Handwerk

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Symbol des Handwerks
Schmiede-Vorführung
Schreiner-Arbeit an einem Windfang
Historisches Handwerk: Böttcherei oder Fassbinderei

Als Handwerk (von mhd. hant-werc, eine Lehnübersetzung zu lat. opus manuum und grch. χειρουργία (cheirurgia)) werden zahlreiche gewerbliche Tätigkeiten bezeichnet, die Produkte meist auf Bestellung fertigen oder Dienstleistungen auf Nachfrage erbringen. Der Begriff bezeichnet auch den gesamten Berufsstand. Die handwerkliche Tätigkeit steht der industriellen Massenproduktion gegenüber. Das handwerkliche Gewerbe wird in Deutschland verbindlich durch die Handwerksordnung geregelt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der weitgehend bäuerlich geprägten Welt des frühen Mittelalters spielten die sich später spezialisierenden Handwerkstätigkeiten wie die Verarbeitung von Nahrungsmitteln, die Herstellung von Textilien oder das Fertigen von Geräten und Bauten aus Holz noch eine verschwindend geringe Rolle gegenüber der häuslichen Eigenproduktion. Spezielle Arbeitstechniken, wie Bronzeguss, Malerei und Bildhauerei waren an Klöster gebunden. Erst im Hochmittelalter und mit der Städtebildung verlagerte sich der Schwerpunkt in urbane Zentren. Die hergestellten Waren werden auf Märkten feilgeboten oder in Werkstätten und Läden ausgestellt und verkauft. Eine Ausnahmerolle spielen Baumeister und Steinhauer, die, von einer (Kirchen-) Bauhütte zur nächsten ziehend, über territoriale Grenzen hinweg Fertigkeiten, Innovationen und Stilentwicklungen verbreiten.

Wichtige handwerkliche Berufe waren Schmied oder Töpfer, deren Tätigkeiten schon damals eine umfangreichere Ausrüstung erforderten. Die kulturelle Entwicklung des städtischen Lebens brachte eine Diversifizierung der Textilherstellung und Lederverarbeitung mit sich, Goldschmiede, Möbeltischler oder Zinngießer brachten kunsthandwerkliche Sonderleistungen hervor. Einzelne Gewerke der städtischen Handwerkerschaft schlossen sich bis gegen Ende des Mittelalters zu selbstverwalteten Zünften zusammen. Neben ihnen gab es nur wenige freie Gewerbe und einzelne, vom Zunftzwang befreite Freimeister, aber zahlreiche heimlich in Vorstädten und auf Dachböden arbeitende Handwerker, die von den entsprechenden Zunftmeistern verfolgt wurden. Die politische Machtteilhabe der Handwerker an den sich entwickelnden städtischen Gremien war im deutschsprachigen Raum sehr unterschiedlich, doch überwogen solche kommunalen Verfassungen, in denen grundbesitzende und handeltreibende Familien das Sagen hatten.

Eine ausführlichere Darstellung zur Geschichte der Organisationsformen und sozialen Strukturen des Handwerks bis zur Gewerbefreiheit, auch zu den Arbeitsverhältnissen außerhalb der Zunftbindungen, findet sich unter dem Stichwort Zunft.

Handwerksgeschichte in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert

Angeregt durch die französische Revolution und die dann einsetzende Industrialisierung setzt sich im Europa des 19. Jahrhunderts schließlich langsam die Gewerbefreiheit durch, die jedem Bürger das Recht zubilligt, ein Handwerk eigener Wahl ausüben zu dürfen.

Am 2. November 1810 wird die Gewerbefreiheit in Preußen eingeführt, später, am 21. Juni 1869, wird die Gewerbefreiheit per Reichsgesetz weiter ausgedehnt. Jeder Bürger ist nun berechtigt, einen Handwerksbetrieb zu gründen. 1897 und 1908 wird die Gewerbeordnung schließlich novelliert. Sie wird heute allgemein als Fundament des dualen Systems der Berufsausbildung betrachtet.

