TCP/IP-Referenzmodell

TCP/IP-Referenzmodell

Die Internetprotokollfamilie ist eine Familie von rund 500 Netzwerkprotokollen, die die Basis für die Netzkommunikation im Internet bilden. Häufig wird auch die Bezeichnung TCP/IP-Protokoll-Familie verwendet, es werden im Internet außerhalb des World Wide Web jedoch noch weitere Transportprotokolle verwendet.

Geschichte und praktische Verwendung des Internetprotokolls sind im Artikel TCP/IP beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

TCP/IP-Referenzmodell

Ungefähr 1970 begann die Entwicklung mit einer Studie der DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), die dem US-Verteidigungsministerium (DoD) untersteht, zur Entwicklung von Protokollen zur Datenkommunikation. Dabei entstand das DoD-Schichtenmodell, in dem die Aufgaben in vier Schichten unterteilt wurden. Dieses Modell ist Grundlage der Internetprotokollfamilie.

Zur Gliederung der Kommunikationsaufgaben werden in Netzwerken funktionale Ebenen, so genannte Schichten (layer), unterschieden. Für die Internetprotokollfamilie ist dabei das TCP/IP-Referenzmodell maßgebend. Es beschreibt den Aufbau und das Zusammenwirken der Netzwerkprotokolle aus der Internet-Protokoll-Familie und gliedert sie in vier aufeinander aufbauende Schichten. TCP/IP steht für Transmission Control Protocol/Internet Protocol.

Das TCP/IP-Referenzmodell ist auf die Internet-Protokolle zugeschnitten, die den Datenaustausch über die Grenzen lokaler Netzwerke hinaus ermöglichen („Internetworking“). Es wird weder der Zugriff auf ein Übertragungsmedium noch die Datenübertragungstechnik definiert. Vielmehr sind die Internet-Protokolle dafür zuständig, Datenpakete über mehrere Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Hops) weiterzuvermitteln und auf dieser Basis Verbindungen zwischen Netzwerkteilnehmern über mehrere Hops herzustellen.

Um Probleme der Netzwerkkommunikation im Allgemeinen zu betrachten, greift man stattdessen auf das ISO/OSI-Referenzmodell zurück. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Benennung der einzelnen Schichten in den Modellen unterscheidet.

TCP/IP-Schicht ≈ OSI-Schicht Beispiel
Anwendungsschicht 5–7 HTTP, FTP, SMTP, POP, Telnet
Transportschicht 4 TCP, UDP, SCTP
Internetschicht 3 IP (IPv4,IPv6)
Netzzugangsschicht 1–2 Ethernet, Token Bus, Token Ring, FDDI

Die einzelnen Schichten erfüllen folgende Funktionen:

Anwendungsschicht
Die Anwendungsschicht (engl.: Application Layer) umfasst alle Protokolle, die mit Anwendungsprogrammen zusammenarbeiten und die Netzwerkinfrastruktur für den Austausch anwendungsspezifischer Daten nutzen.
Transportschicht
Die Transportschicht (engl.: Transport Layer) stellt eine Ende-zu-Ende-Verbindung her. Das wichtigste Protokoll dieser Schicht ist das Transmission Control Protocol (TCP), das Verbindungen zwischen jeweils zwei Netzwerkteilnehmern zum zuverlässigen (nicht „sicheren“, da das Wort „sicher“ im Sinne von fälschungssicher/abhörsicher gebraucht wird) Versenden von Datenströmen herstellt. Es gehören aber auch Datagramm-Protokolle – zum Beispiel das User Datagram Protocol (UDP) – in diese Schicht, bei denen nur die Zustellung an den richtigen Dienst zuverlässig gemacht und keine Verbindung aufgebaut wird.
Internetschicht
Die Internetschicht (engl.: Internet Layer) ist für die Weitervermittlung von Paketen und die Wegewahl (Routing) zuständig. Auf dieser Schicht und den darunterliegenden Schichten werden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen betrachtet. Die Aufgabe dieser Schicht ist es, zu einem empfangenen Paket das nächste Zwischenziel zu ermitteln und das Paket dorthin weiterzuleiten. Kern dieser Schicht ist das Internet Protocol (IP) in der Version 4 oder 6, das einen Paketauslieferungsdienst bereitstellt. Sogenannte Dual-Stacks, wie zum Beispiel in Windows Vista oder Windows Server 2008, können dabei automatisch erkennen, ob sie einen Kommunikationspartner über IPv6 oder IPv4 erreichen können und nutzen vorzugsweise IPv6. Dies ist für entsprechend programmierte Anwendungen transparent. Die Internetschicht entspricht im ISO/OSI-Referenzmodell der Vermittlungsschicht.
Netzzugangsschicht
Die Netzzugangsschicht (engl.: Link Layer) ist im TCP/IP-Referenzmodell spezifiziert, enthält jedoch keine Protokolle der TCP/IP-Familie. Sie ist vielmehr als Platzhalter für verschiedene Techniken zur Datenübertragung von Punkt zu Punkt zu verstehen. Die Internet-Protokolle wurden mit dem Ziel entwickelt, verschiedene Subnetze zusammenzuschließen. Daher kann die Host-an-Netz-Schicht durch Protokolle wie Ethernet, FDDI, PPP (Punkt-zu-Punkt-Verbindung) oder 802.11 (WLAN) ausgefüllt werden. Die Netzzugangsschicht entspricht im ISO/OSI-Referenzmodell der Sicherungs- und Bitübertragungsschicht.

