Romantik

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Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst (1790–1840), der Literatur (1795–1848) und der Musik (Kernphase 1820–1850, siehe auch Musik der Romantik) äußerte.

Im heutigen, allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff Romantik mit dem Adjektiv romantisch die Eigenschaft einer Sache oder eines Ereignisses, Menschen mit Liebe und Sehnsucht zu erfüllen, so etwa in den Wortverbindungen „romantische Liebe“, „romantische Musik“ oder „ein romantischer Brief“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Romantikbegriffs

Der Begriff kommt etymologisch ursprünglich von „in lingua romana“ („in romanischer Sprache“), also von Schriften, die in der Volkssprache der romanischen Länder verfasst waren. Diese bildeten einen Gegensatz zu den zuvor üblichen, „in lingua latina“ (Latein) geschriebenen Texten. Aus „lingua romana“ entstand dann der Ausdruck „Roman“, der aus dem Französischen stammt. Romantisch bedeutete daher zunächst „romanhaft“, und so wurde der Begriff auch ursprünglich von Friedrich Schlegel verwendet, der den modernen Romantikbegriff prägen sollte.[1]

Ende 1797 hat der Begriff für Schlegel aber schon sehr vielfältige Facetten gewonnen, denn in einem Brief an seinen Bruder August Wilhelm schreibt er: „Meine Erklärung des Worts Romantisch kann ich Dir nicht gut schicken, weil sie − 125 Bogen lang ist.“[2]

1798 aber findet er folgende immer noch ausführliche Definition:

„ Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennte Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren, und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen, und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehre Systeme in sich enthaltenden Systeme der Kunst, bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. Sie kann sich so in das Dargestellte verlieren, daß man glauben möchte, poetische Individuen jeder Art zu charakterisieren, sei ihr Eins und Alles; und doch gibt es noch keine Form, die so dazu gemacht wäre, den Geist des Autors vollständig auszudrücken: so daß manche Künstler, die nur auch einen Roman schreiben wollten, von ungefähr sich selbst dargestellt haben. Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. […] Die romantische Poesie ist unter den Künsten was der Witz der Philosophie, und die Gesellschaft, Umgang, Freundschaft und Liebe im Leben ist. Andre Dichtarten sind fertig, und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann. Sie kann durch keine Theorie erschöpft werden … “

Friedrich Schlegel - Athenäums-Fragment 116 [3]

Romantik bedeutet in diesem Sinne Abwendung von der Antike und von klassischen Vorbildern. Das heißt, die mit dem Terminus Romantiker bezeichneten Autoren erschließen sich Themen aus ihrer eigenen Kultur und Geschichte und wenden sich ab von klassischen Formen, was aus der nachträglichen und historischen Perspektive die Vorliebe für eine fragmentarische Schreibweise in der Romantik erklärt. Die Hinwendung zur eigenen Kultur bedeutete zugleich eine stärkere Hinwendung zur Sagen- und Mythenwelt des Mittelalters.

Die Vertreter der an der Antike orientierten Klassik fühlten sich durch die Zeitschriften der Romantiker z. T. massiv angegriffen und bezeichneten dann das Romantische als phantastisch oder auch als krankhaft – Letzteres allerdings vor allem im Hinblick auf die französische Romantik.

Generell müssen „Klassik“ und „Romantik“ auch als nachträgliche Zuordnungen verstanden werden; die Vertreter der Klassik haben sich nicht als „Klassiker“ gesehen, fühlten sich aber klassischen Idealen bzw. Idealisierungen verpflichtet, genauso sahen die „Romantiker“ in der „romantischen Poesie“ ein Ziel, sich selbst aber nicht unbedingt als dessen Verwirklicher.[4]

Unterepochen und Kreise der Romantik

Man unterscheidet zwischen Frühromantik (ca. 1795–1804), Hochromantik (ca. 1804–1815) und Spätromantik (ca. 1815–1848). In der Hochromantik unterscheidet man zwischen dem Heidelberger Kreis und dem Berliner Kreis.

Allerdings verliefen diese Phasen nicht in allen Kultursparten synchron; die Spätromantik in der Malerei reicht bis Ende des 19. Jahrhunderts, in der Musik zieht sie sich sogar bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts hin (Gustav Mahler, Richard Strauss).

