Stylian (Heiliger)

Der heilige Stylian (gr.: Στυλιανός; bei den Slawen: Стилиан Пафлагонский) lebte zur Zeit des Kaisers Theodosius des Großen (347-395 n. Chr.) in der paphlagonischen Stadt Stefane. Sein Fest in der orthodoxen und der katholischen Kirche^[1] wird am 26. November begangen. Er gilt als Schutzpatron der Kinder und wird angerufen gegen Kinderlosigkeit. Die gr. Hermeneia schreibt vor, ihn auf Ikonen mit dichtem Bart darzustellen; und auf der geöffneten Rolle soll stehen: „Indem ich die Kinder beschütze, bringe ich mich Christus dar“.

Leben

Der Überlieferung nach bekamen seine Eltern, gläubige Christen, nach aufrichtigem Gebet erst nach zwanzigjähriger Ehe einen Sohn, dem sie den Namen Stylian (Stylianos) gaben. Denn er sollte eine Säule des Glaubens und der Kirche werden. Der Name Stylianus wird als „Säule des (römischen Gottes) Janus“ gedeutet. Andere Forscher (Sergij Spaskij) sehen eine Verwechslung bzw. Kontamination mit dem hl. Styliten Alypios (Alypius Cionita), dem am selben Tag gedacht wird. Der Legende nach widmete er sich schon als Kind dem Gebet und der Verehrung der Passion Christi. Als seine Eltern verstarben, erbte er ein großes Vermögen, das er an die Armen, Kranken und Waisen verteilte. Auf diese Art und Weise bewahrte er seinen Reichtum im Himmelreich auf nach den Verheißungen des Evangeliums (Mt 6, 19-21). Er nahm das Mönchgewand an und trat in eines der zahlreichen Klöster Paphlagoniens ein. Dort lebte er sehr tugendhaft und widmete sich dem strengen Fasten und dem Gebet. Wegen seiner großen Christusliebe zeichnete ihn Gott durch Wunderheilungen aus. Diese Heilkraft, die von ihm ausging, wurde schnell in der Umgebung bekannt, und viele suchten Hilfe und Heilung bei ihm. Da er nur Christus dienen wollte, entschied er sich, das Kloster zu verlassen, um in die Wüste als Einsiedler sich ganz Gott zu überlassen. Nach tagelangen Wanderungen fand er am Berg Olgassis in Paphlagonien eine Höhle und entschied sich, dort das Leben eines Asketen zu führen. Sein einziger Wille war, sich Christus zu opfern und wohlgefällig zu sein. Tag und Nacht widmete er sich dem Gebet und der Anbetung des Dreieinigen Gottes. Nach der Tradition brachte ihm ein Engel Gottes seine Nahrung. In einer Offenbarung bekam er von Christus die Gabe, Kranke zu heilen, die an verschiedenen unheilbaren Krankheiten litten, aber besonders heilte er unfruchtbare Frauen. Nach dem Synaxarium von Konstantinopel^[2] riefen ihn die kinderlosen Frauen an und ließen sein Bild malen. Auf diese Art und Weise gab es großen Kindersegen. Der Überlieferung nach erschien ihm Jesus Christus kurz vor seinem Tod und segnete ihn. Der Heilige betete Christus an und legte Fürbitte ein für alle, die seiner gedenken im Namen Christi, Gesundheit des Leibes und der Seele zu bewahren oder geheilt zu werden. Frauen, die ihn anrufen, sollen Kindersegen erlangen. Nachdem Jesus ihm versprach, alle zu erhören, die seinen Namen anrufen, entschied der Heilige und ging in das Reich seines geliebten Herrn ein. Sein Leichnam wurde aufgebahrt und es gab viele Heilungen von Kranken^[3]. Sein Leib blieb lange Zeit unverwest. Das Haupt des heiligen Stylian^[4] wird als wundertätige Reliquie im Dreifaltigkeitskloster Agrapha (Thessalien) verehrt. Sein Fest wird sowohl in der katholischen als auch in der orthodoxen Kirche am 26. November begangen. Am gleichen Tag wird er auch im alten Martyrologium Romanum aufgeführt mit den Worten: „Hadrianopoli in Paphlagonia sancti Styliani anachoretae miraculis clarii“ („Zu Adrianopel in Paphlagonien der heilige wundermächtige Einsiedler Stylian“).

