- Schlacht an der Beresina
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Schlacht an der Beresina Teil von: Napoléons Russlandfeldzug
Napoleons Rückzug aus Moskau, Gemälde von Adolf NorthernDatum 26.–28. November 1812 Ort Studjanka an der Beresina Ausgang Russischer Sieg Konfliktparteien Frankreich Russland Befehlshaber Napoléon Bonaparte Pawel Wassiljewitsch Tschitschagow, Admiral Truppenstärke 75.000 49.000 Verluste 30.000 unbekannt Napoléons Russlandfeldzug (1812/13) Mir – Mogiljow – Ostrowno – Kljastizy – Smolensk – Polozk – Walutino – Borodino – Tschirikowo – Tarutino – Malojaroslawez – Polozk – Tschaschniki – Wjasma – Smoljany – Krasny – Borissow – Beresina – Danzig – Kalisch
Die Schlacht an der Beresina nennt man die Kämpfe beim Rückzug der Grande Armée Napoleons vor den Truppen des Zaren Alexander I. über die Beresina (heute weißruss. Bjaresina) vom 26. bis 28. November 1812. Mit dieser Schlacht wurde der Russlandfeldzug 1812 beendet.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Nach den Schlachten von Smolensk und Borodino erreichte Napoleon I. am 14. September Moskau. Vergeblich wartete er darauf, dass der Zar um Frieden bat. Am 19. Oktober zog sich Napoléons auf eine Stärke von 100.000 Soldaten geschrumpfte Hauptarmee kurz vor dem Einbruch des Winters aus Moskau zurück. Angriffe russischer Truppen auf dem Rückzug, der einsetzende Winter, Krankheiten und schlechte Versorgung schwächten die französische Armee. Nachdem sie am 13. November 1812 Smolensk verlassen hatte, galt es, die Beresina zu erreichen, bevor sich die Armeen der russischen Generäle Wittgenstein und Pawel Wassiljewitsch Tschitschagow vor dem Fluss vereinigten und den Rückzugsweg blockierten.
Die Reste von Napoléons Hauptarmee befanden sich zwischen den beiden russischen Armeen. Die Armee Wittgensteins befand sich im Norden bei Witebsk. Tschitschagows Armee hatte am 16. November die Stadt Minsk besetzt, in der sich große Vorratslager der Franzosen befanden. Napoléons ursprünglicher Rückzugsplan wurde damit zunichte gemacht. Seine Hauptarmee hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt auf etwa 50.000 kampffähige Soldaten[1] verkleinert. Hinzu kamen eine große Zahl unbewaffneter Nachzügler und ein Tross mit Zivilisten und Verwundeten.
Die Schlacht
Am 20. November erreichte die Division Dombrowski Borissow, besetzte die dortige Brücke über die Beresina und wurde durch Garnisonstruppen aus Minsk und Borissow verstärkt. Damit hatte Dombrowski etwa 5.500 Mann. Tschitschagow befand sich mit seiner Armee auf dem Weg von Minsk nach Borissow. Am Morgen des 21. November griff die russische Division Lambert Borissow an. Beim Sturm auf die Stadt wurde der russische General Wjasemski tödlich verwundet. Nach verlustreichen Kämpfen musste sich Dombrowski am Tag darauf mit nur noch 1.500 Mann zurückziehen. Tschitschagow übertrug General Pahlen die Verfolgung.
Marschall Oudinot hatte von Napoléon den Befehl erhalten, den Brückenkopf in Borissow zu verstärken und traf auf die zurückgewichenen Reste der Division Dombrowski. Auch General Corbineau war wieder zu Oudinot gestoßen. Er war vorher dem 6. Korps der Bayern zugeteilt worden, das sich weiter nördlich auf dem Rückzug befand und bereits westlich der Beresina, kurz vor Wilna, stand. Die Kavalleriebrigade Corbineau bestand aus Polen und Franzosen. In der Nähe von Studjanka war sie am Westufer auf Kosaken gestoßen und hatte sie zurückgeworfen. Ein Bauer machte sie auf eine Furt aufmerksam und die Brigade durchquerte die Beresina am 21. November. Am 23. November gerieten die russischen Truppen unter General Pahlen in einen Hinterhalt und wurden von Oudinot geschlagen. 800 Russen wurden gefangen genommen, der Rest floh nach Borissow. Als der letzte Soldat die Brücke passiert hatte, wurde sie in Brand gesetzt. 500 Fuhrwerke fielen den Franzosen in die Hände. Tschitschagow erwartete nun den Angriff bei Borissow, ließ aber zur Sicherheit auch andere mögliche Übergangsstellen beobachten.
