Schusswaffengebrauch

Schusswaffengebrauch
Warnhinweis auf dem Parkplatz des Bundesministeriums der Verteidigung auf dem Zweitdienstsitz im Berliner Bendlerblock

Der Schusswaffengebrauch ist die Schussabgabe aus einer Schusswaffe durch einen Schützen.

Inhaltsverzeichnis

Bedienung

Praktisch dient der Schusswaffengebrauch dem Treffer nach Zielerfassung und ggfs. nach einem Schießbefehl. Hierbei können auch mehrere Schüsse gleichzeitig abgegeben werden, z.B. Doubletten (zwei Schussabgaben in kurzer Abfolge). Bei der Bekämpfung von Zielen muss das Ziel nach einer Schussabgabe noch kurzzeitig anvisiert bleiben, um den Erfolg zu kontrollieren. Je nach Waffe und Situation ist auch ein Feuerstoß möglich. Schusswaffen können aus einer bestimmten Lage heraus bedient werden – die Anschlagsart. Beim Anvisieren eines Zieles ist ein Vorhalt und ggfs. (im Falle eines beweglichen Zieles) ein Nachführen zu berücksichtigen.

Rechtlich kann der Schusswaffengebrauch der Notwehr, der Nothilfe oder dem Vollzug einer hoheitlichen Maßnahme dienen. Er muss verhältnismäßig und rechtmäßig sein.

Hoheitlicher Schusswaffengebrauch

Der hoheitliche Schusswaffengebrauch wird durch das Waffengesetz (WaffG) und die Allgemeine Waffengesetzverordnung (AWaffV) geregelt. In Deutschland sind verschiedene Amtsträger befugt, Schusswaffen hoheitlich zu gebrauchen („dienstlicher Schusswaffengebrauch“): Förster, Justizvollzugsbeamte, Justizwachtmeister, Polizeivollzugsbeamte sowie Soldaten der Bundeswehr im Wachdienst, im Verteidigungsfall oder im Einsatz gemäß der geltenden RoEs.

Der Schusswaffengebrauch stellt – außer bei der Jagd und dem Schießsport – eine Form des unmittelbaren Zwanges (UZ) dar. Er soll immer das letzte Mittel zur Durchsetzung einer Maßnahme sein, dies gilt auch für die Art des Körpertreffers, z. B. Schüsse auf Beine zur Vereitelung der Flucht. In Extremfällen dient die Schussabgabe der Tötung. Dies kann beispielsweise erforderlich sein, wenn eine unmittelbar bevorstehende Gefahr gegen Leib oder Leben mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht.

Schusswaffengebrauch bei der United States Army (Beretta 92)

Der Gebrauch der Schusswaffe kann je nach Gesetz und Situation polizeirechtlicher Natur (Gefahrenabwehr) oder auch repressiver Natur (Strafverfolgung) sein. In den meisten Polizeigesetzen der Länder ist ein Schusswaffengebrauch zulässig, wenn die Person eines Verbrechens verdächtig ist. Bei manchen Schützen ist eine Hemmschwelle zu überwinden; dabei wird die ethische Problematik der Verletzung oder möglichen Tötung eines Menschen bedacht.

Schusswaffengebräuche sind, außer bei gegenwärtigen Gefahren, anzudrohen. Die Androhung ergeht in der Regel mündlich oder durch die Abgabe eines Warnschusses, soweit dies zeitlich möglich ist.

Polizei

Hauptartikel: Waffengebrauch der Polizei in Deutschland

Polizeivollzugsbeamte tragen in vielen Ländern der Welt Feuerwaffen bei sich, um Maßnahmen durchzusetzen oder um Nothilfe oder Notwehr zu leisten. Dies dient ferner auch der Eigensicherung.

Einige der bundeslandspezifischen Polizeigesetze erlauben daneben auch die Schussabgabe zur Gefahrenabwehr, die Anwendung ist jedoch äußerst selten.

Justiz

In Deutschland dient der Schusswaffengebrauch vor allem dem Verhindern des Entweichens von Gefangenen, der Verhinderung von Meutereien und der gegenwärtigen Abwehr von Gefahr für Leib und Leben (Notwehr). Es kommen folgende Rechtsnormen in Betracht: § 99, § 100 Abs. 1 und 2 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) und § 178 Abs. 3 StVollzG sowie § 8 Abs. 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FreihEntzG). Im Strafvollzugsrecht gilt die Besonderheit, dass die Justizvollzugsbeamten zwar Bedienstete eines Bundeslandes (Justizverwaltung) sind, jedoch beim Schusswaffengebrauch ein Bundesgesetz (das Strafvollzugsgesetz) anwenden. Beim Vollzug von Jugendarrest, Strafarrest, bei Ordnungs-, Sicherungs,- Zwangs- und Erzwingungshaft ist der Schusswaffengebrauch jedoch zur Vereitlung einer Flucht oder zur Wiederergreifung ausdrücklich ausgeschlossen, § 178 Abs. 3 StVollzG. Dies gilt auch für Gefangene aus dem offenen Vollzug gem. § 100 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 StVollzG.

