Sächsische Staatseisenbahnen

Sächsische Staatseisenbahnen

Als Königlich Sächsische Staatseisenbahnen wurden von 1869 bis 1918 die staatseigenen Eisenbahnen in Sachsen bezeichnet. Von 1918 bis zur Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn führten sie die Bezeichnung Sächsische Staatseisenbahnen.

Streckennetz der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen (1902)

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Weg zur Staatsbahn

Nach dem Bau der privat finanzierten Leipzig-Dresdner Eisenbahn 1839 begann sich auch der sächsische Landtag mit dem Eisenbahnbau zu beschäftigen. Schon früh wurde erkannt, dass Bahnlinien nach Bayern, Böhmen und Schlesien nötig waren und eine Nord-Süd-Strecke durch das Königreich verlaufen sollte. Die Finanzierung der Vorhaben lag in den Händen privat finanzierter Eisenbahnkomitees. Der Staat sah sich jedoch veranlasst, die entsprechenden politischen und rechtlichen Weichenstellungen zu schaffen. Am 14. Januar 1841 wurde ein Vertrag mit dem Königreich Bayern und dem Herzogtum Sachsen-Altenburg zum Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Hof geschlossen. Am 22. Juni 1841 gründete sich die Sächsisch-Bayerische Eisenbahn-Compagnie und am 19. September 1842 wurde der Eisenbahnbetrieb zwischen Leipzig und Altenburg eröffnet. Da die Baukosten den geplanten Rahmen sprengten, musste der Staat einspringen und seine vorab gegebene Zusage zur Fertigstellung des Baus auf Staatskosten einlösen. Am 1. April 1847 ging die Bahnstrecke, die bis Reichenbach im Vogtland fertiggestellt war, in Staatsbesitz über.

Gleichzeitig nahm die Königlichen Direction der Sächsisch-Bayerischen Staatseisenbahn in Leipzig ihre Arbeit auf. Durch den Landtag wurden bestimmte Regelungen festgeschrieben. So erhielt das Direktorium entsprechende Befugnisse und war unmittelbar einem Ministerium unterstellt, die Gehaltsliste der Beamten war vom Landtag zu genehmigen, und die Eisenbahn-Tarife genehmigten die Stände. Neben der Finanzierung des Bahnbaus, insbesondere der Göltzschtal- und der Elstertalbrücke, waren Vereinbarungen mit Sachsen-Altenburg und Bayern über die Eigentums- und die Betriebsverhältnisse abzuschließen. Am 15. Juli 1851 wurde die Strecke bis Hof (Saale) vollendet.

Da sich für den Bau der Sächsisch-Böhmischen Eisenbahn von Dresden nach Bodenbach keine akzeptable Privatgesellschaft gefunden hatte, übernahm der Staat selbst diese Aufgabe. Mit Eröffnung des Teilstückes Dresden – Pirna am 1. August 1848 hatte Sachsen seine zweite Staatsbahn, für die die Königliche Direction für Bau und Betrieb der Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn mit Sitz in Dresden eingerichtet wurde.

Mit dem Königreich Preußen wurde am 24. Juli 1843 ein Vertrag zum Bau einer Bahnstrecke von Dresden über Bautzen nach den preußischen Städten Görlitz und Bunzlau abgeschlossen. Damit war es möglich, die wichtige Verbindung nach Breslau herzustellen.

Am 1. September 1847 eröffnete die mit staatlicher Unterstützung fertiggestellte private Sächsisch-Schlesische Eisenbahn die 102 km lange Strecke Dresden – Görlitz. Am 31. Januar 1851 ging diese Gesellschaft in das Eigentum des Staates über. Zeitgleich wurde auch die Betriebsführung der privaten Löbau-Zittauer Eisenbahn-Gesellschaft übernommen. Durch das Zusammenführen der beiden von Dresden ausgehenden Strecken unter einer Leitung sollten Einsparungen erzielt werden. Es wurde die „Königliche Direction der Sächsisch-Böhmischen und Sächsisch-Schlesischen Staatseisenbahnen in Dresden“ gebildet, die ab 14. Dezember 1852 in Königliche Staatseisenbahn-Direction zu Dresden umbenannt wurde.