Hintergrund

Die Grundthemen der Romantik sind Gefühl, Leidenschaft, Individualität und individuelles Erleben sowie Seele, vor allem die gequälte Seele. Romantik entstand als Reaktion auf das Monopol der vernunftgerichteten Philosophie der Aufklärung und auf die Strenge des durch die Antike inspirierten Klassizismus. Im Vordergrund stehen Empfindungen wie Sehnsucht, Mysterium und Geheimnis. Dem in die Zukunft gerichteten Rationalismus und Optimismus der Aufklärung wird ein Rückgriff auf das Individuelle und Numinose gegenüber gestellt. Diese Charakteristika sind bezeichnend für die romantische Kunst und für die entsprechende Lebenseinstellung.

Der Romantiker verortet einen Bruch, der die Welt gespalten habe in die Welt der Vernunft, der „Zahlen und Figuren“ (Novalis), und die Welt des Gefühls und des Wunderbaren. Treibende Kraft der deutschen Romantik ist eine ins Unendliche gerichtete Sehnsucht nach Heilung der Welt, nach der Zusammenführung von Gegensätzen zu einem harmonischen Ganzen. Symbolische Orte und Manifestationen dieser Sehnsucht sind nebelverhangene Waldtäler, mittelalterliche Kloster-Ruinen, alte Mythen und Märchen, die Natur etc. Zentrales Symbol für diese Sehnsucht und deren Ziel ist die Blaue Blume, die wie kein anderes Motiv die romantische Suche nach innerer Einheit, Heilung und Unendlichkeit verkörpert.

„Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.“

Ricarda Huch [5]

Im Gegensatz zur selbst gesetzten Aufgabe der Dichter der Weimarer Klassik sowie von Sturm und Drang und Aufklärung, nämlich der Erziehung des Volkes durch Literatur, sahen die Dichter der Romantik ihre Aufgabe in der Heilung des Risses, der durch die Welt und damit durch die Individuen geht. Eine Möglichkeit dazu bot ihnen zufolge die Kunst, mystisch überhöht im Begriff des „Dichterpriesters“, denn „die Welt hebt an zu singen / Triffst Du nur das Zauberwort“ (Eichendorff).

Die Romantiker suchten die verloren gegangene Welt in Werken aus der „Kindheit der Menschen“, also in Märchen und Sagen, in Volksliedern und im Mystizismus des Mittelalters und seiner als ideal verklärten ständischen, auf Treue gegründeten Ordnung. Auch in exotischen Ländern wurden Anstöße gesucht. Das „Wahre“ wurde nicht im Intellektuellen gesehen, sondern in dem als natürlich und wahrhaftig angesehenen Verhalten des einfachen Volkes. In die Musik der Romantik flossen unter anderem auch Volkstänze ein, etwa bei Franz Schubert. Die Brüder Grimm sammelten die Sagen und Märchen der mündlichen Volksüberlieferung. Allerdings wurden auch Gefahren in dieser „anderen Welt“ gesehen. Die Nachtseite der Romantik, geprägt von Teufelspakten, Wahnsinn, Gespenstern, Schuld und Tod, findet sich besonders ausgeprägt bei E. T. A. Hoffmann.

Zur massenhaften Ausbreitung der Romantik kam es, als am Ende des 18. Jahrhunderts, nach einer Ära relativer Ruhe, in der viele Konflikte auf diplomatischem Wege geregelt worden waren, plötzlich die Französische Revolution und Napoleon den europäischen Kontinent mit Kriegen überzogen. Es waren Helden gesucht – wie etwa Napoleon in Frankreich, Admiral Nelson in England, General Kutusow in Russland und Generalfeldmarschall Blücher in Preußen –, und romantische Wünsche entfachten die Phantasie. Ein weiterer Faktor war die gestiegene Bildung der Bürger, die den Boden für Kunst und Literatur bereitete. Wirtschaftlicher Aufschwung und der damit verbundene höhere Wohlstand ermöglichten es den Bürgern, sich mehr Bücher, Musikinstrumente oder Theater- und Konzertkarten zu leisten.

