- Studentische Krankenversicherung
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In der Bundesrepublik Deutschland besteht Versicherungspflicht für Studenten. Das bedeutet, um an einer staatlichen Hoch- oder Fachhochschule studieren zu können, muss jeder Studierende eine Versicherung nachweisen können. Der nachfolgende Text befasst sich mit der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten (KVdS), die sich neben dem normalen Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch günstigere Beiträge auszeichnet.
Grundsätzliches
Nachfolgend wird das Sozialgesetzbuch mit der Abkürzung SGB erwähnt.
Rechtsgrundlagen
- gesetzliche Krankenversicherung: § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
- gesetzliche Pflegeversicherung: § 20 Abs. 1 Nr. 9 SGB XI
- gesetzliche Unfallversicherung: § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII
Der Versicherung können Studenten beitreten, die an einer deutschen Fach- oder Hochschule eingeschrieben (immatrikuliert) sind. Unter Einhaltung der Höchststudiendauer kann diese Versicherung bis zum 14. Fachsemester oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres genutzt werden. Eine Verlängerung ist grundsätzlich möglich.
Höchststudiendauer
14 Fachsemester
- nur die Fachsemester eines Studiengangs werden angerechnet
- Urlaubssemester werden nicht berücksichtigt
- Ein Promotionsstudium verlängert die Krankenversicherung der Studenten nicht, da es nicht mehr zur wissenschaftlichen Ausbildung gehört [1]
Vollendung des 30. Lebensjahres
- grundsätzlich bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres
- tatsächliche Beendigung zum Ende des Semesters
- Verlängerungstatbestände können das Ende herauszögern
Verlängerungsmöglichkeiten
- Art der Ausbildung
- familiäre Gründe
- persönliche Gründe
- der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges
Beim Vorliegen einer dieser Gründe ist eine Verlängerung um die in Anspruch genommene Zeit möglich. Der Nachweis der familiären und persönlichen Gründe ist durch geeignete Unterlagen zu führen.
Meldeverfahren bei Studenten
Vor der Einschreibung an der Universität / Fachhochschule
- Entscheidung für eine gesetzliche Krankenkasse oder Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherung der Studenten
- Krankenkasse stellt die Versicherungsbescheinigung zur Vorlage bei der Universität / Fachhochschule aus
- Krankenkasse stellt die Versicherungsbescheinigung für das BAföG-Amt aus
Einschreibung an der Universität / Fachhochschule kann erfolgen
- die Immatrikulationsbescheinigung wird vom Student bei der Krankenkasse eingereicht
- die Krankenkasse führt nun die Krankenversicherung durch - die Anmeldung wird vorgenommen
- der Beitrag wird grundsätzlich für das Semester im Voraus gezahlt (einige Krankenkassen bieten in ihrer Satzung die Möglichkeit einer monatlichen Zahlung bei Teilnahme am Einzugsverfahren)
Die Versicherung bleibt solange bestehen, bis eine Exmatrikulationsbescheinigung vorgelegt wird. Falls die Folgebeiträge (also nach dem 1. Semester) nicht gezahlt werden, erfolgt eine Mahnung. Eine gesetzliche Folge bei Zahlungssäumnis ist, dass die Krankenkasse eine Meldung an die Universität / Fachhochschule gibt, so dass diese den Studenten zwangsweise exmatrikulieren muss.
Vor- und nachrangige Versicherungen
Vorrangige Versicherungen
- Beschäftigte, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V
- Leistungsbezieher nach dem SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Arbeitslosengeld)
- Landwirte, mitarbeitende Familienangehörige, Altenteiler, § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V
- Künstler und Publizisten, § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V
- Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe, § 5 Abs. 1 Nr. 5 SGB V
- Rehabilitanden, § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V
- Behinderte, § 5 Abs. 1 Nr. 7 und 8 SGB V
- Familienversicherung, § 10 SGB V
- mitgliedschaftserhaltender Tatbestand, § 192 SGB V
- Versicherungsanspruch im Ausland, wenn daraus in Deutschland ein Anspruch auf Sachleistungen besteht, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
Nachrangige Versicherungen
- Familienversicherung, wenn der Ehegatte oder ein Kind des Studenten nicht versichert ist, § 5 Abs. 7 SGB V
- freiwillige Versicherung, § 9 SGB V
- Rentenantragsteller, § 189 SGB V
- Versicherung im Ausland, wenn in Deutschland kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
- Sonstige Versicherungspflicht, § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (seit 1. April 2007)
Die Versicherung der Studenten, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, ist der Versicherung der Praktikanten, § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V, vorrangig.