Am 1. Oktober 1853 wurde die „Königliche Direktion der Chemnitzer-Riesaer Staatseisenbahn“ eingerichtet. Sie hatte die Aufgabe, den Bau der Bahnstrecke Riesa–Chemnitz zu vollenden und den Betrieb durchzuführen. Dies war notwendig geworden, nachdem die private, durch das Land geförderte Chemnitz-Riesaer Eisenbahn-Gesellschaft aufgrund kostspieliger Kunstbauten zwischen Waldheim und Döbeln bankrott gegangen war.

Im Gegensatz zu Preußen wurde in Sachsen nie ein Eisenbahngesetz verabschiedet. Dies bedeutete, dass jedes Eisenbahnvorhaben im Landtag beschlossen werden musste. Trotz der negativen Erfahrungen der Vergangenheit erfolgte in den nächsten zehn Jahren ein verstärkter Bau staatlicher Eisenbahnen. Die Bauarbeiten waren durch die geografischen Schwierigkeiten nicht unproblematisch. Insbesondere der Weiterbau der Strecke zwischen Chemnitz und Riesa sowie die Strecke von Freiberg nach Tharandt waren technisch anspruchsvoll und entsprechend teuer.

Am 15. November 1858 wurde die Strecke von Chemnitz nach Zwickau fertiggestellt. Damit bestand über die bereits 1845 hergestellte Verbindung von Zwickau eine Verbindung von Riesa zur Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn. Aufgrund dessen wurde die Chemnitzer Direktion aufgelöst und die von ihr verwalteten Strecken der Leipziger Direktion übertragen. Diese erhielt die Bezeichnung „Königliche Direktion der westlichen Staatseisenbahn“. Gleichzeitig benannte sich die Dresdener Direktion in „Königliche Direktion der östlichen Staatseisenbahnen“ um.

1862 besaßen die Staatseisenbahnen eine Streckenlänge von 525 km. Neben der Leipzig-Dresdener Eisenbahn, bestanden noch private Kohlebahnen in den sächsischen Steinkohlegebieten Zwickau und Döhlen sowie die Zittau-Reichenberger Eisenbahn. Letztere war jedoch auch zu 11/12 in Staatsbesitz.

Bis 1865 entstanden Verbindungen von Leipzig nach Corbetha und Bitterfeld und damit Anbindungen nach Magdeburg und Berlin sowie die Voigtländische Staatseisenbahn (HerlasgrünEger).

Lokomotiven während der Lokomotivflucht 1866 im Bahnhof Eger

Als ein Einschnitt im Eisenbahnbetrieb erwies sich der Deutsche Krieg von 1866 zwischen Preußen und Österreich. Da Sachsen auf der Seite der Österreicher stand, wurden beim Einmarsch der preußischen Truppen die Lokomotiven nach Hof, Eger und Budapest evakuiert. Im Rahmen der Kriegshandlungen wurden das Ostrauer Viadukt und die Riesaer Elbbrücke zerstört. Im darauffolgenden Friedensvertrag erhielt Preußen die auf seinem Staatsgebiet gelegenen Anlagen der Schlesischen Eisenbahn und den Görlitzer Bahnhof zugesprochen. Auch eine preußische Strecke von Leipzig nach Zeitz musste zugelassen werden.

In den folgenden Jahren wurde das Streckennetz weiter ausgebaut. Es entstanden nunmehr auch Linien ins obere Erzgebirge, nachdem 1858 Schwarzenberg/Erzgeb. Bahnanschluss erhielt, wurden 1866 Annaberg sowie 1872 Weipert angeschlossen. Wichtigster Grund war die Einfuhr von Braunkohle aus dem nordböhmischen Becken. 1869 erfolgte dann schließlich der Lückenschluss zwischen Flöha und Freiberg, so dass die beiden Streckennetze verbunden waren,

Am 1. Juli 1869 wurden deshalb die Leipziger und Dresdener Direktionen aufgelöst und in der neuen „Königlichen Generaldirection der sächsischen Staatseisenbahnen“ – abgekürzt „K. Sächs. Sts. E. B.“ – in Dresden zusammengefasst.

Generaldirektor der Sächsischen Staatseisenbahnen war u.a. der Wirkliche Geheimrat Otto von Tschirschky und Bögendorff, der Schwiegervater des späteren Generals Paul von der Planitz.