Insbesondere seitens der Handwerksmeister sind Bemühungen, die Gewerbefreiheit wieder zu beschränken, ersichtlich. So wird 1897 ein Handwerksgesetz verabschiedet, das eine Handwerkskammer legitimiert und der alle Handwerker beizutreten haben. 1908 wird der „kleine Befähigungsnachweis“ erlassen, der für die Ausbildung von Lehrlingen wieder den Meisterbrief erforderlich macht. Den Abschluss der Bewegung stellt die Handwerksordnung von 1935 mit der Wiedereinführung des großen Befähigungsnachweises dar, mit dem selbst für die Ausübung eines Handwerkes wieder der Meisterbrief verlangt wird.

Nach dem Krieg wurde in der amerikanischen Besatzungszone – nun nach US-Vorbild – eine fast schrankenlose Gewerbefreiheit eingeführt. Die vorgeschriebene Mitgliedschaft in den Kammern und Innungen (sogenanntes Institut der fakultativen Zwangsinnung) wurde nun zur freiwilligen Angelegenheit. Ab 10. Januar 1949 genügte eine Postkarte um ein Gewerbe anzumelden – der Meisterzwang entfiel. Wieder einmal setze ein Gründungsboom ein. Allein in München wurden im ersten Jahr der Gewerbefreiheit soviele Gewerbe angemeldet wie vorher insgesamt bestanden hatten.

Diese Freiheit wurde jedoch 1953 mit Verabschiedung der Handwerksordnung wieder eingeschränkt. Für 94 handwerkliche Berufe wurde abermals bundesweit die Meisterpflicht eingeführt. Federführend waren dabei die Bundestagsabgeordneten Richard Stücklen (CSU) und Hans Dirscherl (FDP).

Diese Notwendigkeit des Meisterbriefes wird unter anderem mit besonderer Gefahrengeneigtheit und hohen Anforderungen an den Verbraucherschutz sowie die dafür nötige fundierte Berufsausbildung gerechtfertigt. Handwerkliche Selbständigkeit ohne Meisterbrief wird somit als ordnungswidrige Schwarzarbeit strafrechtlich verfolgt.

2003/2004 beschließt der Bundestag eine Novellierung dieser Regelung: In der Handwerksrechtsnovelle wird die Gewerbefreiheit in 53 Handwerksberufen (aufgeführt in der Anlage B der Handwerksordnung) wieder eingeführt. Für jene Berufsstände reicht nunmehr der kleine Befähigungsnachweis. Die übrigen 41 Handwerke (enthalten in der Anlage A der Handwerksordnung) behalten den Zwang zum großen Befähigungsnachweis, es sollen aber Alternativen zum Meisterbrief geschaffen werden.

Merkmale des Handwerks als spezieller Wirtschaftsbereich

Das Handwerk ist ein heterogener (also vielseitiger) Wirtschaftsbereich. Die Varianten reichen vom Industriezulieferbetrieb bis zum Handwerker im konsumnahen Umfeld, vom mittelständischen Unternehmen mit hunderten Mitarbeitern bis zum Kleinstbetrieb. Handwerksunternehmen sind aufgrund ihrer Größe und ihres Leistungsspektrums sowohl auf dem Absatz- als auch auf dem Arbeitsmarkt weitgehend lokal beziehungsweise regional orientiert. Viele Bereiche der Handwerkswirtschaft stehen in unmittelbarer Konkurrenz zur industriellen Fertigung und zur Schwarzarbeit. Letztere macht mittlerweile, mit steigender Tendenz, über 15 % des Bruttoinlandproduktes in Deutschland aus.

