Schnellfeuergeschütz

Schnellfeuergeschütz

Als Schnellfeuergeschütz wurden um 1900 Geschütze bezeichnet, die mehrere Schuss pro Minute abgeben konnten.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts kompensierten die Geschütze den beim Abschuss entstehenden Rückstoß, indem sie mit der Lafette zurückrollten, bzw. im Falle von leichten Geschützen zurücksprangen. Das Geschütz musste nach dem Schuss ausgewischt, mit Geschoss und Treibladung neu geladen, der Verschluss geschlossen und das Geschütz auf das Ziel neu ausgerichtet werden. Man sprach deshalb von Lafettenrücklaufgeschützen. Alle Versuche, den Rücklauf zu begrenzen, brachten unbefriedigende Ergebnisse.

Anfang der 1890er Jahre stellte ein Ingenieur der Magdeburger Grusonwerke eine Vorrichtung vor, die das Geschützrohr unabhängig von der Lafette zurücklaufen ließ. Das Rohr lief in einer Führung zurück, wobei ein kombiniertes System von Hydraulikzylinder und Feder den Rückstoß zunächst nur reduzierte (kurzer Rohrrücklauf) und später ganz auffing (langer Rohrrücklauf). Andere Systeme arbeiteten mit Luftdruckvorholern.

Die französische 75-mm-Feldkanone Modell 1897 war das erste Schnellfeuergeschütz, das bei Landstreitkräften eingeführt wurde.

Die Firma Rheinmetall entwickelte nach diesem Patent das erste Rohrrücklaufgeschütz. Dieses wurde von der preußischen Artillerieprüfungskommission abgelehnt. Das Deutsche Reich führte seine neue Feldkanone 1895 als starres Geschütz ein. Zwei Jahre später (1897), führte Frankreich die von einigen Artillerieoffizieren konstruierte 75mm-Feldkanone ein. Da die Lafette beim Schuss völlig ruhig stand, konnten nun, ohne das Geschütz neu richten zu müssen, bis zu 15 Schuss pro Minute abgefeuert werden: Das Schnellfeuergeschütz war geboren, da die anderen oben erwähnten Gründe für die langsame Feuerrate ebenfalls beseitigt wurden:

  • Patronenmunition: Geschoss und Treibladung waren gemeinsam in einem geschlossenen Messingbehälter untergebracht. Glimmende Reste im Rohr waren jetzt ungefährlich, und der Ladeprozess wurde beschleunigt.
  • Schnellfeuerverschlüsse ermöglichten das Auswerfen der leeren Patrone, das Schließen und Verriegeln des Verschlusses mit einem Handgriff.
  • Ein Sporn am Ende der Lafette sorgte in Verbindung mit dem Rücklauf für einen festen Stand.
  • Die Einführung des Kordits (ein rauchschwaches Pulver) und brisanter Sprengstoffe beseitigten den bis dahin alles beherrschenden Pulverdampf.
  • Durch den festen Stand der Geschütze konnten jetzt auch Schutzschilde angebracht werden.

Alle Militärmächte führten innerhalb weniger Jahre Rohrrücklaufgeschütze ein. Das Deutsche Reich musste seine fast neuen Feldkanonen sämtlich umbauen und mit neuen Lafetten ausstatten. Das Schnellfeuergeschütz wurde zur beherrschenden Waffe des Ersten Weltkrieges.

Britisches QF-4,7-Zoll-Schiffsgeschütz, eines der ersten Schnellfeuergeschütze überhaupt

Die Entwicklung der Schnellfeuergeschütze revolutionierte auch die Bewaffnung der Kriegsschiffe um 1900. Bei einem Schiff war die Feuergeschwindigkeit genauso wichtig wie die Zahl der Geschütze, die durch die Größe der Schiffe begrenzt war. Näherten sich Schiffe aneinander, war es wichtig, beim Erreichen der Mindestreichweite einen möglichst großen Geschosshagel zu erzeugen.

Zunächst wurde die Mittelartillerie der Schiffe (bis 17 cm Kaliber) durch Schnellfeuergeschütze ersetzt. Mit dem Auftreten der Dreadnoughts zu Beginn des 20. Jahrhundert wurden auch die schweren Geschütze nach dem Schnellfeuerprinzip ausgeführt.

Speziell in der deutschen Marine wurden diese Schnellfeuergeschütze - die auf Kriegsschiffen ausschließlich Kanonen waren - jedoch ausdrücklich als Schnelladekanonen (Abkürzung: SK) bezeichnet.


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