- Schönfelder Kreis
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Der Schönfelder Kreis war ein oppositioneller, der Romantik nahe stehender Zirkel um die Kurfürstin Auguste (* 1780; † 1841), dessen politische Tendenz sich gegen ihren Mann, Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel (* 1777; † 1847), richtete.
Kurfürstin Auguste lebte seit 1806 von ihrem Mann getrennt – was 1815 mit einem Trennungsvertrag bestätigt wurde. Kurprinz Wilhelm lebte mit seiner Geliebten und späteren zweiten Ehefrau, Gräfin Emilie von Reichenbach-Lessonitz (* 1791; † 1843) in Kassel zusammen. Wilhelm II. war ein autokratischer Monarch, der den liberalen Wünschen des Bürgertums ablehnend gegenüber stand. Aus den mit diesen beiden Elementen Unzufriedenen bildete sich nach 1815 der Schönfelder Kreis, benannt nach dem Wohnsitz der Kurfürstin, Schloss Schönfeld bei Kassel.
Der Kreis war so recht heterogen zusammengesetzt, auch in seinen politischen Ansätzen. Er war sicher nicht radikal. Was ihn einte, war das kulturelle Interesse und die Ablehnung des Kurfürsten. Darüber hinaus gab es wenig Verbindendes. Die Heterogenität dieses Oppositionszirkels zeigt aber in der Art einer Stichprobe auch, wie breit die Opposition gegen Kurfürst Wilhelm II. sich durch alle Gesellschaftsschichten zog. Deshalb reichte allein schon die Existenz des Schönfelder Kreises ihn dem Kurfürsten als gefährlich erscheinen zu lassen. Durch die Kurfürstin und die Rückendeckung von deren preußischer Verwandtschaft und den Kurprinzen erschien hier ausreichend Legitimität versammelt und durch die Beteiligung von Staatsbeamten und Offizieren ausreichend politisches Know-How vorhanden, um die Stellung des Kurfürsten zu gefährden. Als 1823 das Gerücht aufkam, Kurfürstin Auguste wolle sich mit Hilfe ihrer preußischen Verwandtschaft als Regentin für ihren Sohn installieren lassen und den Kurfürsten entmachten, versetzte Wilhelm II. die Mitglieder des Schönfelder Kreises, soweit sie Staatsbeamte und Offiziere waren, in die Provinz und schickte den Kurprinzen ins „Exil“ nach Marburg. Dies bedeutete das Ende des Schönfelder Kreises.
Viele Mitglieder des Schönfelder Kreises machten später, nachdem der Kurprinz 1831 die Regierungsgeschäfte faktisch übernommen hatte und Wilhelm II. ins Ausland gegangen war, schnell Karriere im Kurstaat.
Mitglieder
Dem Kreis gehörten die führenden Intellektuellen von Kurhessen an. Dazu zählten neben der Kurfürstin
- Kurprinz Friedrich Wilhelm (* 1802; † 1875)
- die Militärs
- Joseph von Radowitz (* 1797; † 1853), später Berater des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und 1850 kurzfristig preußischer Außenminister,
- Ferdinand von Eschwege (* 1790; † 1857), Kommandeur der Garde du Corps,
- Carl von Altenbockum (* 1794; † 1862), später Kommandeur der Leibgarde-Infanterie,
- Wilhelm von Verschuer (* 1795; † 1837), später Flügeladjudant des Kurprinzen und ultrakonservativer Abgeordneter des Landtages,
- Major Georg von Below, Erzieher des Kurprinzen,
- aus dem Bildungsbürgertum:
- Karl Schomburg (* 1791; † 1841), Oberbürgermeister von Kassel,
- Karl Carvacci (* 1791; † 1869) Kaufmann und Farbenfabrikant, später kurhessischer Bevollmächtigter beim Deutschen Zollverein, 1831 Trauzeuge des Kurprinzen,
- Ludwig Hassenpflug (* 1794; † 1862), später in Kurhessen führender revisionistischer Minister,
- Jacob (* 1785; † 1863) und
- Wilhelm Grimm (* 1786; † 1859), Schwäger von Hassenpflug und zu dieser Zeit Bibliothekare in Kassel,
- die Künstler:
- Johann Werner Henschel (* 1782; † 1850), Bildhauer,
- Ludwig Hummel (* 1770; † 1840), Maler,
- Julius Eugen Ruhl (* 1796; † 1871), Architekt und später erster Direktor der kurhessischen Staatseisenbahnen,
- Ludwig Sigismund Ruhl, Direktor der Kasseler Gemäldegalerie
- Karl Siegmund Waitz von Eschen (* 1795; † 1873), Kammerherr des Kurfürsten, später liberal-konservativer Wortführer im Landtag.
Literatur
- Gerd Fenner, Ewald Grothe, Marianne Heinz, und Heidrun Helwig: Kurfürstin Auguste von Hessen (1789-1841) in ihrer Zeit. Brüder-Grimm-Gesellschaft Kassel 1995.
- Ewald Grothe: Kurfürstin Auguste von Hessen-Kassel und der Schönfelder Kreis. In: Fürstenhof und Gelehrtenrepublik. Hessische Lebensläufe des 18. Jahrhunderts. Hrsg.: Bernhard Heidenreich. Wiesbaden 1997, S. 53 – 60.
- Rüdiger Ham: Ludwig Hassenpflug: Staatsmann und Jurist zwischen Revolution und Reaktion. Eine politische Biographie = Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 50. Hamburg 2007. ISBN 978-3-8300-2764-5
Kategorien:- Hessische Geschichte
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