Brauchtum

Der Heilige wird besonders in Griechenland, auf dem Balkan und in Kleinasien verehrt; in den Kalendern der russisch-orthodoxen Kirche wird er als Heiliger erst seit neuster Zeit erwähnt. Mit seinem Namen ist in Griechenland viel Brauchtum verbunden. Als in früheren Zeiten die Kindersterblichkeit sehr hoch war, vergab man den Namen Stylianos, wenn die älteren Geschwister gestorben waren. Im mittelgriechischen Arachova wenden sich die schwangeren Frauen in ihrer schweren Stunde an den Heiligen, um eine leichte Geburt zu erlangen. In der kleinasiatischen Stadt Boúrla in der Nähe von Smyrna wurde eine wundertätige Ikone des heiligen Stylianos verehrt^[5], an die man viele Votivgaben und -kerzen brachte. Besonders Frauen, die ihre Säuglinge verloren hatten, gelobten, ihren Kindern den Namen des Heiligen zu geben, wenn sie wieder eins bekämen. Deswegen verdanken viele Kinder in Griechenland, deren Namen „Stylianos“ oder in der Kurzform „Stelios“ lautet, ihn diesem Brauch. Eine südrussische Ikone des 19. Jahrhunderts, die den Heiligen mit einem Säugling in den Händen haltend vor einer Christusikone auf den Knien betend darstellt, trägt ein Gebet am unteren Rand der Ikone: „Der heilige Stylian betet für die Geburt, um Kindersegen und die Gesundheit ihrer Kinder.“^[6] Bei den pontischen Griechen^[7] gab es folgenden Brauch: Wenn eine Frau mehrere Fehlgeburten hatte, ließ sie eine kleine Ikone des heiligen Stylian anfertigen, hing sie um ihren Hals, damit ihre Schwangerschaft ein glückliches Ende hatte, und nach der Geburt an der Wiege ihres Kindes. Die Ikone des Heiligen wird oft als Hochzeitsgeschenk der Braut gegeben, damit ihre Ehe fest bleibt und mit Kindern gesegnet wird. Viele Kirchen und Kapellen sind diesem Heiligen geweiht, besonders in Griechenland. Auch im rumänischen Bukarest im Stadtteil Lucazi befindet sich eine beeindruckende Kirche des Heiligen. Viele alte schöne Ikonen des Heiligen gibt es im griechischen, bulgarischen, rumänischen aber auch im südukrainischen Raum. Reliquien des Heiligen befinden sich in der Kirche des Heiligen Stylian in Bukarest in Rumänien, im Athoskloster des hl. Paulus sowie im Kloster des hl. Menas auf Zypern. Im Kloster Lymonos auf Lesbos befinden sich weitere Reliquien des Heiligen^[8]. Eine alte Ikone, die sich in der Sammlung Tsakiroglou^[9] in Athen befindet, zeigt die Funktion des Heiligen als Helfer bei Kinderlosigkeit. Auf dieser Ikone wird die Verkündigung der Gottesmutter Maria dargestellt. In einer Ecke wird das Bild des Heiligen hineingebracht. Die wunderbare Empfängnis Jesu Christi wird gleichzeitig mit dem Bild des Heiligen dargestellt, um seine Funktion als Helfer bei Empfängnisschwierigkeiten zu betonen. In der orthodoxen Kirche gehört der hl. Stylian zu den heiligen Heilern. Deswegen wird er auf einer melkitischen Ikone aus dem Ende des 17. Jh. zusammen mit den heiligen Ärzten und Märtyrern Kosmas und Damian abgebildet.

Nachweise

1. ↑ Franz von Sales Doyé: Heilige und Seelige der katholischen Kirche. Bd. II. Leipzig 1925. S. 367
2. ↑ Propylaeum ad Acta Sanctorum Novembris Synaxarium ecclesiae Constantinopolitanae Hippolyte Delehaye Bruxelles 1902, S. 259.260
3. ↑ Stylianos Rikis: Akoulouthia tou hosiou Stylianou tou Paphlagonos. Geschrieben 1570, gedruckt in Venedig 1626
4. ↑ Dr. Stylianos Bakirtzidis: Hosiou kai Theophorou patros hymon Stylianou tou Paphlagonos. Zypern 2001. S. 150
5. ↑ Nikos Milioris: Ta Wourla tes Mikras Asias. Bd. II Laographica. Athen 1965. S. 240-241
6. ↑ Vladimir Ivanov: Das große Buch der russischen Ikonen. Freiburg 1990. S. 177
7. ↑ Tatiana Gritsi-Milliex: He Tripoli tou Pontou. Athen 1981. S. 77
8. ↑ Apostolos Spanos: Moni Lymonos. Athen 2002. S. 92
9. ↑ Agape Karakatsani: Eikones Sylloge Georgiou Tsakiroglou. Athen 1980. S. 153