Sektorentheorie

Sektorentheorie

Die Drei-Sektoren-Hypothese ist eine volkswirtschaftliche Theorie, welche die Volkswirtschaft in Produktionsgewinnung, Produktionsverarbeitung und Dienstleistung differenziert, sie wurde von C. Clark und Jean Fourastié in den 1930er Jahren entwickelt.

Sie beschreibt, dass sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit zunächst vom primären Wirtschaftssektor (Rohstoffgewinnung), auf den sekundären (Rohstoffverarbeitung) und anschließend auf den tertiären Sektor (Dienstleistung) verlagert. Fourastié sieht die Entwicklung überaus optimistisch und spricht in einem seiner Bücher ("Die große Hoffnung des Zwanzigsten Jahrhunderts") über den steigenden Wohlstand, soziale Sicherheit, Aufblühen von Bildung und Kultur, höherem Qualifikationsniveau, Humanisierung der Arbeit und der Vermeidung von Arbeitslosigkeit.

Entwicklung der drei Wirtschaftssektoren nach Fourastié.

Länder mit einem geringen Pro-Kopf-Einkommen weisen einen niedrigen Entwicklungsstand auf. Das Bruttoinlandsprodukt wird aus dem primären (dem der landwirtschaftlichen Produktion) und dem tertiären Sektor (dem der Dienstleistungen im Bereich des Tourismus) erwirtschaftet. Wobei die Deviseneinnahmen aus dem Dienstleistungssektor eine immer dominierende Rolle im Gegensatz zu den Einnahmen aus dem primären Sektor spielen. Fortschrittlich entwickelte Länder mit durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen, sogenannte Schwellenländer, erwirtschaften ihr Einkommen vorwiegend im Sekundärsektor, wobei man manifestieren muss, dass sich in den letzten 20 bis 30 Jahren auch in den Schwellenländern eine Verlagerung der wirtschaftlichen Aktivitäten vollzieht. So stagniert die Beschäftigtenzahl wie auch dessen Wertschöpfung im primären Sektor. Hingegen wird ein positiver Zuwachs sowohl in der Beschäftigtenzahl als auch in dessen Erwirtschaftung im Bereich des tertiären Sektors (Dienstleistungen) verzeichnet, da verstärkt Einnahmen erzielt werden aufgrund der Umstrukturierung zum Tourismus. In hoch entwickelten Ländern mit hohem Einkommen hat der Tertiärsektor einen dominierenden Erwerbsanteil am Gesamteinkommen.

Mit Hilfe der Anzahl der Erwerbstätigen oder dem Anteil am BSP (Bruttosozialprodukt) in den einzelnen Wirtschaftssektoren kann man sehen, dass Deutschland bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Agrargesellschaft und bis in die 70er des 20. Jahrhunderts eine Industriegesellschaft war. Der tertiäre Sektor gewann ab Mitte des 20. Jh. exponentiell an Bedeutung und stieg bzgl. der Wertschöpfung bald über die des sekundären Sektors. Seit diesem Zeitpunkt kann man in Deutschland von einer Dienstleistungsgesellschaft sprechen.

Inhaltsverzeichnis

Strukturwandel nach Fourastié

Die Verschiebung der Beschäftigtenquote innerhalb der einzelnen Wirtschaftssektoren in unterschiedlichen Phasen nach Jean Fourastié:

Erste Phase: Traditionelle Zivilisationen

Beschäftigtenzahlen:

  • Primärer Sektor: 70 %
  • Sekundärer Sektor: 20 %
  • Tertiärer Sektor: 10 %

Diese Phase stellt eine Gesellschaft dar, die noch nicht weit entwickelt ist. Landwirtschaft wird zum größeren Teil in Subsistenz betrieben und man kann kaum vom Einsatz von Maschinen sprechen. Der Entwicklungsstand entspricht dem europäischer Staaten im frühen Mittelalter oder dem eines Entwicklungslandes.

Zweite Phase: Übergangsperiode

Beschäftigtenzahlen:

  • Primärer Sektor: 20 %
  • Sekundärer Sektor: 50 %
  • Tertiärer Sektor: 30 %

Im Primären Sektor werden zunehmend mehr Maschinen eingesetzt; dies verringert den Bedarf an Arbeitskräften. Daraus resultierend steigt die Nachfrage für Maschinen, die vom Sekundären Sektor produziert werden. Die Übergangsphase beginnt mit einem Ereignis oder Vorgang, der der Industrialisierung gleichzusetzen ist: fortschreitende Mechanisierung bzw. Automatisierung, Fließbandproduktion, Manufaktur etc.