Protokollstapel

Anwendungsschicht (entspricht OSI-Layer 5–7)

  • HTTP – Hypertext Transfer Protocol (WWW)
  • HTTPS – Hypertext Transfer Protocol Secure
  • FTP – File Transfer Protocol – Dateitransfer
  • SMTP – Simple Mail Transfer Protocol – E-Mail-Versand
  • POP3 – Post Office Protocol (Version 3) – E-Mail-Abruf
  • IMAP – Internet Message Access Protocol – Zugriff auf E-Mails
  • Telnet – Unverschlüsseltes Login auf entfernten Rechnern (remote terminal)
  • DNS (Domain Name Service) – Umsetzung zwischen Domainnamen und IP-Adressen
  • SNMP – Simple Network Management Protocol – Verwaltung von Geräten im Netzwerk
  • SSH – Secure Shell (verschlüsseltes remote terminal)
  • IPFIX – Internet Protocol Flow Information Export
  • MBS/IP – Multi-purpose Business Security over IP
  • Z39.50 – Abfrage von Informationssystemen
  • XMPP – Extensible Message and Presence Protocol
  • NDMP – Network Data Management Protocol (ndmp.org, kein IETF RFC)
  • L2TP – Layer 2 Tunneling Protocol
  • NTP – Network Time Protocol

Transportschicht (entspricht OSI-Layer 4)

  • TCP (Transmission Control Protocol) – Übertragung von Datenströmen (verbindungsorientiert, zuverlässig)
  • UDP (User Datagram Protocol) – Übertragung von Datenpaketen (verbindungslos, unzuverlässig, geringer Overhead)
  • SCTP (Stream Control Transmission Protocol) – Transportprotokoll
  • TLS Transport Layer Security oder Secure Socket Layer (SSL) – Erweiterung des TCP mit Verschlüsselung

Internetschicht (entspricht OSI-Layer 3)

  • IP (Internet Protocol) – Datenpaket-Übertragung (verbindungslos)
  • ICMP (Internet Control Message Protocol) – Kontrollnachrichten (zum Beispiel Fehlermeldungen), Teil jeder IP-Implementierung
  • IGRP (Interior Gateway Routing Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern (Distanzvektor) (veraltet – wird ersetzt durch EIGRP)
  • EIGRP (Enhanced Interior Gateway Routing Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern via IP
  • OSPF (Open Shortest Path First) – Informationsaustausch zwischen Routern (Linkzustand) via IP
  • BGP (Border Gateway Protocol) – Informationsaustausch zwischen autonomen Systemen im Internet (Pfadvektor) via TCP
  • RIP (Routing Information Protocol) – Informationsaustausch zwischen Routern (Distanzvektor) via UDP

Netz-Zugangsschicht (entspricht OSI-Layer 1–2)

  • CSMA/CD – Netzwerkstandard IEEE 802.3 – und erste Grafik zu Ethernet
  • WLAN – Netzwerkstandard IEEE 802.11
  • PPP – Point-to-Point Protokoll, RFC 1661
  • TokenBus – Netzwerkstandard IEEE 802.4
  • Token Ring – Netzwerkstandard IEEE 802.5
  • FDDI – Fiber Distributed Data Interface
  • ARP (Address Resolution Protocol) – Adressumsetzung zwischen IP- und Geräteadressen
  • RARP (Reverse Address Resolution Protocol) – Dient der Zuordnung IP-Adressen zu MAC-Adressen (veraltet – wird ersetzt durch BOOTP)

Literatur

  • W. Richard Stevens: TCP/IP ISBN 3-8266-5042-5 (Standardwerk)
  • Andrew S. Tanenbaum: Computernetzwerke ISBN 3-8273-7046-9 (Standardwerk)
  • Manfred Weiss: TCP/IP Handbuch. ISBN 3-7723-5026-7
  • Uyless Black: TCP/IP & Related Protocols ISBN 0-07-005560-2
  • Craig Hunt: TCP/IP ISBN 3-89721-110-6

Weblinks

Siehe auch


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