Ausschlußtatbestände
Nicht versicherungspflichtig werden Studenten und Praktikanten, wenn sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, § 5 Abs. 5 SGB V. Dieser Personenkreis ist nicht auf den preisgünstigen Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung angewiesen.
Merkmale für eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit können sein:
- die Anzeige bzw. Genehmigung eines Gewerbes
- die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Betrieb
- der zeitliche Umfang der selbständigen Tätigkeit (mind. 18 Std. wöchentlich)
weitere Ausschlußtatbestände sind krankenversicherungsfreie Personen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V:
- Jahresarbeitsentgeltübergrenzer
- Beamte, Richter, Zeitsoldaten, Berufssoldaten und sonstige Beschäftigte, die Anspruch auf Beihilfe bzw. freie Heilfürsorge haben
- Geistliche
- Lehrer
- Pensionäre
- Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der EG bei Krankheit geschützt sind (EG-Beamte und deren Familienangehörigen)
- Personen, die von der Krankenversicherungspflicht auf Antrag befreit wurden
Der Hintergrund ist, dass jeder, der einmal krankenversicherungsfrei ist, dies auch für die Zukunft bleiben soll. Hier liegt keine Schutzbedürftigkeit vor.
Vorzeitige Kündigung eines privaten Versicherungsvertrages
Studenten und Praktikanten, die bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, können nach § 5 Abs. 9 SGB V ihren Versicherungsvertrag vorzeitig kündigen.
Wird der Vertrag binnen drei Monaten (VVG, Stand 2009, §205(2)) nach Eintritt der Versicherungspflicht gekündigt, so wird der Vertrag rückwirkend beendet. Die Beiträge hat das Versicherungsunternehmen zurückzuerstatten. Der Eintritt der Versicherungspflicht ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Krankenkasse an das Versicherungsunternehmen anzuzeigen.
Wenn die Anzeige der Versicherungspflicht versäumt wird, endet der Vertrag erst zum Ablauf des Monats, in dem die Versicherungspflicht angezeigt wurde.
Befreiung von der Versicherungspflicht
Studenten und Praktikanten können sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 SGB V von der Versicherungspflicht befreien lassen. Für die Befreiung ist kein Nachweis eines anderweitigen Krankenversicherungsschutzes erforderlich.
Die Befreiung ist binnen drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu beantragen. Diese Möglichkeit besteht nur bis zum Ablauf der ersten drei Monate der Versicherungspflicht als Student. Eine Befreiung von der Pflichtversicherung ist auch nach dem Ende der Familienversicherung möglich. Die Familienversicherung ist eine Vorrangsversicherung und drängt die Pflichtversicherung in den Hintergrund. Erst nach Ende der Familienversicherung beginnt die Pflichtversicherung. Dies wird von Sachbearbeitern der Krankenkassen häufig nicht beachtet.
Der Antrag ist bei der Krankenkasse zu stellen, welche bei Eintritt der Versicherungspflicht zuständig gewesen wäre. Wird die Antragsfrist von drei Monaten versäumt, so kommt für die Dauer des Studiums bzw. Praktikums die Befreiung nicht mehr in Betracht. Wird der Antrag genehmigt, gilt die Befreiung für den gesamten versicherungspflichtigen Zeitraum und ist unwiderruflich.
Mitgliedschaft
Die Pflegeversicherung gilt entsprechend der Krankenversicherung.
