Schlaraffenland

Schlaraffenland
Die abgebildete Provinz Lurconia ist der Ungepflegtheit und dem fehlenden Benehmen gewidmet. (Johann Baptist Homann) Druck: Nürnberg 1716.

Das Schlaraffenland (von mhd. sluraff = Faulenzer; „Das Land der faulen Affen“) ist ein fiktiver Ort aus diversen Märchen, in dem alles im Überfluss vorhanden ist.

Inhaltsverzeichnis

Das Motiv

In den Flussbetten des Schlaraffenlands laufen Milch, Honig oder Wein statt Wasser (in Anspielung z. B. an Deuteronomium 6,3 (Dtn 6,3 LUT) und viele andere Stellen). Alle Tiere hüpfen und fliegen bereits vorgegart und mundfertig durch die Luft. Die Häuser bestehen aus Kuchen. Statt Steinen liegt Käse herum. Genießen ist die größte Tugend der Bewohner des Schlaraffenlands, harte Arbeit und Fleiß wird als Sünde betrachtet.

Dem Alter wird mit dem Jungbrunnen abgeholfen, etwa: Welcher ein altes Weib hat / der schick sie auch mit in das Bad / sie baden kaum drey Tage / so wird ein junges Dirnige darauß / vngefehr bey achtzehen Jahren.[1]

Schlaraffenland wird deshalb heute meist übertragen verwendet, um auf ein Paradies des Nichtstuns und müßig essenden Herumliegens hinzuweisen. Die Idee tauchte erstmals 1494 als Parodie auf das Paradies in einem Werk Sebastian Brants auf, später wurde das Motiv in einem Gedicht von Hans Sachs aufgegriffen. Aber bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. gab es ähnliche Ideen bei den griechischen Dichtern Telekleides und Pherekrates (Gebratene Krammetsvögel mit kleinen Kuchen flogen Einem in den Schlund hinein).

Ein Märchen der Brüder Grimm ist betitelt als Das Märchen vom Schlauraffenland und konzentriert sich weniger auf die kulinarischen Aspekte als allgemein auf die Thematik satirischen Rollentausches. Auch Ludwig Bechstein griff das Thema in einem Märchen gleichen Titels auf. Erich Kästner lässt die Protagonisten seines Kinderbuches Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee durchs Schlaraffenland reisen.

Historisches

Die heute bekannte Bezeichnung Schlaraffenland wurde im 16. Jahrhundert Schlarraffenland geschrieben. Hans Sachs verwendet die Schreibweisen Schlaweraffen Landt und Schlauraffenlandt

Sebastian Brant verfasste das Buch Schlaraffenland 1494 und persiflierte damit nicht nur überlieferte Paradiesvorstellungen, sondern auch die damals durch Adel und Klerus geprägte feudale Klassensituation.

Accurata Utopiae Tabula

Accurata Utopiae Tabula

Die Karte war dem Atlas novus terrarum beigebunden, eine spätere Ausführung druckte Matthäus Seutter. Kartograf: Johann Baptist Homann (1694). Der vollständige Titel lautet:

Accurata Utopiae Tabula. Das ist Der Neu entdeckten SCHALCK WELT, oder des so oft benannten und doch nie erkannten SCHLARRAFFENLANDES. Neu erfundene lächerliche Land tabell. Worin alle und jede Laster im besonderen Königreich, Provinzen und Herrschaften ab getheilet – Beyneben auch die nebst angrentzenden Länder Der FROMMEN der zeitlichen AUF und UNTERGANGS auch wegen VERDERBNIS Regionen samt eine Erklärung anmutig und nützlich vorgestellt werden durch Author anonymus.

Erklärung der Wunder-seltzamen Land-Charten UTOPIÆ

Johann Andreas Schneblins Erklärung der Wunder-seltzamen Land-Charten UTOPIÆ erschien 1694. Auch hier der komplette Titel:

Johann Andreas Schneblins Erklärung der Wunder-seltzamen Land-Charten UTOPIÆ / so da ist / das neu-entdeckte Schlarraffenland /Worinnen All und jede Laster der schalkhafftigen Welt / als besondere Königreiche / Herrschafften und Gebiete / mit vielen läppischen Städten / Vestungen / Flecken und Dörffern / Flüssen / Bergen / Seen / Insuln / Meer und Meer-Busen wie nicht weniger Dieser Nationen Sitten / Regiment / Gewerbe / sampt vielen leswürdigen / närrischen Seltenheiten / und merckwürdigen Einfällen aufs deutlichste beschrieben; Allen thorrechten Laster-Freunden zum Spott / denen Tugendliebenden zur Warnung / und denen melancholischen Gemüthern zu einer ehrlichen Ergetzung vorgestellet. Gedruckt zu Arbeitshausen / in der Graffschafft Fleiß im Jahr / da Schlarraffenland entdeckt war.

Sonstiges

Literatur

  • Johann Baptista Homann: Karte des Schlaraffenlandes (Schlarraffenland) 1694 – Neu-entdeckte Schalk-Welt, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1694/1999, ISBN 978-3-932554-60-5
  • Johann A. Schnebelin: Johann Andreas Schnebelins Erklärung der Wunder-seltzamen Land-Charten UTOPIÆ, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1694/2004, ISBN 978-3-936030-38-9

Weblinks

 Wikisource: Schlaraffenland – Quellen und Volltexte
 Commons: Cockaigne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zitiert aus Von dem allerbesten Land so auff Erden ligt auf Wikisource – Erschienen 1671

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  • Schlaraffenland — Schla|raf|fen|land [ʃla rafn̩lant], das; [e]s: märchenhaftes Land, in dem es nichts als Wohlleben und Müßiggang gibt: man lebt dort wie im Schlaraffenland. Syn.: Garten Eden; Land, wo Milch und Honig fließt; ↑ Paradies. * * * Schla|rạf|fen|land… …   Universal-Lexikon

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  • Schlaraffenland(-leben) — Wie im Schlaraffenland sein (leben): als Müßiggänger im größten Überfluß leben, ein Schlemmerleben führen; vgl. französisch ›vivre comme au pays de Cocagne‹.{{ppd}}    Die Redensart bezieht sich auf das in Europa allgemein bekannte Märchen vom… …   Das Wörterbuch der Idiome

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