Deutschland

Tätigkeitsfelder

Die Handwerksbetriebe sind nach der Handwerksordnung in 41 zulassungspflichtigen, 53 zulassungsfreien und 57 handwerksähnlichen Gewerben tätig. Handwerk definiert sich über die in der Handwerksordnung ausgewiesenen Bereiche (Positivliste). Handwerk beschränkt sich hierdurch überwiegend auf Märkte, deren Expansionschancen in der wissensbasierten Ökonomie teilweise als begrenzt gelten. 43,4 % der Betriebe aus Anlage A sind im Bereich Metall/Elektro, 25,8 % im Bau- und Ausbaugewerbe, 15,6 % im Gesundheits-, Körperpflege oder Reinigungsgewerbe, 7,2 % im Bereich Holz, 6,7 % in den Nahrungsmittelgewerben, 1 % in der Handwerksgruppe Glas-, Papier-, Keramik- und sonstige Gewerbe und weniger als 1 % in der Bekleidungs-, Textil- und Lederbranche.

Ein eigenes Thema bzw. Tätigkeitsfeld ist der weit verbreitete Handwerker-Pfusch, womit zum einen die Schwarzarbeit oder das Arbeiten von Personen ohne fachliche Grundlage (die den legal Tätigen also ins Handwerk pfuschen) gemeint sind, zum anderen jede mangelhafte Ausführung eines Handwerks, auch Murks genannt. Laut Gewährleistungspflicht wird dann ein Nachbessern oder ein anderer Leistungsausgleich fällig. Der Streit darum beschäftigt vermehrt Gerichte, sodass eigene Gütestellen zur Regelung so genannter Bagatellfälle eingerichtet wurden; siehe auch Handwerkerehre.

Betriebe und Beschäftigte

Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst in einigen Handwerksberufen in Deutschland (2003 bis 2005)

In rund 887.000 Betrieben arbeiten knapp 5 Millionen Menschen, fast 500.000 Auszubildende werden im Handwerk ausgebildet. Somit sind zurzeit noch 12,8 % aller Erwerbstätigen und rund 31 % aller Auszubildenden in Deutschland im Handwerk tätig. Man muss allerdings von einer weiteren Abnahme der Beschäftigtenzahlen im Handwerk ausgehen. Handwerksunternehmen sind überwiegend Kleinbetriebe. Eine handwerksbezogene Auswertung des IAB-Betriebspanels 2003 belegt, dass 50 % der Betriebe weniger als fünf Mitarbeiter und 94 % weniger als 20 Mitarbeiter haben. Etwa 20 % der Handwerker arbeiteten 2003 in Betrieben mit weniger als fünf Mitarbeitern, 35 % in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern. Die größte Gruppe der Handwerker (45 %) war somit in Betrieben mit fünf bis 20 Mitarbeitern tätig. Die durchschnittliche Betriebsgröße war 2003 im Handwerk mit 7,6 Beschäftigten nur halb so groß wie in der Gesamtwirtschaft. Im Jahr 2004 erreichte der Umsatz im Handwerk rund 462 Milliarden Euro. Seit mit der Novellierung der Handwerksordnung 2004 in vielen Gewerken der Meisterbrief als Voraussetzung für die Gründung entfiel, ist die Zahl der Handwerksbetriebe deutlich gestiegen, von 846.588 in 2003 auf 961.732 im Jahr 2007.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks erschließt sich allerdings nicht nur aus der Anzahl der Betriebe, der dort beschäftigten Erwerbspersonen und deren Wertschöpfung. Darüber hinaus hat das Handwerk eine besondere regionalpolitische Bedeutung: Die Handwerksbetriebe sind über die weite Fläche verteilt und tragen Wachstum und Beschäftigung auch in die ländliche Region. Gerade in strukturschwachen Regionen ist die Verfügbarkeit von Handwerksleistungen wiederum ein wichtiger Standortfaktor: Für Standortentscheidungen von Unternehmen ist nicht selten die ortsnahe Verfügbarkeit von Handwerksleistungen (Zulieferer, Dienstleister, Instanthaltung) ein wichtiger Faktor. Für die privaten Haushalte ist die ortsnahe Versorgung mit Leistungen des Handwerks (z.B. Lebensmittel, Kfz-Werkstätten etc.) ein Faktor, der Lebensqualität und Attraktivität der Region vermittelt.

