Stationsgottesdienst

Stationsgottesdienst

Unter einem Stationsgottesdienst versteht man eine spätantik-frühmittelalterliche sowie heutige Form des Gottesdienstes, allgemein an Orten mit römisch katholischer oder ostkirchlicher Bevölkerung verbreitet.

Aus räumlichen (Platzfrage) und organisatorischen (Einheitlichkeit der Kirche einer Stadt) Gründen sammelt sich die Gemeinde einer Stadt, um unter Leitung des Bischofs oder seines Vertreters in der für den Tag festegelegten Stationskirche den Hauptgottesdienst zu feiern. An Bußtagen versammelten sich zusätzlich alle Teilnehmenden vorher in einer Versammlungskirche ("Collectakirche") und zogen von dort in einer Prozession zur Stationskirche. Die Reihenfolge der einzelnen, mitunter über 40 Versammlungsorte (stationes) ist durch die örtliche Stationsordnung festgelegt. Der Stationsgottesdienst (missa stationalis) stellt heute in der römisch-katholischen Kirche die feierliche Form der bischöflich geleiteten Messfeier dar. Die mobile Gottesdienstform lebt auch in sonstigen Prozessionen fort.

Seinen Ursprung hat der Stationsgottesdienst in der Kirche der Stadt Rom. Die kultische Einheit der Stadtkirche - über die Pluralität der gottesdienstlichen Feiern in den verschiedenen Kirchen hinaus - drückte sich im Brauch des Stationsgottesdienstes aus. Die Anfänge dieser Praxis liegen im Dunkeln, sind aber im 7. Jahrhundert als bereits länger geübte Praxis nachweisbar. Auch in Syrien, Armenien, Palästina, Ägypten sowie im gallisch-fränkischen Bereich ist der Stationsgottesdienst bekannt. Das bischofsstädtische „Mehrkirchenschema“, das in dieser liturgischen Organisationsform erkennbar ist, führte in kunsthistorischer Betrachtung seit der Karolingerzeit zur Herausbildung von Kirchenfamilien als Bauprinzip städtischer und klösterlicher Kirchbauten.[1]

Sonderform

In der Diaspora, besonders in dem Gebiet der ehemaligen DDR, werden Versammlungen priesterloser Gemeinden zu Gottesdiensten an unterschiedlichen Orten Stationsgottesdienst genannt.

Literatur

  • Johann Dorn: Stationsgottesdienste in frühmittelalterlichen Bischofsstädten. In: Heinrich M. Gietl (Hrsg.): Festgabe für A. Knöpfler. Freiburg 1917, S. 43-55.
  • John Francis Baldovin: The urban character of Christian worship: the origins, development, and meaning of stational liturgy. Pont. Ist. Orientale, Rom 1987. (Orientalia Christiana analecta, 228)
  • Heinzgerd Brakmann: Synaxis katholiké in Alexandreia. Zur Verbreitung des christlichen Stationsgottesdienstes. In: Jahrbuch für Antike und Christentum. 30 (1987), S. 74-89.
  • Caeremoniale episcoporum ex decreto Sacrosancto Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum, auctoritate Ioannis Pauli PP. II promulgatum. Editio typica. Typis Polyglottis Vaticanis MXMLXXXIV. Caput I: de Missa stationali episcopi dioecesani.
  • Angelus Albert Häussling: Mönchskonvent und Eucharistiefeier. Eine Studie über die Messe in der abendländischen Klosterliturgie des frühen Mittelalters und zur Geschichte der Meßhäufigkeit. Münster 1973, ISBN 3-402-03842-2 (formal falsche ISBN), S. 186-202.

Einzelnachweis

  1. Der Begriff stammt von Edgar Lehmann. Siehe hierzu und zum Ganzen: Angelus Albert Häussling: Mönchskonvent und Eucharistiefeier. Eine Studie über die Messe in der abendländischen Klosterliturgie des frühen Mittelalters und zur Geschichte der Meßhäufigkeit. Münster 1973, ISBN 3-402-03842-2 (formal falsche ISBN), S. 186-202, hier S. 201 Anm. 125.

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