Bundesbehörden

Für Bundesbedienstete gilt das Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes - UZwG).

In der deutschen Bundeswehr gilt im Friedensfall speziell das UZwGBw.[1] Im Verteidigungsfall gelten die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung sowie die korrekte Anwendung einschlägiger Dienstvorschriften und das Befolgen von Befehlen bzw. Anordnungen.

Ziviler Schusswaffengebrauch

Jagd und Schießsport

Der zählenmäßig häufigste Schusswaffengebrauch im zivilen Bereich ist durch Training, sportliche Wettkämpfe und Jagd ausgeübt von Sportschützen und Jägern zu finden. Dies ist in diversen Gesetzen unter anderem durch das Waffengesetz, das Bundesjagdgesetz und in weiteren Regelwerken wie z.B. der freigegebenen Sportordnung des Deutschen Schützenbundes oder BDMP geregelt.

Sonderregelungen

Außer im hoheitlichen Bereich, dürfen unter sehr eng geregelten Voraussetzungen auch Zivilpersonen Schusswaffen in öffentlichen Bereichen führen (schussbereit mit sich tragen).

  • Dies betrifft insbesondere Mitarbeiter im Werttransportgewerbe oder etwa des Personenschutzes.
  • Darüber hinaus können "gefährdete Personen" oder "Personen des öffentlichen Lebens", die den Behörden gegenüber eine besondere Gefährdung nachweisen können, der durch das Führen einer Schußwaffe begegnet werden kann, einen entsprechenden Waffenschein beantragen. Dieser Waffenschein kann jedoch an Bedingungen, z.B. Orte und Zeiten, an denen das Führen der Waffe statthaft ist, gebunden sein.
  • Durch das Jagdrecht sind bestätigte Jagdaufseher "Hilfspersonen der Staatsanwaltschaft". Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass (nur) der bestätigte Jagdaufseher einen Dienstausweis der "Unteren Jagdbehörde" (UJB) erhält. Ist der bestätigte Jagdaufseher darüber hinaus auch noch forstlich ausgebildet oder Berufsjäger, hat er innerhalb seines Dienstbezirkes die Rechte und Pflichten eines Polizeibeamten und ist Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft, § 25 Abs. 2 Satz 1 BJagdG. Als solcher ist er nach dem Legalitätsprinzip aus § 152 Abs. 2 StPO verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern für eine Straftat zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

Auch für diesen Personenkreis gilt: Rechtlich kann der Schusswaffengebrauch der Notwehr, der Nothilfe oder dem Vollzug einer hoheitlichen Maßnahme dienen. Er muss verhältnismäßig und rechtmäßig sein.

Probleme

Beim Schießen auf Lebewesen kann der Schusswaffengebrauch ein ethisches Problem darstellen, zudem bedarf es eines Rechtfertigungsgrundes, um nicht wegen eines Tötungsdeliktes (beim Gebrauch gegen Personen) oder nach dem Tierschutzgesetz (beim Gebrauch gegen Tiere) verdächtigt zu werden.

Der Einsatz der Schusswaffe gegen Personen kann zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen[2].

Im Außenverhältnis ist bei Schusswaffengebräuchen die Rolle von Unbeteiligten problematisch, z. B. Querschläger in Räumen oder bewegliche Ziele, die unabsichtlich in das Schussfeld laufen.

Die ungewollte (versehentliche) Schussabgabe gründet in einer falschen Handhabung der Waffe (z.B. eine Hand führt eine andere Tätigkeit aus als die waffenführende Hand, so dass gleichzeitig mit der anderen Hand der Abzug/Hahn betätigt wird) und einer falschen Übergabe der Waffen an andere (Ladezustand wird nicht oder falsch angegeben). Schützen mit Amtsträgereigenschaft, die einen ungewollten Schuss abgeben, müssen sich zumindest disziplinär verantworten.

Siehe auch

 Commons: Use of weapons – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Henning Hoffmann: Die Flinte – Waffe, Werkzeug, Sportgerät, DWJ Verlag, 2005, ISBN 3-936632-51-0
  • Dietlind Neuwirth: Polizeilicher Schusswaffengebrauch, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, 2006, broschiert, 176 Seiten, ISBN 3-8011-0531-8 [1]
  • Henning Hoffmann: Feuerkampf & Taktik – Taktischer Schusswaffengebrauch im 21. Jahrhundert, dwj Verlags-GmbH, 2008, ISBN 978-3-936632-57-6

Einzelnachweise

  1. Matthias Bellmann/Uwe Schrader, Handbuch für Übung und Einsatz ISBN 978-3-8029-6498-5
  2. Bericht: Posttraumatische Belastungsstörung Polizei
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