Personalstruktur und -entwicklung

Die persönliche Qualifikation der Mitarbeiter ist der entscheidende Erfolgsfaktor für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks.

  • Der Facharbeiteranteil lag 2003 im Handwerk bei knapp 40 %. Ungelernte Arbeiter machten einen Anteil von nur 18 % aus. Angestellte waren im Handwerk mit 17 % in der Personalstruktur im Vergleich zur Gesamtwirtschaft (35 %) seltener vertreten.
  • Der Frauenanteil lag 2003 mit knapp 33 % erheblich unter dem gesamtwirtschaftlichen Schnitt von 43,3 %.
  • Im Jahr 2003 waren rund 25 % der Beschäftigten im Handwerk in nicht-standardisierten Arbeitsverhältnissen (zum Beispiel Teilzeitbeschäftigung) beschäftigt.
  • Mitarbeiter von Kleinbetrieben nehmen stark unterproportional an externen Weiterbildungsmaßnahmen teil (70,6 % der Großbetriebe greifen auf Angebote privater Weiterbildungsträger zurück, aber nur 16,2 % der Kleinbetriebe).
  • Die Löhne im Handwerk sind rund 22 % geringer als in der Industrie.

Unternehmensgründung

Die Gründungsquote im Handwerk betrug im Jahre 2001 etwa 4,7 % (gegenüber zirka 12 % in der Gesamtwirtschaft). Allerdings weisen deutsche Handwerksunternehmen auch eine überdurchschnittliche Lebenserwartung auf. Dies könnte an wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen liegen, wie auch an einer besseren Vorbereitung der „gründungsbereiten“ Jungmeister durch den verlangten Meisterbrief (großer Befähigungsnachweis).

Perspektiven

Briefmarke 1968
Handwerk, Tradition und Fortschritt

Folgende Entwicklungstrends sind für die Zukunft der Handwerksbetriebe in Deutschland - und Europa - maßgeblich:

  1. Die demographische Entwicklung wird viele Absatzmärkte des Handwerks verändern; hier bestehen sowohl Risiken als auch Chancen. Gleichzeitig wird es für das Handwerk zunehmend schwieriger, im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte Personal im notwendigen Umfang und mit der notwendigen Qualifikation zu gewinnen.
  2. Das Qualitätsbewusstsein sowohl der privaten Haushalte als auch der industriellen Abnehmer des Handwerks wird mit großer Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen.
  3. Der technische Fortschritt wird weiter zunehmen, in der Tendenz eher mit wachsender Geschwindigkeit.
  4. Auch der internationale Wettbewerb wird sich zunehmend auf das Handwerk auswirken; hier bestehen ebenfalls sowohl Risiken als auch Chancen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungstrends - die die verschiedenen Gewerke in unterschiedlichem Maße betreffen - gewinnt die berufliche Aus- und Weiterbildung stärker denn je an Bedeutung. Nur mit hochwertig ausgebildetem Personal kann das Handwerk die Herausforderungen der Zukunft meistern und Zukunftschancen nutzen. Ein attraktives Aus- und Weiterbildungsangebot ist außerdem auch notwendig, um qualifizierte Berufseinsteiger für das Handwerk zu gewinnen.

Untersuchungen zur Zukunft des Handwerks haben Chancen und Risiken dieses speziellen Wirtschaftsbereiches mit folgenden Ergebnissen analysiert.