Beginn der Mitgliedschaft
Bei Hochschulen beginnt das Sommersemester im April und das Wintersemester im Oktober. Bei Fachhochschulen beginnt das Sommersemester im März und das Wintersemester im September.
Die Versicherungspflicht der Studenten beginnt grundsätzlich mit dem Beginn des Semesters. Bei Einschreibung nach Beginn des Semesters beginnt die Versicherung mit dem Tag der Einschreibung (§ 186 Abs. 7 SGB V). Bei Praktikanten beginnt die Versicherungspflicht mit dem Tag der Beschäftigungsaufnahme (§ 186 Abs. 8 SGB V).
Ausnahme: Beim Wegfall von Ausschlusstatbeständen oder Vorrangversicherungen beginnt die Pflichtversicherung der Studenten oder Praktikanten am Folgetag des Wegfalls.
Ende der Mitgliedschaft
Bei Studenten endet die Mitgliedschaft einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben (§ 190 Abs. 9 SGB V). Die Mitgliedschaft von Studenten endet mit Ablauf des 14. Fachsemesters oder mit Vollendung des 30. Lebensjahres (Ausnahme: Verlängerungstatbestände). (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V).
Die Mitgliedschaft von Praktikanten endet mit dem Tag der Aufgabe der Tätigkeit (§ 190 Abs. 1 Nr. 10 SGB V).
Erhalt der Mitgliedschaft
Während des Bezuges von Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld und der Elternzeit besteht die Mitgliedschaft fort (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Auch bei Ableistung des Wehr- bzw. Zivildienstes wird die Mitgliedschaft erhalten (§ 193 Abs. 2 SGB V).
Kassenzuständigkeit
Studenten und Praktikanten haben ein Wahlrecht nach § 173 SGB V:
- Ortskrankenkasse des Wohnorts (AOK)
- jede Ersatzkasse, deren Zuständigkeit sich nach der Satzung auf den Wohnort des Versicherten erstreckt
- die Betriebs- oder Innungskrankenkasse, wenn die Satzung dies vorsieht und der Kassenbezirk den Wohnort des Versicherten einbezieht
- die Krankenkasse, bei der zuletzt eine Mitgliedschaft oder Versicherung nach § 10 SGB V bestand
- die Krankenkasse, bei welcher der Ehegatte versichert ist
Die Studenten können zusätzlich die Ortskrankenkasse oder Ersatzkasse an dem Ort wählen, in dem die Hochschule ihren Sitz hat.
Die Praktikanten können zusätzlich die Orts-, Ersatz-, Innungs- und Betriebskrankenkasse des Beschäftigungsortes wählen. Auch die Innungs- und Betriebskrankenkasse des Betriebs kann der Praktikant wählen.
Versicherungspflicht bzw. -freiheit der Praktikanten
Praktikum ist in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben
Praktikant ist an einer Hochschule eingeschrieben (Zwischenpraktikant) Praktikant ist nicht an einer Hochschule eingeschrieben (Vor- bzw. Nachpraktikant) - mit Arbeitsentgelt Praktikant ist nicht an einer Hochschule eingeschrieben (Vor- bzw. Nachpraktikant) - ohne Arbeitsentgelt Versicherungsfreiheit als Beschäftigter zu allen Sozialversicherungszweigen. Versicherungspflicht als Student. Anspruch auf kostenfreie Familienversicherung besteht nur, solange die dort geltenden Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Versicherungspflicht als Beschäftigter. Die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung finden keine Anwendung.
Versicherungspflicht als Praktikant in der Kranken- und Pflegeversicherung. Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung als zur Berufsausbildung Beschäftigter.
Praktikum ist nicht in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben
Praktikant ist an einer Hochschule eingeschrieben (Zwischenpraktikant) Praktikant ist nicht an einer Hochschule eingeschrieben (Vor- bzw. Nachpraktikant) - mit Arbeitsentgelt Praktikant ist nicht an einer Hochschule eingeschrieben (Vor- bzw. Nachpraktikant) - ohne Arbeitsentgelt Versicherungsfreiheit als Beschäftigter zu allen Sozialversicherungszweigen. Voraussetzung ist, dass der Student nach seinem Erscheinungsbild weiterhin als Student gilt (20-Stunden-Theorie). Versicherungsfreiheit besteht, sofern das Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet (siehe hierzu Minijob). Versicherungspflicht als Beschäftigter. Die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung finden aber Anwendung (siehe hierzu Minijob).