Weitere Entwicklung

Die Jahre nach der Reichsgründung von 1871 waren auch in Sachsen von einer großen Zahl privater Eisenbahnbauvorhaben gekennzeichnet. Doch in den meisten Fällen musste der Staat zu Hilfe kommen, um die geplanten Strecken zu vollenden und weiter zu betreiben. Hinzu kamen auch weitere eigenen Baumaßnahmen, um das Streckennetz zu erweitern. Mit dem Eisenbahnbau war es möglich, auch in den Dörfern des Erzgebirges und der Lausitz Industriebetriebe anzusiedeln und die unterentwickelten Gebiete zu fördern. Zum 1. Juli 1876 übernahm der Staat die Leipzig-Dresdener Eisenbahn und vergrößerte damit das Streckennetz um 337,5 km. In der Folge wurden fast alle noch privaten Eisenbahngesellschaften in Sachsen übernommen. um gegenüber einem beabsichtigten Reichseisenbahnprojekt unter preußischer Führung gerüstet zu sein.

Entwicklung des Streckennetzes und des Lokparkes

Da der Bau und Betrieb der Bahnen nicht immer durch die Erträge gedeckt wurde, begann man nach Vereinfachungen zu suchen. Bereits 1865 hatte die Techniker-Versammlung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen Grundsätze für sekundäre Bahnen aufgestellt. Diese wurden 1878 mit der Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung in rechtliche Grundsätze umgesetzt. Die mit diesen darin geregelten Erleichterungen geschaffen Strecken wurden in Sachsen Sekundärbahnen genannt. 26 Strecken mit 453 km wurden ab sofort als Sekundärbahnen betrieben und 1879 ging mit der Leipziger Vorortstrecke Plagwitz-Lindenau–Gaschwitz die erste neugebaute Sekundärbahn in Betrieb.

Da auch die Sekundärbahnen nicht in jedem Falle die gewünschten Einsparungen erbrachten, begann man 1881 mit dem Bau der ersten Schmalspurbahnen. Am 17. Oktober 1881 wurde der Streckenabschnitt zwischen Wilkau und Kirchberg (Sachsen) eröffnet. Bis 1920 erreichten die sächsischen Schmalspurbahnen eine Länge von 519,88 km.

Wichtigste Bahnhofsbauten waren 1891 bis 1901 der Bau des Dresdner Hauptbahnhofes und der 1915 fertiggestellte Leipziger Hauptbahnhof. Beide Baumaßnahmen waren mit weiträumigen Umbauten der Bahnanlagen in den Städten verbunden.

Mit der 1918 erfolgten Abdankung König Friedrich Augusts III. und Umwandlung des Königreiches in einen Freistaat entfiel die Bezeichnung „Königlich“ und die Eisenbahnverwaltung in Sachsen nannte sich „Sächsische Staatseisenbahnen“, abgekürzt „Sächs. Sts. E.B.“. Die Sächsischen Staatseisenbahnen brachten 1920 3370 Kilometer Strecken in die Deutsche Reichsbahn ein.

Streckennetz

Das Streckennetz umfasste zum einen die Nord-Süd-Verbindungen von Leipzig über Plauen nach Hof, von Riesa nach Chemnitz und von Elsterwerda nach Dresden und Schöna sowie die Ost-West-Verbindungen von Plauen über Chemnitz nach Dresden, von Leipzig nach Dresden sowie von Dresden nach Görlitz. Insbesondere das industrialisierte Erzgebirge wurde von mehreren Stichstrecken entlang der Flussläufe erschlossen. Stellenweise überschritten diese Strecken den Erzgebirgskamm und stellten Verbindungen zum böhmischen Streckennetz her.

Eine Übersicht über die einzelnen Strecken ist in der Liste der Eisenbahnstrecken in Sachsen zu finden.

Triebfahrzeuge

Dampflokomotiven

Bei den ersten beschafften Lokomotiven handelte es sich bereits um ausgereifte Typen englischer Produktion. Es handelte sich dabei um Lokomotiven mit zwei gekuppelten Achsen der Bauart B und später um Lokomotiven der Bauart 1B. Auch Lokomotiven der Bauart 1A1 wurden anfänglich beschafft.