  • Viele Handwerksunternehmen können als KMU sehr flexibel und dynamisch im Wettbewerb agieren.
  • Sie sind allerdings häufig auch überproportional von ungenügenden Finanzierungsmöglichkeiten, Fachkräftemangel, fehlenden Erfahrungen und Ressourcen auf dem Gebiet der Außenwirtschaft und Kooperation sowie mangelnder Teilhabe an Forschung und Entwicklung betroffen.
  • Im Handwerk fallen traditionell niedrige Qualifikationserwartungen und gefordertes hohes Kompetenzprofil der Mitarbeiter zur Bewältigung komplexer Aufgaben immer weiter auseinander.
  • Dem Handwerk fehlt Öffentlichkeit. Es mag teils unflexibel, bürokratisch unübersichtlich und unmodern wirken.
  • Andererseits bietet das Handwerk hervorragende Identifizierungsmöglichkeiten. Handwerk steht für Regionalität, Herkunft, Authentizität, Handbearbeitung, Transparenz über Materialien, Inhalte und Verarbeitungsweisen. Handwerksunternehmen setzen in der Regel weniger auf Wachstum als auf Qualität und Balance.
  • Handwerk in Deutschland leistet, weitgehend öffentlich verkannt, innovative Beiträge zu Produktentwicklungen.
  • Handwerker liefern unter engem Kundenkontakt und Berücksichtigung der Kundenwünsche anspruchsvolle und individuelle Lösungen.
  • Handwerker reparieren, tauschen aus und restaurieren. Sie setzen in ökologischer und ökonomischer Notwendigkeit vermehrt auf Erhalt des Bestehenden.
  • Das Handwerk ist im Umschwung begriffen: Betriebe, die innovative, kreative und komplexe Leistungen anbieten, erfahren Aufschwung, wohingegen Low-Tech-Betriebe vermehrt mit wirtschaftlichem Abschwung rechnen.
  • Wegen explodierender Rohstoff- und Energiepreise erfahren Recycling, Energieeffizienz, minimierter Materialeinsatz und Reparaturen als Geschäftsfelder im Handwerk weitere Bedeutung.
  • Die Generation 35 plus fordert zukunftsweisende Handwerkerleistungen. Insbesondere Frauen, die zu 80 % über die Verteilung verfügbaren Einkommens der Haushalte entscheiden, sollten als Hauptzielgruppe gelten.
  • (Ältere) Kunden begnügen sich nicht allein mit qualitativ hochwertigen Handwerkerleistungen; sie erwarten kraft Wertewandels mehr an Spaß und Unterhaltung durch Produkte und Leistungen.
  • Erfolgreiche Gestaltung von Unternehmenskooperationen für handwerkliche KMU wird, auch in Anbetracht vieler Fehlgriffe, zur Überlebensfrage. Kooperativität verspricht, angestrebte Produktivität überproportional zu steigern.
  • Handwerk ist international gefragt, auch in europäischen Nachbarländern kommen deutsche Handwerker vermehrt zum Einsatz, etwa in Großbritannien, Polen, den Niederlanden und Norwegen, da dort andere strukturelle Entwicklungen zu einem Rückgang vergleichbarer Betriebe geführt haben.
  • Das Handwerk ist traditionell an einer Berufsausbildung interessiert. Daher hat das Handwerk auch Interesse, dass nur gut ausbildete Handwerker (idealerweise Meister) einen Handwerksbetrieb führen dürfen. Allerdings wurden bei Novellierungen der Handwerksordnung auch Gewerke ohne Meisterabschluss zur Gründung eines Handwerksbetriebes zugelassen. Das Handwerk hat dabei durchaus ein Interesse eine gründliche, meist dreijährige Ausbildung in einem Beruf durchzuführen.
  • Derzeit gibt es eine heftige Diskussion über die Einordnung der (handwerklichen) Berufe in einen deutschen Qualifikationsrahmen. Letztlich geht es um die Zuordnung (handwerklicher) Berufe zu schulischen Abschlüssen und um die Durchlässigkeit und Chancengerechtigkeit beim Zugang zu den Hochschulen auch für Menschen mit einer Berufsausbildung und einem Meisterabschluss.