Als Reaktion auf diese Entwicklung und Emanzipation verschloss sich die Aristokratie gegenüber den neuen gesellschaftlichen Tendenzen und Formen. So findet man im 19. Jahrhundert kaum noch Adelige unter den Schriftstellern und Philosophen, einer Domäne der Aristokraten im 18. Jahrhundert.

Historische Ursprünge

Friedrich von Schlegel (1790), Begründer der Jenaer Frühromantik

Durch die Industrialisierung fanden große gesellschaftliche Umbrüche statt, die neue Maschinenwelt führte zu Verstädterung und Landflucht, eine unterstellte vormalige Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. Die Karlsbader Beschlüsse nahmen die Romantiker auf dem Hintergrund ihrer eher individualistischen Grundeinstellung zum Anlass, um in Melancholie und in phantastische, unwirkliche oder einfach biedermeierliche Welten zu fliehen und sich so eskapistisch aus dem gesellschaftlichen Leben weitgehend zurückzuziehen oder von ihm ab- und einer kleinstädtischen Idylle zuzuwenden.

Die Romantik kann zudem auf zwei seinerzeit populäre literarische Richtungen zurückgeführt werden. Es handelt sich einerseits um die Schauerliteratur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – in England und Deutschland las man leidenschaftlich gerne Schauerromane. Andererseits handelt es sich um die Bewegung des Sturm und Drang, die Ende des 18. Jahrhunderts von einer Großzahl von Literaten getragen wurde. Während Schauerromane eher der Trivialliteratur zuzurechnen sind, befanden sich die Werke der Sturm-und-Drang-Bewegung, vertreten u. a. durch Johann Wolfgang Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werther und Friedrich Schillers Drama Die Räuber, auf höherem literarischen Niveau. Die historisch rückwärts gewandte Schauerliteratur regte die Phantasie an (Motive waren oft Gespenster, Ritter, verwunschene und halbzerfallene Burgen), während der Sturm und Drang getragen war von einer Aufbruchstimmung in eine ungewisse, aber bessere Zukunft.

Stilmittel und Kennzeichen

Psyche

Das Unbewusste der menschlichen Psyche wird in der Literatur ausgelebt und kommt zum Vorschein.

Mischung der Gattungen

Weder Form noch Inhalt sind festgelegt. So werden Lieder, Erzählungen, Märchen und Gedichte ineinander vermischt. Poesie, Wissenschaft und Philosophie werden miteinander verbunden.

Progressive Universalpoesie

Friedrich Schlegel prägte als Literaturtheoretiker und -kritiker in der Romantik den Begriff der „progressiven Universalpoesie“ (Athenäumsfragment 116). In der Literatur sollten nun nicht mehr wie in der Klassik bestimmte Schemata für die Erschaffung eines literarischen Werkes vorgegeben sein, sondern man betrachtete den Künstler als frei schaffendes Genie. Die Regelpoetik und die Forderungen der drei aristotelischen Einheiten von Raum, Zeit und Handlung verloren an Bedeutung, vielmehr wurde der Roman zum subjektiven Spielfeld des Autors. Ziel war es – nach Schlegel – Philosophie, Prosa, Poesie, Genialität und Kritik miteinander verbindend darzustellen. Aus diesen neuen Konstellationen ergab sich ein fragmentarischer Charakter mit unfertigen Handlungssträngen. Schlegel wollte damit den Werdensprozess der Dichtung betonen und meinte, dass der unvollendete Zustand einer Dichtung der Willkür und Freiheit des Dichters folge.

Romantische Ironie

Der Autor steht über seinem Werk. Er kann herbeigeführte Stimmungen, Bilder oder Geschichten abrupt zerstören und übermenschlich verändern.

Ein Spezialfall romantischer Ironie sind Selbstreferenzen auf das Werk. Wenn z. B. in Theaterstücken der Held in eine ausweglose Situation gerät, aber sich sicher ist zu überleben mit der Begründung „Man stirbt nicht mitten im fünften Akt“, ist dies ein Fall von romantischer Ironie.