Zahlreiche Synergieeffekte begannen sich mit der Entfaltung der Industrialisierung zu entwickeln. Dieses waren als Beispiel ein starkes Bank- und Kreditwesen, verwaltungstechnische Einrichtungen, Technologie- und Forschungszentren wie auch Universitäten und Gründerzentren die in Kooperation mit den großen Unternehmen der führenden Wirtschaftssektoren standen. Einrichtungen des immer relevanter werdenden tertiären Sektors, dem der Dienstleistungen.

Dritte Phase: Tertiäre Zivilisation

Beschäftigungszahlen:

  • Primärer Sektor: 10 %
  • Sekundärer Sektor: 20 %
  • Tertiärer Sektor: 70 %

Der Primäre und Sekundäre Sektor sind mehr und mehr der Automatisierung unterworfen und der Bedarf an Arbeitskräften sinkt. Dafür steigt der Bedarf im Tertiären Sektor. Wir befinden uns in der Gesellschaft der Zukunft, einer Dienstleistungsgesellschaft. Heutzutage ist es im Tertiären Sektor zu einem so enormen Anstieg gekommen, dass man begonnen hat diesen zu unterteilen; so hat sich der Quartäre Sektor gebildet, der sich hauptsächlich mit Informationen befasst.

Kritik

Verschiedene empirische Untersuchungen scheinen die Drei-Sektoren-Hypothese zu bestätigen, allerdings sind vier Fehlprognosen in Fourastiés Buch Die große Hoffnung des Zwanzigsten Jahrhunderts zu erkennen:

  1. Fourastié sagte, dass der Übergang vom sekundären in den tertiären Sektor das Problem der Arbeitslosigkeit beseitigen würde, da dieser Sektor seiner Meinung nach nicht rationalisierbar sei. Als er in den 1930er Jahren seine Theorie aufstellte, ahnte er jedoch nicht den enormen technischen Fortschritt im Dienstleistungssektor, den zum Beispiel die Erfindung des Computers mit sich brachte. (siehe digitale Revolution)
  2. Die Fehlprognose Fourastiés besagt, dass es keinen Staat geben wird, in dem der sekundäre Sektor noch sehr stark vertreten wird, obwohl es sich um einen hochentwickelten Staat in der dritten Phase handelt. Bestes Gegenbeispiel ist die Bundesrepublik Deutschland. In Deutschland ist der Sekundäre Sektor zwar seit den 1950er Jahren stark zurückgegangen, allerdings nicht auf das Niveau, das Fourastié vorausgesagt hat. Gründe hierfür liegen in den extrem hohen Exporten Deutschlands.
  3. Die Fehlprognose Fourastiés besagt, dass der tertiäre Sektor immer einen enorm hohen Bildungsanspruch an die Arbeitnehmer stellen würde. Dies ist allerdings nicht der Fall. Da der tertiäre Sektor oft mit dem Dienstleistungssektor gleichgesetzt wird, zählen zu ihm auch Berufe wie Schuhputzer, Straßenkehrer, Liftboys. Die Theorie des enorm hohen Bildungsniveaus, das erreicht werden muss, um im Dienstleistungssektor arbeiten zu können, ist mit diesen Berufen ebenfalls widerlegt.
  4. Fehlprognose: Die von Fourastié prophezeite Einkommensangleichung auf hohem Niveau ist nicht eingetreten, eher ist eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten: die Ungleichheit der Einkommensverteilung nimmt in den meisten der OECD-Staaten eher immer stärker zu.

Fourastié beschrieb den tertiären Sektor - der in der Regel mit dem Dienstleistungssektor gleichgesetzt wird - als Produktionssektor mit geringem oder gar keinem technischen Fortschritt und somit allenfalls geringen Steigerungen der Arbeitsproduktivität. Die Zuordnung des Dienstleistungssektors zu diesem tertiären Sektor ist heute nur noch in wenigen Bereichen haltbar. Unter anderem wird daher die Einfügung eines vierten Sektors Informationssektor propagiert und eine Entwicklung zur Informationsgesellschaft statt zur Dienstleistungsgesellschaft prognostiziert.

Literatur

  • Bernhard Schäfers: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland. Lucius und Lucius, Stuttgart 7. Auflage 2002
  • Rainer Geißler: Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft. In: Informationen zur politischen Bildung. Nr. 269: Sozialer Wandel in Deutschland/2000, S. 19f.
  • Jean Fourastié: Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts. Köln-Deutz 1954
  • Hans Joachim Pohl: Kritik der Drei-Sektoren-Theorie. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Heft 4/Jg. 03/1970, S. 313-325
  • Uwe Staroske: Die Drei-Sektoren-Hypothese: Darstellung und kritische Würdigung aus heutiger Sicht. Roderer Verlag, Regensburg 1995

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