Napoléon hatte den Befehl gegeben alle überflüssigen Fuhrwerke zu verbrennen, um zusätzliche Zugpferde für seine Artillerie freizumachen. Um Tschitschagow zu täuschen begann man in Borissow mit Vorbereitungen für den Brückenbau. Auch bei Ukoloda täuschte man Brückenarbeiten vor. Der Wasserstand der Beresina war inzwischen aufgrund des Tauwetters gestiegen, die Furt bei Studjanka kaum noch passierbar. An beiden Ufern waren breite Sumpfstreifen, die die Fuhrwerke behinderten. Am 24. November setzte wieder starker Frost ein, die Sümpfe an den Ufern der Beresina gefroren. Einen Tag später traf Napoléon mit der Garde in Borissow ein. Inzwischen hatte man bei Studjanka, 3 Meilen nördlich von Borissow, ebenfalls mit Vorbereitungen für den Brückenbau begonnen. In Borissow blieb die Division Partouneaux als Nachhut des 9. Korps zurück. Die Division bestand aus Franzosen, tatsächlich waren es aber meist Holländer, die durch die Annexion Hollands 1810 zu Franzosen geworden waren. Der Rest der Truppen marschierte nach Studjanka. Dort, 3 Meilen nördlich von Borissow, ließ Napoléon durch General Eblé zwei Brücken schlagen, wozu das Material eingerissener Häuser diente. Unter schwierigsten Bedingungen leisteten die Pioniere (Sappeure) Übermenschliches. Viele von ihnen standen bei den Bauarbeiten bis zur Brust im eiskalten Wasser.
Einige starben an Unterkühlung oder Erschöpfung. Am Morgen des 26. November setzten die ersten Soldaten über den Fluss. Infanterie wurde auf Flössen übergesetzt, 50 Reiter durchquerten den Fluss, aufgesessen hinter ihnen jeweils ein Voltigeur. Französische Artillerie wurde am östlichen Ufer aufgefahren. Am westlichen Ufer befand sich nur noch die Nachhut des russischen Generals Tschaplitz, die nach kurzem Kampf vertrieben wurde. Tschaplitz sollte die Furt bei Studjanka beobachten, wurde aber in der Nacht zum 26. November abgezogen. Tschitschagow hatte eine Information von Kutusow erhalten, dass der mit seiner Armee nach Beresino[2] marschieren würde, weil er vermutete, dass Napoléon dort die Beresina überqueren würde. Den Angriff bei Studjanka hielt Tschitschagow für ein Ablenkungsmanöver und marschierte mit dem größten Teil seiner Armee in südlicher Richtung, während die französische Armee im Norden Brücken baute. Eine Division ließ er in Borissow zurück.