Gegenstand der romantischen Sehnsucht ist das Absolute, ein Zustand aufgehobener Entfremdung, den Rousseau zuvor als „Naturzustand“ (état naturel) beschrieben hatte und dem ein unreflektiertes ‚naives‘ Weltverständnis und Weltverhältnis entspricht. Dieser Zustand aber ist dem modernen Menschen unerreichbar geworden und kann auch durch die Kunst, die auf Reflexion beruht, nicht adäquat dargestellt werden. Jeder Versuch ihn darzustellen, greift notwendigerweise zu kurz. Das romantische Kunstwerk, das seine eigene Kritik enthalten soll, kann dieser Einsicht nur gerecht werden, indem es sich selbst ironisch hintertreibt und seine eigene Scheinhaftigkeit zur Schau stellt. D. h. sein zentraler Darstellungsgegenstand ist eine Sehnsucht, deren Ziel unbekannt ist, und jeder Versuch, dieses Ziel anschaulich zu machen, ist zum Scheitern verurteilt. Dieses Paradoxon muss die Kunst aushalten können, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden möchte.

Tradition und Mittelalter

In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannteste Beispiele sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen. Diese Tatsache rückt die gesammelten Texte näher an die Kunstmärchen und Lyrik ihrer Zeitgenossen als eigentlich beabsichtigt.

Das Mittelalter gilt als Ideal und wird verherrlicht. Kunst und Architektur dieser Epoche werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben unbeachtet.

Motive und Symbole der Romantik

In der Literatur der deutschen Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise.

Sehnsucht und Liebe

Als das zentrale Symbol der Romantik gilt die Blaue Blume. Der Dichter Novalis verwendet dieses Symbol der Sehnsucht und des Strebens nach dem Unendlichen sowie der Synergie, d.h. des Verschmelzens der Sinneswahrnehmungen und Erkenntnisebenen, in seinem fragmentarischen Roman Heinrich von Ofterdingen.

Das Motiv der Sehnsucht wird sowohl in vielen Texten als auch in der Malerei etwa eines Caspar David Friedrich ausgedrückt. Aus ihm ergeben sich auch das Wander- und Reisemotiv sowie die Motive des Fernwehs und des Müßiggangs, verwendet etwa im Roman Aus dem Leben eines Taugenichts oder in Ahnung und Gegenwart[6] des Schriftstellers Joseph von Eichendorff.

Auch das Motiv der Nacht war in der Romantik beliebt, verkörperte es doch die von den Romantikern propagierte Verschmelzung von Sinneseindrücken besonders gut, siehe z.B. das berühmte Gedicht Mondnacht von Eichendorff[7] oder das Gedicht Ritt im Mondschein von Achim von Arnim, wo sich das Motiv der Nacht außerdem passenderweise mit dem der Liebe verbindet.[8]

In diesen Motivkreis gehören auch die Motive der Verbundenheit mit der Natur (allerdings in idealisierter Form), vgl. das Gedicht Nacht und Winter von Adelbert von Chamisso, in dem das Ich seine Stimmungen in der Natur gespiegelt sieht.[9]

Das Unheimliche

Das Spiegelmotiv gehört gleichzeitig zu einem weiteren typischen Motivkreis der Epoche, nämlich dem des Unheimlichen und Numinosen. Vor allem E.T.A. Hoffmann nahm sich dieses Themenkreises an. Auch die Sammlungen von Volksmärchen und Sagen etwa durch die Gebrüder Grimm siedeln sich hier an, vgl. Schneewittchen. E.T.A. Hoffmann z.B. verwendete das ebenfalls beliebte Motiv des Doppelgängers (in Elixiere des Teufels, 1815).

Schauplätze in der Romantik sind häufig Friedhöfe, Ruinen (Schauerromantik bzw. Schwarze Romantik) oder alte Burgen, dunkle Wälder, ein Berginneres oder Höhlen und Naturlandschaften. Das Dargestellte ist oft entweder naturmagischen Charakters, übernatürlich, oder märchenhaft.

Politische Motive: Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik

Eigentlich typisch für die Romantiker war eher eine Abwendung vom gegenwärtigen Geschehen, welche sich in einer Weltflucht, Flucht ins Private und Hinwendung zur Vergangenheit äußerte.

