geschäftsunfähigkeit). Nicht jedes fehlerhafte Rechtsgeschäft ist nichtig. Weitere Stufen sind die relative Unwirksamkeit, die schwebende Unwirksamkeit und die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Auflage, 2007, Überblick vor § 104, Rn. 2
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