Schiffsbohrwurm

Schiffsbohrwurm
Schiffsbohrwurm
Schiffsbohrwurm

Schiffsbohrwurm

Systematik
Überordnung: Heterodonta
Ordnung: Myoida
Überfamilie: Pholadoidea
Familie: Schiffsbohrwürmer (Teredinidae)
Gattung: Teredo
Art: Schiffsbohrwurm
Wissenschaftlicher Name
Teredo navalis
Linnaeus, 1758

Der Schiffsbohrwurm (Schiffsbohrmuschel, Teredo navalis, seltener auch Holzbohrwurm genannt) ist entgegen seinem Namen kein Wurm, sondern eine Muschel aus der Familie der Teredinidae. Sein Körper ist stark verlängert und wurmartig gestreckt. Er benutzt seine Schale nicht primär zum Schutz des Körpers, sondern zum Bohren in das Holz von Schiffswänden, Pfahlbauten, Treibgut usw. Innerhalb der Familie der Schiffsbohrwürmer gibt es ca. 60 Arten.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale und Vorkommen

Der Schiffsbohrwurm wird durchschnittlich etwa 20 cm lang, es wurden aber schon Exemplare mit über einem halben Meter Länge gefunden (im dänischen Isefjord, 1970). Zusätzlich zur nur etwa 1 cm langen zweiklappigen Schale der Muschel am Vorderende sondert der Mantel des länglichen Körpers des Schiffsbohrwurms eine Kalkröhre von etwa 1 cm Durchmesser ab, die dem Schiffsbohrwurm als Wohnröhre dient. Sie ist zum Wasser hin, nachdem er die Siphone zurückgezogen hat, über zwei kleine spatelförmige Kalkplatten (Paletten) verschließbar, so dass er auch eine mehrere Wochen dauernde Schiffsfahrt im Süßwasser überstehen kann.

Der Schiffsbohrwurm lebt weltweit im warmen bis gemäßigten Zonen. Kennzeichnend ist seine hohe Toleranz gegenüber Salzgehalt und Temperatur. So erträgt er Brackwasser bis zu einem Gehalt von ca. 9 % und Temperaturen bis zum Gefrierpunkt, so dass er in der Ostsee zeitweise bis zur Insel Rügen vordringen kann. So hat er entlang der deutschen Küste nach einer langen unauffälligen Periode seit 1993 mehrere Massenvorkommen erreicht.

Bei stärkerem Befall kann er erheblichen Schaden an Brücken, Hafen- und Steganlagen, Deichen und Holzschiffen anrichten, sofern diese am offenen Meer liegen. Der Befall des Holzes durch den Schiffsbohrwurm ist von außen kaum zu sehen, da die vergleichsweise kleine Öffnung zum Wasser verschlossen ist und die beiden kleinen Atem-Siphone den von außen einzig sichtbaren Hinweis geben. Der Schaden wird oft erst beim Abbrechen ersichtlich. Heute wird das Holz zum Schutz gegen den Schiffsbohrwurm imprägniert oder mit Deckschichten aus Metall oder Kunststoffen versehen.

Fortpflanzung und Lebensweise

Schiffsbohrwurm bohrt sich in ein Stück Holz
Schiffbohrwurm-Bohrgänge in Treibholz (Querschnitt)
Schadbild an einem Buhnenpfahl

Der Schiffsbohrwurm ist ein Zwitter, der mehrmals das Geschlecht wechseln kann. Er kann in einem Jahr 1 bis 5 Millionen Eier produzieren.

Bei der Befruchtung wird der Samen im Kiemenbereich eingestrudelt und dort werden die Eier befruchtet. Die ersten 14 Tage bleibt die Larve im Kiemenraum. Anschließend schwimmt sie 1 bis 3 Wochen frei im Wasser und setzt sich dann mithilfe eines Haftfadens an einem Stück Holz fest, wo sie zu bohren beginnt, indem sie gleichzeitig die Schalenklappen bewegt. Die kleinen, stark klaffenden Muschelschalen dienen ausschließlich diesem Zweck. Innerhalb von ca. 60 Tagen wächst die Larve zu einem erwachsenen geschlechtsreifen Tier heran und bohrt sich dabei immer weiter durch das Holz. Die wenige Millimeter große Öffnung zum Wasser wird durch zwei spezielle Kalkplättchen hermetisch abgeschlossen, aus der zwei kleine Atem-Siphone ragen. Die Bohrröhre wird mit einer Kalkschicht ausgekleidet und dient als Wohnhöhle, in dem der Schiffbohrwurm den Rest seines weiteren Lebens verbringt. Der Schiffsbohrwurm kann zwei bis drei Jahre alt werden[1].

Der Schiffsbohrwurm ernährt sich, indem er die Zellulosebestandteile des abgeraspelten Holzes mit den Enzymen Cellulase und Glucosidasen zu knapp 80 % in Zucker umwandelt. Die einseitige Ernährung mit Holz würde zu einem Mangel an Stickstoff und essentiellen Aminosäuren führen, den der Schiffsbohrwurm mithilfe symbiotischer Bakterien innerhalb seiner Kiemen umgeht. Diese Symbionten liefern auch die Enzyme, die mittels eines unbekannten Prozesses in den Verdauungstrakt transportiert werden.[2] Daneben filtert er durch sein Atemwasser Plankton als Nahrungsergänzung heraus.

Geschichte

Schädigungen durch Schiffbohrwürmer waren bereits der antiken Welt bekannt. Anfangs wurden die Schiffsrümpfe mit einer zusätzlichen Beplankung als eine Art Oberholz ausgerüstet. Die Ägypter hatten ihre Schiffe mit einem schützenden Anstrich versehen, die Chinesen bauten Doppelhüllenboote mit einer Zwischenlage aus Ziegenleder, die sich dem Zugriff der Bohrwürmer widersetzte. Die Römer versuchten im Unterwasserbereich ihrer Galeeren Metallbleche anzubauen, später entdeckten sie die giftige Wirkung metallhaltiger (Zinn, Kupfer) Anstriche. Dass die Bohrwürmer auch vor den Schiffen der Flotte von Christoph Kolumbus nicht halt machten, kann man aus seinen Logbüchern entnehmen, wo er schildert wie seine gesamte Schiffsflotte aus damals noch unbekannten Gründen mehr oder weniger unter den Füßen der Mannschaft auseinanderfiel. Auf seinen vier Reisen verlor Kolumbus insgesamt neun Schiffe. Als Gegenmaßnahme wurde damals erstmals schiffbautechnisch festgelegt, dass nur Schiffe die Route nach Amerika befahren durften, deren Schiffsrümpfe mit Metallplatten (meist aus Kupfer oder Blei) verstärkt worden waren. Das Scheitern der Spanischen Armada (1588) wird hauptsächlich auf die zerstörerische Wirkung von Schiffsbohrwürmern zurückgeführt.[3] 1731 hatte der Schiffsbohrwurm in Holland die hölzernen Deichtore zerfressen, worauf sie bei einer Sturmflut brachen. Von 1919 bis 1921 richtete er in der San-Francisco-Bay an hölzernen Kaianlagen Schäden im Wert von umgerechnet über 900 Millionen US-Dollar an[4].

Siehe auch

Quellen und Literatur

  1. Küstenbiologie
  2. Küstenbiologie
  3. Edinger, E.N. (2001): Fossilization Processes. Bioerosion. In: Briggs, D.E.G. & Crowther, P.R. (eds): Palaeobiology II, Blackwell Science Ltd., pp.: 273-277; Oxford.
  4. Kai Hoppe: Der Schiffsbohrwurm Teredo navalis

Weblinks


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