Diese Bauarten wurden auf den Hauptstrecken relativ lange eingesetzt, erst ab 1870 kamen da Lokomotiven der Bauart 2'B (VIIIb1) zum Einsatz. Auf den Nebenstrecken und im Rangierdienst waren die B-Kuppler noch länger die bestimmende Bauart. Ab Anfang der 1890er Jahre wurden dann Lokomotiven mit drei gekuppelten Achsen beschafft.

Ab dieser Zeit begann man auch stärker die Lokomotiven an die verschiedenen Einsatzzwecke (Güter- und Personenzüge, beziehungsweise Schnellzüge) anzupassen. Auch die unterschiedlichen Streckenprofile (flach im Norden und Nordosten, gebirgig im Süden und Südwesten) verlangten zunehmend unterschiedliche Konstruktionen. Ab der Jahrhundertwende wurden immer schneller neue Gattungen eingeführt. Auf die 2'C-Lokomotiven folgten Bauarten mit 2'C1' (XVIII H) und 1'D1' (XX HV) im Schnellzugdienst; 1'C1' (XIV HT) im Nahverkehr und 1'D (IX H) und E (IX V und XI HT) im Güterzugdienst.

Die Entwicklung der Schmalspurlokomotiven verlief nicht ganz so zielführend. Nach dem C-Kuppler IK, folgten zwei Konstruktionen die nicht überzeugen konnten. Erst 1892 mit der Entwicklung der B'B'-Lokomotive der Bauart Meyer IVK wurde eine Konstruktion geschaffen, die über Jahrzehnte den Rückgrat des sächsischen Schmalspurlokparkes bildete. Mit der 1918 erschienen VIK wurde die letzte erfolgsversprechende Konstruktion vorgelegt.

Während die private Leipzig-Dresdener-Eisenbahn ihre Lokomotiven von mehreren deutschen Lokomotivhersteller beschaffte, wurden die Lokomotiven der staatlichen Bahnen fast ausschließlich von der in Chemnitz ansässigen Sächsischen Maschinenfabrik entwickelt und geliefert.

Triebwagen

Triebwagen kamen auf den sächsischen Strecken nur in begrenzten Umfang zum Einsatz. Der einzige reguläre und langfristige Einsatz fand mit Elektrotriebwagen auf der Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal statt. Es wurden Versuche mit Dampftriebwagen, Akkutriebwagen und Verbrennungsmotortriebwagen unternommen. Länger eingesetzt wurden drei Dampftriebwagen der Bauart Thomas ab 1883. Zwei 1915 beschaffte dieselelektrische Triebwagen bewährten sich zwar im Einsatz, wurden jedoch nach dem Ersten Weltkrieg in die Schweiz verkauft.

Eine Übersicht über die einzelnen Lokomotivgattungen ist in der Liste der sächsischen Lokomotiven und Triebwagen zu finden.

Wagen

Reisezugwagen

Güterwagen

Neben eigenen Entwicklungen wurden oft auch Konstruktionen preußischer Güterwagen mit wenigen Veränderungen übernommen. Nach der Gründung des Deutschen Staatswagenverbandes im Jahr 1909 wurden die vereinheitlichten Verbandsgüterwagen beschafft, die durch insgesamt 11 Musterblätter definiert wurden. Eine tabellarische Übersicht dazu findet sich im Kapitel über Normalien.

Literatur

  • Arthur von Mayer: Geschichte und Geographie der Deutschen Eisenbahnen., Berlin 1894 (Nachdruck Moers 1984)
  • Fritz Näbrich, Günter Meyer, Reiner Preuß: Lokomotiv-Archiv Sachsen, transpress, Berlin 1984
  • Erich und Reiner Preuß: Sächsische Staatseisenbahnen., transpress, Berlin 1991, ISBN 3344707000
  • Johann Ferdinand Ulbricht: Geschichte der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen., Leipzig 1889, Reprint Leipzig 1989, ISBN 3-7463-0171-8 (Digitalisat der Ausgabe 1889)
  • Manfred Weisbrod: Sachsen-Report Bd. 1 + 2 Sächsische Eisenbahngeschichte., Hermann Merker Verlag, Fürstenfeldbruck 1993+1995, ISBN 392240412X und ISBN 3922404715

Weblinks


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