Schuhmacher

Schuhmacher
Zunftwappen der Schuhmacher
Moderne Darstellung eines mittelalterlichen Schuhmachers, Archeon

Der Schuhmacher (offizielle Bezeichnung; von althochdeutsch „skuohbuozo“; nhd. »Schuhbosser« = Schuhmacher) ist ein Handwerker, der Schuhe in Handarbeit herstellt und repariert. In Deutschland ist Schuhmacher ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Synonym für Schuhmacher wird (oft abwertend) die Bezeichnung Schuster verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Schuhmacher-Werkstatt um 1568: Herstellung, Reparatur und Verkauf von Schuhen

Wortherkunft und Bezeichnung des Handwerkers

Schuhmacher und Schuster sind zwei gängige Bezeichnungen für ein und denselben Handwerker. Schuhmacher ist die offizielle Berufsbezeichnung. Die Bezeichnung Schuster kommt von althochdeutsch sutari, das wiederum aus dem Lateinischen sutor = „Näher“ stammt; im Mittelalter war für den Schuhmacher auch die sich daraus ableitende Bezeichnung Sauter gebräuchlich.[1] Erst im 5. vorchristlichen Jahrhundert trennte sich der Beruf des Gerbers von dem des Schusters. Im Altgriechischen spricht man vom Lederarbeiter oder Lederschneider, wenn man den Schuhmacher meint; im Lateinischen nennt man ihn Ledernäher (sutor). Das hing mit der Art der Hauptfußbekleidung der Römer zusammen, dem Calceus, wo das Zusammennähen der Schaftteile einerseits und von Schaft und Boden andererseits die Haupttätigkeit darstellten. Um sich vom rangniederen Sandalenmacher (sandalarius) abzugrenzen, ließen sich die römischen Schuster auch gerne calceolarius nennen. Neben diesen, neues Schuhwerk produzierenden Handwerkern (heute im weitesten Sinn vergleichbar den Maßschuhmachern und Orthopädieschuhmachern), gab es noch die Flickschuster (sutor cerdo oder sutriballus), deren Aufgabe die Ausbesserung getragener Schuhe war und die Altmacher, die abgetragene Schuhe aufkauften, ausbesserten und wieder verkauften.

Schutzheiliger

Am offiziellen Feiertag, dem 25. Oktober, wird des Schutzheiligen der Schuhmacher und Gerber, Sankt Crispin, gedacht.

Verwandte Berufe

Holzschuhmacher war ein Handwerk, das in Deutschland noch bis zum Zweiten Weltkrieg verbreitet war. Die Holzschuhe gehörten bis zu dieser Zeit zur alltäglichen Fußbekleidung.

Der Orthopädieschuhtechniker (früher Orthopädieschuhmacher) ist ein zusätzlich für die Herstellung von Schuhen, Schuhzurichtungen und Orthesen nach medizinischer Indikation ausgebildeter Schuhmacher, in Deutschland ein eigener Ausbildungsberuf. Seine Zuständigkeit für Orthesen endet beim Knie, darüber hinaus ist in der Regel der Orthopädietechniker zuständig.

Schuhfertiger sowie Schuh- und Lederwarenstepper (ab 2011 Fachkraft für Lederverarbeitung) sind in Deutschland zwei weitere Ausbildungsberufe, die sich vom Schuhmacher ableiten. Schuhfertiger und Schuh- und Lederwarenstepper arbeiten in der industriellen Schuhherstellung. Die Tätigkeit der Schuh- und Lederwarenstepper umfasst hauptsächlich das Zuschneiden und Vernähen des Schuhoberleders und andere Ledernäharbeiten. Der Schuhfertiger erlernt weitere Schritte der industriellen Schuhherstellung die zum Endprodukt Schuh führen.

Weiter trifft man auf Berufsbezeichnungen wie: Schuhmodelleur, Schuhmonteur und Schuhtechnologe (besonders in der Schweiz). Leistenmacher, Oberlederzuschneider und Schäftemacher (Oberteilherrichter) sind Berufsbezeichnungen für Spezialtätigkeiten, die im Zuge der Industrialisierung vom Schuhmacher auf eigene Berufe übertragen wurden. Diese Berufe sind jedoch heute in Deutschland wieder sehr selten.

Der Beruf des Schuhmachers

Aufgaben des Schuhmachers

Der Schuhmacher (aus: Was willst du werden, um 1880): Meister mit Gesellen und Lehrling (rechts). Typisch die dreibeinigen Schemel, die Schürzen, das Leisten- und Lederlager (hinten links), die Wasserwanne zum Einweichen der Brandsohlen (unter dem Tisch), Lederreste auf dem Boden, vorne links wird ein Schuh aufgedoppelt (genäht), vorne rechts wird eine Sohle holzgenagelt, auf dem Tisch die klassischen Werkzeuge und eine Lampe zum Erwärmen. Auch der üblicherweise vorhandene Vogelkäfig ist oben am Fenster zu erkennen.