In Bayern haben seit dem Wintersemester 2009/2010 Handwerksmeister die Hochschulzugangsberechtigung; 387 Handwerksmeister haben sich im Wintersemester 2009/2010 an den bayerischen Universitäten eingeschrieben. Handwerksgesellen haben die Fachhochschulreife, von der allerdings nur wenig Gebrauch gemacht wird, weil der typische Werdegang des Handwerksgesellen zunächst über den Meisterbrief führt.

Organisationsstruktur

ZDH-Außendarstellung in 2010

Das Handwerk ist in Deutschland überaus stark organisiert:

Jeder zulassungspflichtige Handwerksbetrieb ist Pflichtmitglied in der für ihn zuständigen Handwerkskammer (vergleichbar der Industrie- und Handelskammer und Berufsgenossenschaft). Diese Kammern bilden regionale Kammertage, die Mitglied im Zentralverband des Deutschen Handwerks sind. Oberstes Organ der Handwerkskammern ist der Deutscher Handwerkskammertag.

Ferner sind viele Handwerksbetriebe in Innungen freiwillig organisiert. Diese Innungen sind in der Regel in Kreishandwerkerschaften regional und in Landesfach- beziehungsweise Landesinnungsverbänden fachlich organisiert. Sie bilden auf Bundesebene die Zentralfachverbände. Als Juniorenorganisation vertreten die Junioren des Handwerks die Interessen der jungen Handwerksmeister/innen und Führungskräfte im Handwerk.

Die 54 Handwerkskammern und 43 Zentralfachverbände bilden mit weiteren bedeutenden Einrichtungen des Handwerks den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)

Der ZDH ist Mitglied der UEAPME, der Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe mit Sitz in Brüssel.

Die folgende Grafik gibt einen Überblick der deutschen Handwerksorganisation:

Aufbau der deutschen Handwerksorganisation

Siehe auch

Zitate

Richard Sennett: "Etwas selbst dann richtig zu tun, wenn man dafür vielleicht gar nichts dafür bekommt, das ist wahrer Handwerksgeist. Und wie ich meine, vermag nur solch ein uneigennütziges Gefühl des Engagements und der Verpflichtung die Menschen emotional zu erheben. Anderenfalls unterliegen sie im Kampf ums Überleben." [1]

"Eine umfassende Definition [für eine handwerkliche Einstellung (im weiteren Sinn)] könnte lauten: etwas um seiner selbst willen gut machen. In allen Bereichen handwerklicher Einstellung spielen Disziplin und Selbstkritik eine wichtige Rolle. Man orientiert sich an gewissen Standards, und im Idealfall wird das Streben nach Qualität zum Selbstzweck." [2]

Literatur

  • Jürgen Dispan: Regionale Strukturen und Beschäftigungsperspektiven im Handwerk. Regionalanalyse, Entwicklungstrends, Herausforderungen, regionalpolitische Handlungsfelder, Umsetzungsansätze in der Region Stuttgart. IMU-Institut, Stuttgart 2003, ISBN 3-934859-05-4 (Schriftenreihe Verband Region Stuttgart, Heft 20).
  • Arnd Kluge: Die Zünfte. Steiner, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-515-09093-3.
  • Knut Schulz: Handwerk, Zünfte und Gewerbe. Mittelalter und Renaissance. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-20590-5.
  • Richard Sennett: Handwerk Berlin-Verlag, Berlin 2008 ISBN 3-8270-0033-5 (soziologisch, siehe z.B. Zitate)

Weblinks

 Wikisource: Handwerk – Quellen und Volltexte
Wiktionary Wiktionary: Handwerk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Handwerk – Zitate

• Daten zum Thema "Handwerk" aus der Monatszeitschrift "Wirtschaft und Statistik" des Statistischen Bundesamtes: [1]

Einzelnachweise

  1. Sennett, Richard: Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin Verlag, Berlin 2005, S. 155
  2. Sennett, Richard: Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin Verlag, Berlin 2005, S. 84

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