Sexen

Sexen

Als Sexen (lat. sexus ‚Geschlecht‘) bezeichnet man allgemein die Bestimmung und Segregation von Tieren oder Spermien anhand des Geschlechts in der Tierzucht und Tierproduktion. In der Tierzucht, z. B. bei Rindern, findet „gesextes“ Sperma Verwendung, um zu gewährleisten, dass nur Tiere mit einem gewünschten Geschlecht gezeugt werden. Bekannt und zum Teil kontrovers diskutiert ist das Sexen bei Küken in Betrieben der Eier- und Geflügelproduktion. Aus wirtschaftlichen Gründen werden infolge der Bestimmung Küken mit nicht gewünschten oder nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen getötet (sogenannte Eintagsküken).

Die in der Milcherzeugung und Mast von anderen Tieren übliche Selektion, jedoch nicht immer Tötung, anhand des Geschlechts fällt normalerweise nicht unter den Begriff Sexen.

Inhaltsverzeichnis

Sexen in der Geflügelproduktion

Verbreitung

übersehener Hahn in Legebatterie

Das Sexen wird in der Eierproduktion durchgeführt, weil nur Hennen Eier legen und daher relevant sind. Da die Zuwachsleistung von für die Eierproduktion gezüchteten Hühnerrassen etwas unter der aus Geflügelmastzüchtungen liegt, werden die Hähnchen nach dem Sexen getötet.[1] Das Töten erfolgt üblicherweise durch Gasvergiftung oder durch Zerschreddern. Bei dem Vergiften mit Gas wird CO2 in Behälter mit einigen hundert Küken eingeleitet. Innerhalb von Sekunden tritt Bewusstlosigkeit ein und der Tod erfolgt, sofern nicht bereits zuvor durch Zerquetschen, innerhalb von wenigen Minuten durch Sauerstoffarmut im Blut. Medizinisch ist dieser Vorgang durch den Bohr- bzw. den Haldane-Effekt charakterisiert. In der Schweiz ist eine Vernichtung, bei der Küken lebendig übereinandergestapelt werden, untersagt, was einem praktischem Verbot der Vernichtungsmethode mit CO2-Vergiftung gleichkommt.[2]

In der Geflügelmast werden sowohl weibliche als auch männliche Jungvögel gemästet. Da gesexte Küken durch die anfallende Handarbeit teurer sind als nicht gesexte, werden in der Hühnermast üblicherweise sogenannte straight-run chicks verwendet, bei denen das Geschlecht nicht bestimmt wird und wo die Geschlechterverteilung ausgeglichen ist. Aufgrund der hohen Kosten werden beispielsweise in den USA nur etwa 27 % der für die Mast bestimmten Hühnerküken gesext. Für die Putenmast gebrütete Küken werden hingegen immer gesext, da hinreichend große Unterschiede zwischen Puten und Putern hinsichtlich Wachstumsraten, Marktreife, Management und Ernährung bestehen, um die höheren Kosten des Sexens betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen.[1][3][4]

Geflügelzüchter sortieren Küken ebenfalls nach Geschlecht und die unerwünschten männlichen bzw. weiblichen Tiere werden getötet, da Zuchtlinien nach Geschlecht getrennt sind (Vater- und Mutterlinien).[1]

Methoden

In produzierenden Betrieben wird bisher ausschließlich per Hand gesext. Das Sexen erfolgt direkt durch den Menschen nach dem Schlüpfen und erfordert einige Übung. Zu unterscheiden sind das sogenannte Kloakensexen und das Federsexen.

Kloakensexen

Beim Kloakensexen wird leichter Druck auf die Kloake ausgeübt, wodurch sie invertiert. Der Penis ist größer, gebogener und knorpliger als die Klitoris. Das Kloakensexen erfordert eine Ausbildung, hohe Fingerfertigkeit und Konzentrationsfähigkeit. Ein erfahrener Sexer kann etwa 2000 Küken pro Stunde bei einer Fehlerquote von 2 % sexen.[1][3]

Federsexen

Das ausschließlich bei Hühnern mögliche Federsexen ist bedingt durch ein einkreuzbares Gen, welches das Wachstum einer Flügelfeder bei männlichen Küken verlangsamt. Die Unterscheidung zwischen Hähnchen und Hühnchen fällt leichter als beim Kloakensexen und ist billiger, da es keine so gut ausgebildeten Sexer erfordert.

Das Gen steht in Verbindung mit einem endogenen Retrovirus. Es wurde festgestellt, dass Hähnchen mit diesem Gen bei heißem Wetter eine gesteigerte Kannibalismusneigung haben.[3][4]

Nachteile beim manuellen Sexen nach dem Schlüpfen ergeben sich durch den hohen Arbeitskosten- und Zeitaufwand sowie Stressbelastung und Verletzungen der Küken. Sexen vor dem Schlüpfen wäre noch aus zwei weiteren Gründen vorteilhafter: Impfungen könnten billiger durchgeführt und das aus ethischen Gründen kritisierte Töten von Küken reduziert werden.[1]

Forschungsansätze

Aufgrund der Nachteile des manuellen Sexens stehen einige Verfahren in der Entwicklung. Nach einem System werden 13 bis 17 Tage nach Eiablage (4 bis 8 Tage vor dem Schlüpfen) Unterschiede in den Östrogenspiegeln in Proben der Allantoisflüssigkeit von männlichen und weiblichen Embryos festgestellt. Nach einer anderen Methode wird direkt nach dem Legen mit einem Kernspintomographen der Embryo lokalisiert und eine Probe entnommen. Ein drittes Verfahren basiert auf dem höheren DNS-Gehalt männlicher Embryonen, welcher durch Raman-Spektroskopie bestimmt werden kann.[4][5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Phelps, P. (2001): Gender identification of chicks prior to hatch. Fiftieth Annual National Breeders Roundtable Proceedings, U.S. Poultry & Egg Association, Tucker, GA.
  2. Tierschutzrecht – Schweiz (mit Kommentar) der Stiftung für das Tier im Recht
  3. a b c Gillespie, J. & Flanders, F. (2009): Modern Livestock and Poultry Production, Cengage Learning.
  4. a b c Ricks, C., Mendu, N., Phelps, P. (2003): The Embryonated Egg: A Practical Target for Genetic Based Advances to Improve Poultry Production, Poultry Science, Vol. 82, pp. 931–938.
  5. Heinrich, H. (2008): Gendiagnostik – Danach kräht kein Hahn In: Die Zeit. 12. Juni 2008, Nr. 25.

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