Neben den Kerngebieten Schuhherstellung (die fast nur noch von Orthopädieschuhtechnikern und Maßschuhmachern betrieben wird) und Schuhreparaturen gehören zu den Aufgaben des Schuhmachers Serviceleistungen wie Hochglanzpolituren, das Erstellen eines Antikfinishs, das Entfernen von Flecken oder das Umfärben sowie die Beratung zur Schuh- und Lederpflege, die Furnituren- und Passformberatung (auch anhand der individuellen Abnutzung getragener Schuhe) und der Verkauf. Je nach Reparaturbetrieb werden auch einige Täschner- und Sattlerarbeiten angeboten.

Ausbildung

Die Ausbildungsdauer zum Schuhmacher beträgt in Deutschland 3 Jahre (zum Orthopädie-Schuhmacher 3 1/2 Jahre). Diese kann aber durch eine Fachhochschulreife auf 2,5 Jahre verkürzt werden.

Handwerkszeug

Werkzeuge für die Herstellung eines zwiegenähten Schuhs.

Das für den Schuhbau benötigte Handwerkszeug des Schuhmachers hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert. Es wurde lediglich durch rationeller arbeitende Maschinen ergänzt (so erübrigt beispielsweise eine pneumatische Presse das manuelle Anklopfen der Sohle mit Schusterhammer oder Klopfstein. Das Bild stellt bis auf die Steppmaschine, mit der der Schuhschaft zuvor genäht wurde, sämtliche für die Herstellung eines handgefertigten zwiegenähten Schuhs benötigten Werkzeuge dar (von links oben nach rechts unten):

Hammer (für Klopfarbeiten), Beißzange (zum Rausziehen der Zwicknägel), breite Zwickzange (zum Ziehen des Schafts über den Leisten), schmale Zwickzange oder Faltenzange (für das Verteilen der Oberlederfalten an Spitze und Ferse), Kneipmesser (zum Beschneiden der Sohlen und Absätze), Wetzstein (zum Schärfen des Kneip), Wetzstahl (zum Nachschärfen), Raspel (hier zusätzlich mit Sandpapier umwickelt, für das Bearbeiten der Sohlen und Absätze), Täcksheber (zum Rausziehen der Nägel), Spitzknochen (für das Beidrücken und Schnittöffnen), Rissöffner (zum Freimachen des Schnitts in der Sohle), Risskratzer (für das Tieferlegen des Schnitts), Querahle (zum Vorstechen der Bodennahtlöcher), Stahl- und Schweinsborsten (als Nähnadeln), Aufrauer (für die Vorbereitung der Klebflächen), Randmesser (für das Ablassen/Entgraten der Sohlenkanten), Rundahle/Nagelort (zum Vorstechen der Löcher für die Holznägel), Glasscherbe bzw. Ziehklinge (für das Entfernen des Ledernarbens), Putzholz (zum Andrücken der Sohlenkanten).

Schuhmachereisen

Für die abschließenden Arbeiten, wie beispielsweise das Entfernen des Leistens aus dem Schuh (mittels eines Leistenhakens) oder das Ausputzen und Finishen der Schuhe, werden noch weitere Werkzeuge benötigt.

Gegenwart des Berufsstands

Manuelle Schuhherstellung: Über den Leisten gezwickter und an der Brandsohle befestigter Schaft (Schuh von der Unterseite betrachtet)

Das ehemals viele Beschäftigte aufweisende Handwerk (alle Schuhe wurden früher manuell gefertigt) ging mit der Einführung der maschinellen Schuhproduktion ab etwa 1870 stark zurück. Die Herstellung handgearbeiteter Schuhe ist selten geworden. Schuhmacher, die in Handwerksbetrieben regelmäßig Schuhe herstellen, setzen sich häufig mit der nicht geschützten Bezeichnung „Maßschuhmacher“ von ihren in Reparaturbetrieben tätigen Berufskollegen ab. Ebenfalls in Handarbeit hergestellt werden Schuhe von Orthopädieschuhtechnikern und von Schuhmachern, die in Theatern oder als „Ballettschuhmacher“ in Opernhäusern angestellt sind. In der Schuhindustrie arbeiten hauptsächlich Schuhfertiger. Die meisten Schuhmacher (Meister, Gesellen und Auszubildende) arbeiten in Reparaturbetrieben.

