Bahnhofsbuchhandel

Bahnhofsbuchhandel
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Die Bahnhofsbuchhandlung ist als Sonderform des Sortimentbuchhandels im Buchhandel speziell an Bedürfnisse von Reisenden ausgerichtet und in Bahnhöfen oder Flughäfen angesiedelt.

Im Bereich des Pressevertriebs erfährt der Bahnhofsbuchhandel eine Sonderstellung: Im Gegensatz zu anderen Presseverkaufsstellen ist der Bahnhofsbuchhandel nicht gezwungen, Zeitungen und Zeitschriften über den ortsansässigen Pressegrossisten zu beziehen – Presseerzeugnisse kommen direkt von den Verlagen. Der üblicherweise beim Pressegrosso verbleibende Rabattsatz verbleibt beim Bahnhofsbuchhandel. Voraussetzung für die Direktbelieferung mit Presseerzeugnissen ist die Erfüllung einer Reihe von leistungsbezogenen Kriterien (z. B.: erweiterte, tägliche Öffnungszeiten (mind. 90 Stunden pro Woche), besondere Breite des Sortiments (mind. 1000, real bis zu 6000 Titel), Hauptumsatz mit Presseerzeugnissen, anerkanntes Remissionsverarbeitungsverfahren, höhere Ladenmieten usw.), die zwischen den Verlagen und dem Verband Deutscher Bahnhofsbuchhändler 1994 vereinbart und vom Bundeskartellamt zugelassen wurden.

Nach Erkenntnissen der Deutschen Bahn AG führen 96 Prozent der Reisenden etwas zu lesen mit sich. Jede zehnte Zeitung bzw. Zeitschrift in Deutschland wird über den Bahnhofsbuchhandel verkauft, besonders viel Special Interest-Titel (wie Populärwissenschaft, Hobby etc.). Für ausländische Presseerzeugnisse stellt der Bahnhofsbuchhandel mit Abstand die wichtigste Absatzquelle dar. Neben Zeitschriften und Zeitungen wird das Angebot im Bahnhofsbuchhandel von Taschenbüchern beherrscht. Der Bahnhofsbuchhandel war es, der das Taschenbuch in den 50er Jahren „buchhandelsfähig“ machte.

Inhaltsverzeichnis

Kulturgeschichte der Bahnhofsbuchhandlung

Im 19. Jahrhundert gab es in der Medizin Auseinandersetzungen darum, ob Lesen in der Bahn gesundheitsschädlich sei. So fragte etwa 1863 das Bulletin der Pariser Gesellschaft für Medizin: „Führt das Lesen in Zügen zur Geisteskrankheit?“. Hiervon ließen sich die Reisenden offenbar nicht abhalten. Pioniere des Buchverkaufs in Bahnhöfen waren Smith in London und Hachette in Paris (dort gibt es 2005 auch einfach Buchautomaten).

Geschichte der Bahnhofsbuchhandlung in Deutschland

In Deutschland sind für das Jahr 1846 Zeitschriftenhändler noch ohne Ladengeschäft für den Breslauer Bahnhof verbürgt. 1854 eröffnete der Universitätsbuchhändler Carl Schmitt ein Geschäft für „Reiseliteralien“ im Heidelberger Hauptbahnhof. 1871 gab es bereits 12 Bahnhofsbuchhandlungen im Deutschen Reich. Um 1900 betrieben 50 Unternehmen bereits an 200 Bahnhöfen Bahnhofsbuchhandlungen, wobei nicht alle über ein eigenes Ladengeschäft verfügten (Verkaufswagen oder ausklappbare Stände).

1905 wurde in Leipzig der Verband Deutscher Bahnhofsbuchhändler gegründet. 1938 waren 125 Buchhändler mit 900 Verkaufsstellen beim Verband registriert. Die Unternehmen waren, wie das ehemals von Georg Stilke geführte, arisiert.

1947 wurde der Verband Deutscher Bahnhofsbuchhändler neu gegründet und Georg Stilke übernahm, nachdem er in sein Unternehmen zurückgekehrt war, dessen Vorsitz. Der Kölner Unternehmer Gerhard Ludwig war mit insgesamt 14 Buchhandlungen, sowie der ersten Taschenbuchbuchhandlung und seiner Werbemethode mit den Kölner Mittwochgesprächen ein bedeutender Vertreter dieses Unternehmenszweiges.

Der Aufschwung der Bahnhofsbuchhandlungen endete in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Bedingt durch mangelnde Investitionen der Deutschen Bundesbahn in ihre Bahnhöfe verfielen diese zunehmend. Die Buchhandlungen reagierten hierauf mit einer Vergrößerung des Zeitschriftenangebots zu Lasten der Literatur. 1985 gab es 120 Buchhändler mit 1.000 Verkaufsstellen. Die Bahnhofssanierungen der Deutschen Bahn AG in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ließen die Bahnhofsbuchhandlungen wachsen und wieder vermehrt Literatur anbieten. Durch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten und renovierungsbedingte, höhere Mietforderungen der Bahn einerseits und einen Rückgang der Bahnkunden andererseits gab es zwischen 2001 und 2003 durch sinkende Umsätze eine Marktbereinigung. Ende 2007 zählt der Verband Deutscher Bahnhofsbuchhandlungen 45 Mitglieder mit 400 Verkaufsstellen. Ein Viertel des Marktsegments beherrscht die börsennotierte Schweizer Firma Valora. Es folgen Karl Schmitt, HDS Retail und Dr. Adam-Claus Eckert, (letzterer u. a. mit der 2006 60-jährigen Kette Gerhard Ludwig; vgl. Börsenblatt online, 13. Juni 2006).

Kulturelle Bedeutung der Bahnhofsbuchhandlung in Deutschland

Von Anfang an boten Bahnhofshandlungen „leichte Literatur“, Reiseführer sowie Zeitungen und Zeitschriften an. Ihre kulturelle Bedeutung lag indes darin, eine (bildungs)bürgerliche Atmosphäre im Bahnhof zu unterstützen. Kulturellen Aufschwung nahmen die Bahnhofsbuchhandlungen mit dem Erscheinen von Taschenbuchreihen, beginnend mit den rororo-Bändchen. In der Gegenwart sind mindestens 70 Prozent der Verkaufsflächen der Bahnhofsbuchhandlungen für Zeitungen und Zeitschriften reserviert.

Literatur

  • Klaus-Wilhelm Bramann, Joachim Merzbach, Roger Münch: Sortiments- und Verlagskunde. München, New Providence, London, Paris 1995, ISBN 3-598-20065-X
  • Peter Brummund: Bahnhofsbuchhandel. Von der Versorgung mit Reiseliteralien zum Premiumhandel für Zeitungen und Zeitschriften. (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung 61) München, New Providence, London, Paris 1995, ISBN 3-598-21327-1
  • Reinhard Wittman: Geschichte des deutschen Buchhandels. 2. Auflage. München 1999, ISBN 3-406-42104-0

Weblinks


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