- Spielmannsepos
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Der Ausdruck Spielmannsdichtung oder Spielmannsepik ist eine traditionelle Bezeichnung für eine kleine Gruppe mittelalterlicher Erzähldichtungen. Soweit man die Entstehung der Texte überhaupt datieren kann, stammen sie aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts.
Es handelt sich dabei um die Werke:
- Herzog Ernst
- König Rother
- Salman und Morolf
- Orendel
- König Oswald
Begriffsklärung
Die frühe Germanistik prägte die Bezeichnung Spielmannsepik, weil man aus dem burleskeren und weniger intellektuellen Geschmack, den diese Abenteuererzählungen im Vergleich zum höfischen Roman aufweisen, schließen zu können glaubte, dass sie von herumziehenden Spielleuten (siehe auch Fahrendes Volk, Vagantendichtung) geschaffen worden seien. Heute vermutet man mit mehr Recht die Dichter in einem ähnlichen schrift- und literaturkundigen Kreis wie auch die Dichter der frühhöfischen Literatur. Der anfechtbare Begriff „Spielmannsepik“ wird weiterhin verwendet, wenn er auch nicht mehr wörtlich genommen werden darf.
Gattungsprägende Merkmale
Charakteristisch für alle diese Erzählungen ist die Vermischung heroischer, historischer und legendärer, derber und höfischer Züge. Beliebte Märchen- und Sagenmotive (Brautwerbung, Entführung, Verkleidung) sind arrangiert mit Lust am Exotischen (Orientabenteuer) und oft drastischer Komik. Dies, die Anonymität der Verfasser und die schmale schriftliche Verbreitung signalisieren, dass es sich um eher unterhaltende und wenig repräsentative Vorlesestoffe für eine weniger gebildete adlige Zuhörerschaft gehandelt hat.
Um die Gattung Spielmannsdichtung unabhängig von dem zweifelhaften Begriff des Spielmannes zu rechtfertigen, wurden verschiedene Kriterien vorgeschlagen, die die so bezeichneten Werke verbinden sollen:
- Entstehungszeit gegen Ende des 12. Jahrhunderts
- Unterhaltungsanspruch auf Basis historischer Begebenheiten, Personen etc.
- Anonymität der Gattung, die Autoren sind in der Regel nicht bekannt
- bevorzugte Motive (Fremdheit, Entführung)
- Vermischung höfischer, legendärer, historischer und heroischer Elemente, zudem häufig Märchen- und Sagenmotive
- Metrik und Reim werden eher frei gehandhabt, Verse unterschiedlich lang, unregelmäßiger Rhythmus
- schwerfällige, gegenständliche Sprache
- häufige Wiederholung einzelner Wendungen
- wenige und einfache sprachlich-stilistische Mittel
Diese Kriterien sind in der Forschung jedoch stark umstritten, da sie konstruiert sind um die 5 bekannten Spielmannsepen unter einem Begriff zu fassen. Kritiker lehnen daher die Gattung im Ganzen ab und betonen starke Unterschiede in den einzelnen Werken, die sich nur schwer vereinheitlichen ließen. Ansonsten spricht man für gewöhnlich von den „sogenannten Spielmannsepen“ oder benutzt Anführungszeichen, um eine Distanz zu dem Begriff auszudrücken.
Literatur
- Michael Curschmann: Spielmannsepik – Wege und Ergebnisse der Forschung 1907–1965, Stuttgart 1968
- Gretel und Wolfgang Hecht: Deutsche Spielmannsdichtung des Mittelalters, Leipzig 1977
- Walter Johannes Schröder: Spielmannsepik, Stuttgart 1967
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