Andererseits waren aber die Romantiker auch beeinflusst von gleichzeitig aufkommenden nationalistischen Strömungen. Beides verband sich in der Verehrung und Idealisierung des deutschen Mittelalters[10]

Heinrich Heine nimmt in der deutschen Romantik eine Sonderstellung ein. Was sich bei anderen nur vage andeutete, verschärfte er zur expliziten Kritik an deutschen Verhältnissen, besonders etwa in Deutschland ein Wintermärchen [11].

Klassik und Romantik im Vergleich

Klassik

Streben nach Vollendung, Ruhe, fester Ordnung, Klarheit, Maß und Harmonie

Romantik

Drang nach Unendlichkeit, Leidenschaftlich-Bewegtem, Dunklem, maß- und regellosem Sprengenwollen aller Grenzen

Klassik

Streben nach Objektivität, Typisierung, Gesetz, Vernunft, Gleichgewicht, nach gültiger und geschlossener Form; genaue Unterscheidung zwischen Lyrik, Epik und Dramatik; fordert Entsagung, Selbstbeschränkung, sittliche Willensstärke; lehnt Phantastisches, Verworrenes, Unklares ab; bemüht sich um Harmonie zwischen Gefühl und Verstand; verlangt genaue Grenzensetzung – Es ist genug, das Erforschbare zu erforschen, das Unerforschliche aber auf sich beruhen zu lassen.

Romantik

Zerbricht die klassischen Grenzen; will Herrschaft der frei schöpferischen Phantasie, die wichtiger ist als „edle“ Form und hochgeistiger Inhalt; will Grenzen sprengen: Grenzen des Verstandes, Grenzen zwischen Wissenschaft und Poesie und zwischen den einzelnen Dichtungsgattungen – Streben nach einer „Universalpoesie“, die gleichzeitig Wissenschaft, Religion und Dichtung und lyrisch, episch, dramatisch und musikalisch ist; will Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit niederreißen; will die ganze Welt „romantisieren“ und fordert völlige Subjektivität, Individualisierung, Freiheit und Unabhängigkeit und eine weltoffene, ewig unfertige Dichtungsform; Vorliebe für das Traumhafte, Wunderbare, Unbewusste, Übersinnliche.

Die Romantik wurde zur europäischen Geistesbewegung und erfasste, von Deutschland ausgehend, alle Länder Europas. Sie beeinflusste Philosophie, Dichtung, Künste, Religion, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.

Einflüsse und Auswirkungen der Romantik

Neuromantik und Symbolismus

Beeinflusst durch die Romantik sind die Jugendbewegung und der Symbolismus, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden. Diese Literatur- und Kunstepoche wird nicht umsonst auch Neuromantik genannt.

Nationalsozialismus

Viktor Klemperer, Georg Lukacs, Sibylle Tönnies und andere Wissenschaftler der unterschiedlichsten Fachgebiete beschreiben den geistesgeschichtlichen Zusammenhang zwischen Nationalsozialismus und der deutschen Romantik.

Im politischen und kulturgeschichtlichen Sinn wird Romantik als Gegenströmung zur Aufklärung und zum Rationalismus eingeordnet. So kann die Romantik als Wegbereiter des Nationalsozialismus verstanden werden.