General Eblé, dem Kommandeur des Brückentrains, standen zwei Feldschmieden, zwei Wagen mit Kohlen und sechs Wagen mit Instrumenten und Eisenzeug zur Verfügung. Mit Pontonbrücken hätte man in weniger als zwei Stunden einen Übergang ermöglichen können, aber die Pontons hatte man am 20. November in Orsza verbrannt. Am 26. November war um 13:00 Uhr eine Brücke für Kavallerie und Infanterie hergestellt und das 2. Armeekorps von Oudinot überquerte den Fluss. Eine zweite Brücke für Geschütze und Wagen kam drei Stunden später zustande. Die Brücken hatten keine Geländer und wurden beim Übergang zum Teil unter die Wasseroberfläche gedrückt. Von den Russen wurde der Übergang zunächst nicht gestört. Dagegen wurde die zweite Brücke durch Brechen der Böcke mehrmals unbrauchbar; auch musste die Bretterdecke der ersten öfters erneuert werden. (siehe Lithographie der Brücken von Adams 1913)
Der Übergang erfolgte zügig, solange die Truppen geordnet marschierten. Napoleon selbst ging mit der Garde am 27. mittags über den Fluss. Der Abmarsch der Garde war ein Alarmzeichen für die Zurückgebliebenen. Solange Napoléon und die Garde bei ihnen waren, fühlten sie sich sicher, nun brach Panik aus. Jeder wollte so schnell wie möglich über die Brücken und viele bahnten sich rücksichtslos den Weg. Menschen wurden von Fuhrwerken überrollt und zerquetscht, andere von der in Panik geratenen Menge zertrampelt, darunter auch Frauen und Kinder. Hunderte wurden auf den Brücken ins Wasser gestoßen. Die Artilleriebrücke war um 16:00 Uhr zum dritten Mal gebrochen. Es entstand ein fürchterliches Gedränge durch nachfolgende Fuhrwerke, deren Führer von der Beschädigung der Brücke nichts gemerkt hatten. Menschen und Fuhrwerke stürzten von der Brücke in den Fluss. Tschitschagow hatte inzwischen seinen Fehler bemerkt und zog nach Norden.
Am 27. November versuchten russische Jäger über die Reste der Brücke in Borissow einzudringen, wurden aber zurückgeworfen. In der Nacht verließ die Division Partouneaux Borissow und marschierte in Richtung Studjanka. Dabei kam sie vom Weg ab und stieß auf Truppen der Armee Wittgensteins. Nach kurzem Kampf musste sie kapitulieren. Nur die Nachhut der Division, die aus einem Bataillon bestand, konnte entkommen. Zum 9. Korps von Marschall Victor gehörten, neben der Division Partouneaux, die Division Daendels, bestehend aus badischer und bergischer Infanterie, die Division Girard, bestehend aus polnischer Infanterie sowie Kavallerie aus Baden, Hessen-Darmstadt, Sachsen und dem Großherzogtum Berg unter den Generalen Fournier und Delaitre. Das Korps war erst im August in Russland mit 25.000 Mann einmarschiert, weniger als ein Drittel der Soldaten war davon noch vorhanden. Die Kavallerie aus Sachsen und dem Großherzogtum Berg war der Division Partouneaux zugeteilt und ging mit dieser verloren.
Am 28. November um 8:00 Uhr griff Tschitschagow mit 26.000 Mann das 14.000 Mann starke Korps der Marschälle Oudinot und Michel Ney auf dem westlichen Ufer, im Wald von Stachow, an. Oudinot wurde verwundet und Ney übernahm das Kommando. Sein Korps bestand kaum noch aus Franzosen, meist waren es Polen, darunter die polnische Weichsellegion, 1.300 Schweizer, die Reste von ehemals vier Regimentern, und einige Italiener. Sie deckten den Übergang über die Brücken während des ganzen Tages und schlugen die Angriffe der Russen zurück. Nachdem ihnen die Munition ausgegangen war, kämpften die Schweizer nur noch mit ihren Bajonetten. Beide Seiten erlitten erhebliche Verluste, 1.600 russische Soldaten gerieten in Gefangenschaft. Nach der Schlacht traten nur noch 300 Schweizer zum Appell an, ein Drittel davon verwundet.
Gegen 10:00 Uhr griff Wittgenstein mit seinen Truppen auf dem östlichen Ufer an. Er ließ die Brücken mit Kanonen und Haubitzen beschießen. Es brach erneut Chaos aus. Die Szenen vom Vortag wiederholten sich, diesmal unter Beschuss durch russische Artillerie. Marschall Victor behauptete sich zwar den ganzen Tag hindurch mit der Nachhut aus 4.500 Polen, Badenern, Hessen und Bergern gegen eine etwa fünfmal stärkere Macht, konnte jedoch die Beschießung der Brücken nicht verhindern. Gegen Mittag versuchten russische Truppen den linken Flügel Victors zu umgehen. General Fournier griff sie mit den Kavallerieregimentern aus Baden und Hessen an und verhinderte die Umgehung.