Keine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung Beschäftigter möglich. Auch keine Versicherungspflicht als Praktikant in der Kranken- und Pflegeversicherung möglich.
Beitragsberechnung für Studenten
Ausgangswert
Der Ausgangswert ist ein einheitlicher Betrag, unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen des Studenten. Der fiktive Ausgangswert ist in § 236 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BAföG festgelegt.
Beitragssatz
Der Beitragssatz ist für alle Krankenkassen festgelegt. Er ergibt sich aus sieben Zehnteln des durchschnittlichen Beitragssatzes aller gesetzlichen Krankenkassen (§ 245 Abs. 1 SGB V). Der Beitragssatz für die Krankenkasse wird zum 1. Januar des Jahres vom Bundesministerium für Gesundheit festgelegt und gilt für das nächste Wintersemester.
Zahlen
Gültigkeitsbeginn Ausgangswert KV PV Zusatzbeitrag PV[2] Sonderbeitrag KV Summen (KV/PV) BAföG (KV/PV)[3] 01.07.2009 512,00 € 9,53 % 1,95 % 0,25 % 0,9 % 53,40 € / 11,26 € 50,00 € / 9,00 € 01.01.2009 512,00 € 9,95 % 1,95 % 0,25 % 0,9 % 55,55 € / 11,26 € 50,00 € / 9,00 € 01.10.2008 512,00 € 9,8 %[4] 1,95 % 0,25 % 0,9 % 54,78 € / 11,26 € 50,00 € / 9,00 € 01.07.2008 466,00 € 9,7 % 1,95 % 0,25 % 0,9 % 49,40 € / 10,25 € 47,00 € / 8,00 € 01.10.2007 466,00 € 9,7 %[5] 1,7 % 0,25 % 0,9 % 49,40 € / 9,09 € 47,00 € / 8,00 € 01.10.2005 466,00 € 9,3 %[6] 1,7 % 0,25 % 0,9 % 47,53 € / 9,09 € 47,00 € / 8,00 € 01.07.2005 466,00 € 9,4 % 1,7 % 0,25 % 0,9 % 48,00 € / 9,09 € 47,00 € / 8,00 € 01.01.2005 466,00 € 10,0 % 1,7 % 0,25 % entfällt 46,60 € / 9,09 € 47,00 € / 8,00 € Beitragsberechnung für Praktikanten
Vor- und Nachpraktikanten mit Arbeitsentgelt
Bei einem Arbeitsentgelt unter einem Siebtel des Gesamteinkommens zahlt der Arbeitgeber die Beiträge allein. Darüber hinaus sind Beiträge grundsätzlich paritätisch zu entrichten.
Paritätische Beitragszahlung:
- allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse
- Pflegeversicherung
Keine paritätische Beitragszahlung:
- Zusatzbeitrag für kinderlose zur Pflegeversicherung (seit 1. Januar 2005)
- Sonderbeitrag (seit 1. Juli 2005)
Vor- und Nachpraktikanten ohne Arbeitsentgelt
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung siehe auch Beitragsberechnung für Studenten. Die Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung hat der Arbeitgeber allein zu tragen (§ 162 Nr. 1 SGB VI und § 342 SGB III).
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.03.1993 - 12 RK 45/92 - USK 9318
- ↑ Generell fällt dieser Beitrag für alle versicherten Personen der Jahrgänge ab 1.1.1940 an, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und kinderlos sind.
- ↑ Maximaler monatlicher Zuschuss nach §§ 13a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG.
- ↑ Bekanntmachung des BMG vom 20. Februar 2008
- ↑ Bekanntmachung des BMG vom 28. Februar 2007
- ↑ Bekanntmachung des BMG vom 16. März 2005
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