Zimmermann, ein Kritiker dieser Position, glaubt, hier würden neoromantische, jungkonservative und völkische Einlassungen wie diejenige von Moeller van den Bruck mit der Romantik verwechselt. [12] Zimmermann plädiert deshalb für eine Revision der Romantik.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Baier: Romantiker. Edition Splitter, Wien 2006. ISBN 3-901190-99-6
  • Marianne Bernhard (Hg.): Deutsche Romantik. Handzeichnungen. Herrsching: Pawlak, o. J. [Band 1: Carl Blechen (1798–1840) bis Friedrich Olivier (1791–1859); Band 2: Friedrich Overbeck (1789–1869) bis Christian Xeller (1784–1872)]
  • Karl Heinz Bohrer: Die Kritik der Romantik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989
  • Ders.: Der romantische Brief. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989
  • Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989
  • Ders.: Kaltes Herz. Unendliche Fahrt. Neue Mythologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989
  • Gerald Gillespie, Manfred Engel, Bernard Dieterle (Hg.): Romantic Prose Fiction. Amsterdam: John Benjamins 2008 (= A Comparative History of Literatures in European Languages, XXIII)
  • Peter Hacks: Zur Romantik, Hamburg: Konkret Literatur Verlag 2001
  • Gerda Heinrich: Geschichtsphilosophische Positionen der deutschen Frühromantik. Kronberg/Ts.: Scriptor 1977
  • Isaiah Berlin: Die Wurzeln der Romantik (1965)
  • Isaiah Berlin: Revolution der Romantik lettre international 34, Herbst 1996, S76-83
  • Eckart Kleßmann: Die deutsche Romantik. Köln: DuMont 1979
  • Detlef Kremer: Romantik, Stuttgart: Metzler 2003
  • Eberhard Roters: Jenseits von Arkadien. Die romantische Landschaft. Köln: DuMont 1995
  • Rüdiger Safranski: Romantik. Eine deutsche Affäre. Hanser, München 2007. ISBN 3-446-20944-1.
  • Rüdiger Safranski (Hrsg.): Romantik – was sonst bei dem Sauwetter? Texte der Romantik. Hanser, München 2007. ISBN 978-3-446-20886-5.
  • Helmut Schanze (Hrsg.): Romantik-Handbuch. Stuttgart: Kröner 1994
  • Carl Schmitt: Politische Romantik, Berlin: Duncker & Humblot 1919, 1925, 1968
  • Hans Steffen (Hrsg.): Die deutsche Romantik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1989
  • Silvio Vietta (Hrsg.): Die literarische Frühromantik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983
  • Winfried Wehle/K. Maurer: Romantik – Aufbruch in die Moderne. Romanistisches Kolloquium V, München 1991
  • Benno von Wiese: Romantik. Für die Gegenwart ausgewählte Texte. Verlag Carl Ueberreuter, Wien-Heidelberg ISBN 3-8000-3007-1
  • Harm-Peer Zimmermann: Ästhetik der Aufklärung: Zur Revision der Romantik in volkskundlicher Absicht Königshausen & Neumann, Würzburg 2001
  • Theodore Ziolkowski: Das Amt der Poeten. Die deutsche Romantik und ihre Institutionen. München: dtv 1994

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Romantik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Romanticism – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Romantik – Zitate

Einzelnachweise

  1. Z. B. bezogen auf Petrarca in Kritische Fragmente Nr. 119: „auch ist er romantisch, nicht lyrisch“, d. h. es handele sich eher um einen Roman in Sonetten.
  2. 125 Bogen entsprechen 2000 Seiten. Brief vom 1. Dezember 1797 in Ernts Behler u.a. (Hrsg.): Friedrich Schlegel. Kritische Ausgabe Bd. XXIV, S. 53
  3. Ernst Behler u. a. (Hrsg.): Friedrich Schlegel. Kritische Ausgabe. 1. Abt. Bd. II, S. 182f
  4. Vgl. Dieter Borchmeyer: Zur Typologie des Klassischen und Romantischen. In: Walter Hinderer (Hg.): Goethe und das Zeitalter der Romantik. Würzburg 2002 (Stiftung für Romantikforschung; 21), S. 19-29, hier S. 19 f.
  5. Über die Romantik – Die blaue Blume, das Sinnbild der Romantik
  6. vgl. http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=5&xid=3410&kapitel=2&cHash=c34b22d982ahnu02#gb_found Zugriff: 22. August 2010
  7. z.B. http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=5&xid=524&kapitel=140&cHash=796aa7f40bmondnach#gb_found Zugriff: 22. August 2010
  8. Zugriff: 22. August 2010
  9. Zugriff: 22. August 2010
  10. vgl. etwa: http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=5&xid=310&kapitel=46&cHash=09052beb9dcham038#gb_found Zugriff: 22. August 2010
  11. vgl. http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=5&xid=1148&kapitel=1&cHash=d40dbdc7b4#gb_found Zugriff: 22. August 2010
  12. Zimmermann: Ästhetische Aufklärung. Zur Revision der Romantik in volkskundlicher Absicht.Königshausen und Neumann, Würzburg 2001 S. 15
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