Am Abend ging Victor mit der Nachhut über den Fluss, nachdem ihm General Eblé durch die Pontoniere eine Art Laufgraben durch die an den Brücken aufgehäuften Leichname und zerbrochenen Wagen hatte machen lassen. Die Reste seiner polnischen Regimenter blieben noch bis zum Morgen auf dem östlichen Ufer. Hier lag noch eine große Anzahl Verwundeter, Kranker und Erschöpfter, die, als Eblé um 8:30 Uhr beim Nahen der Russen die Brücke anzünden ließ, in den Flammen oder in den Fluten umkamen. In ihrer Panik versuchten einige die brennende Brücke zu überqueren, andere stürzten sich in den Fluss und versuchten so das westliche Ufer zu erreichen.
Fazit
Von 70.000 Franzosen kamen kaum 40.000 an das jenseitige Ufer. Die restlichen Franzosen waren den Angriffen der Kosaken wehrlos ausgeliefert. Einige Frauen und Kinder, die noch am frühen Morgen auf der östlichen Seite waren, konnten noch gerettet werden. Viele Jahre später sah man noch die Trümmer von Waffen und sonstigem Gerät aller Art auf beiden Seiten der Beresina aus dem Schlamm hervorragen. Aus den Trümmern der Artilleriebrücke und ins Wasser gestürzter Fuhrwerke hatte sich eine Insel gebildet. Flussabwärts waren aus angeschwemmten Leichen und Schlamm drei kleine Hügel entstanden[3].
Mit Mühe konnte Marschall Ney in Vilnius 3.000 Mann streitfähiger Leute sammeln, um die weitere Flucht zu decken. Nur Fehler der russischen Heerführer verhinderten eine totale Katastrophe der Franzosen, namentlich der Mangel an Einheitlichkeit der Operationen Tschitschagows und Wittgensteins und die Zaghaftigkeit und Langsamkeit Kutusows. Diese Schlacht zählt zu den Niederlagen Napoleons, immerhin konnte er einen Teil seines Heeres aus fast auswegloser Situation retten. Mit dem Übergang gelang es aber Napoleon, zumindest gegen zahlenmäßig überlegene Gegner den Kern seines Heeres zu retten.
Literatur
- David G. Chandler: Dictionary of the Napoleonic Wars. Wordsworth, Ware 1999, ISBN 1-84022-203-4, S. 50–52 (Wordsworth Military Library).
- Siegfried Fiedler: Taktik und Strategie der Revolutionskriege. 1792–1848. Bechtermünz, Augsburg 2002, ISBN 3-8289-0521-8 (Heerwesen der Neuzeit).
- Todd Fisher, Gregory Fremont-Barnes: The Napoleonic Wars. The Rise and Fall of an Empire. Osprey, Oxford 2004, ISBN 1-8417-6831-6, S. 70–80 (Essential Histories. Special 4).
- Eckart Kleßmann (Hrsg.): Napoleons Russlandfeldzug in Augenzeugenberichten. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1972, ISBN 3-423-00822-9 (dtv 822).
- Nigel Nicolson: Napoleon in Russland. Benziger, Zürich u. a. 1987, ISBN 3-545-34060-0.
- Friedrich Steger: Der Feldzug von 1812. Verlag von Oehme & Müller, Braunschweig 1845.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ nach Minard
- ↑ In der Nähe von Borissow gab es zwei Orte mit diesem Namen, gemeint ist Beresino südlich von Borissow.
- ↑ Steger, Seite 292f.
Weblinks
Commons: Schlacht an der Beresina – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien54.31666666666728.35Koordinaten: 54° 19′ 0″ N, 28° 21′ 0″ OKategorien:- Schlacht der Koalitionskriege
- Russische Militärgeschichte
- Schlacht in der Schweizer Geschichte
- 1812
- Schweizerische Geschichte (19. Jahrhundert)
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