Dort hat die Materialvielfalt stark zugenommen. Früher dominierten Leder und Gummi, heute die verschiedenen Arten von Kunststoffen. Diese Mannigfaltigkeit erfordert gute Kenntnisse der Materialeigenschaften und passender Klebstoffe und Klebetechniken. Schleif- und Klebearbeiten sind folglich die Haupttätigkeiten im Reparaturbetrieb. Daneben werden selbstverständlich nach wie vor Näharbeiten an Sohle und Schaft durchgeführt. Die manuelle Herstellung eines Paars rahmengenähter Schuhe ist immer noch Bestandteil der Gesellenprüfung (zur Meisterprüfung ist es keine Pflicht, einen genähten Schuh zu bauen). Weil jedoch die Mehrheit heutiger Schuhe geklebte Massenware ist, wird überwiegend derartiges Schuhwerk repariert. Die meisten Schuhmacher bekommen selten hochwertige, genähte (zum Beispiel rahmengenähte) Schuhe zur Reparatur und nur eine Minderheit ist vom Maschinenpark, der handwerklichen Übung sowie der zugehörigen Erfahrung in der Lage, entsprechend hochwertiges Schuhwerk angemessen in Stand zu setzen.

Dieser Wandel, der bereits mit den neuen Möglichkeiten der Schuhherstellung (AGO-Schuhe und Direktbesohlung als verbreitete Machart) spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg einsetzte und vor allem die in den letzten Jahren massiv gesunkenen Durchschnittsschuhpreise, stellen das Schuhmacherhandwerk vor große Herausforderungen.

In Deutschland ist von der Zulassung von Nicht-Meistern zu einigen Handwerksberufen auch das Schuhmacherhandwerk betroffen. So nahmen in den letzten Jahren die Schuhbars (Schnellreparatur-Services wie Mr. Minit) zu und die vermehrt um Nachwuchs besorgten Meisterbetriebe ab. Schuhmacher suchen vielfach durch berufsfremde Tätigkeiten, wie das Gravieren von Schildern oder das Nachmachen von Schlüsseln, verlorengegangene Umsätze wieder auszugleichen. Ferner ist ein Mitgliederschwund in der Schuhmacher-Berufsorganisation (Innung) zu verzeichnen. In Betriebszahlen ausgedrückt, sind in Deutschland 3492 Schuhmacherbetriebe in der Handwerksrolle eingetragen (offizielle Zahl des 1. Halbjahres 2007 veröffentlicht vom Zentralverband des Deutschen Schuhmacher-Handwerks, ZDS, Anfang 2008). Hinzu kommen die 1161 Betriebe ohne Meister, die nur „einfachere Reparaturen“ ausführen dürfen. Zusammengenommen ergeben sich somit 4724 Betriebe (Statistik des Deutschen Handwerkskammertages Ende 2006). Das entspricht einem statistischen Mittel von einem Betrieb für die Versorgung von etwa 17.000 Einwohnern.

Die Inter-Schuh-Service (ISS) ist eine für die Branche sehr wichtige, alle drei Jahre in Wiesbaden stattfindende, internationale Messe und Leistungsschau. Dort stellen Gerbereien, Maschinenproduzenten, Fachverlage, Hersteller von Schuhreparatur- und Schuhorthopädiebedarf, wie auch Furnituren- und Schuhhersteller aus. In der begleitenden Leistungsschau treten Schuhmacher aus vielen Ländern in Wettbewerb zueinander, um Medaillen in verschiedenen Kategorien zu erringen, wenn die manuell gebauten Schuhe und spezielle Reparaturarbeiten prämiert werden. Fachvorträge runden die zweitägige Veranstaltung ab, die auch dem Informations- und Gedankenaustausch der Branche dient.

Schuhmachermuseen

Der Schuhmacher im Freilichtmuseum Roscheider Hof

Literatur

  • Paul Weber: Der Schuhmacher. Ein Beruf im Wandel der Zeit. AT-Verlag, Aarau 1988, ISBN 3-85502-316-6.
  • Bundesinstitut für Berufsbildung, Arne Schambeck (Red.): Schuhmacher, Schuhmacherin. Die staatliche Ausbildungsordnung; von den Berufs-Experten kommentiert; für Ausbilder, Auszubildende und Interessierte. 1. Aufl., BW Bildung und Wissen Verl. u. Software, Nürnberg 2005 (= Erläuterungen und Praxishilfen zur Ausbildungsordnung), ISBN 3-8214-7161-1. (Anm.: Umfassende Information einschließlich der aktuellen Ausbildungsordnung)
  • Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-89479-252-3.

Weblinks

 Commons: Shoemakers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Schuster – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. http://www.ihff.de/index.htm?bdaten/berufe-s.htm
  2. Aus dem Handwerksmuseum Bad Bederkesa: Der Schuhmacher auf www.museum-des-handwerks.de, Museum des Handwerks Bad Bederkesa
  3. Stadt Burgkunstadt: Schustermuseum auf www.burgkunstadt.de, Stadt Burgkunstadt
  4. Schustermuseum Groß Neuendorf auf www.letschin.de, Gemeinde Letschin
  5. Kolping-Museum Kerpen auf www.rheinische museen.de, Landschaftsverband Rheinland
  6. Das Ladberger Schuhmachermuseum auf www.muensterland.de, Internet Marktplatz GmbH

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