Take (Musik)

Take (Musik)

In der Tontechnik wird der Ausdruck Take (von engl. „aufnehmen“) für ein vorläufiges Teilstück oder die vorläufige Gesamtaufnahme bei der schrittweisen Aufnahme eines Musikstücks in einem Tonstudio verwendet. Auch in der Filmindustrie ist der Begriff Take für eine Aufnahmesequenz gebräuchlich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorläufige Aufnahmesequenzen gibt es in der Tontechnik erst seit Einführung des Tonbandes. Vorher wurden Musikaufnahmen direkt über ein Schallaufzeichnungsgerät auf eine Schallplatte gepresst und waren deshalb endgültig. Die US-amerikanische Firma Presto Products Company vertrieb solche Geräte ab 1915. Über die Jahre entwickelte sich das Unternehmen gut, denn Abnehmer waren nicht nur Tonstudios, sondern Radiosender und auch private Haushalte. Die erste Werbeanzeige von der Presto Recording Corp. geht auf den 15. Oktober 1934 zurück.

Alle Tonstudios waren mit derartigen Aufzeichnungsgeräten ausgestattet, bis das Tonband durch Erfindung der magnetischen Tonaufzeichnung die Aufnahmetechnik revolutionierte. Ab 1948 waren die ersten serienmäßig hergestellten Tonbandmaschinen (AEG und Ampex) auf dem Markt. Sukzessive begannen die Tonstudios mit der Umrüstung auf die neue Technologie. Sun Records führte die magnetische Tonaufzeichnung im Jahre 1951 ein, 1954 wurden hier die ersten Ampex 350-Tonbandgeräte erworben.

Aufnahmetechnik

Durch die magnetische Tonaufzeichnung besaßen Tonaufnahmen nicht mehr endgültigen Charakter wie beim Presto-Verfahren, sondern konnten beliebig geschnitten (daher der Ausdruck „Cut“), dadurch in eine andere Reihenfolge gebracht, verändert oder (teilweise) gelöscht werden. Weitere technische Verbesserungen waren danach die Einführung der zeitlich verzögerten Aufnahme (sog. Slapback-Technik), die Multitrack-Technik oder das Overdubbing. Das Slapback-Verfahren vermittelte dem Hörer einen Echo-Eindruck, indem Tonsignale knapp über der Wahrnehmungsgrenze einzelner Wiederholungen aufgenommen wurden (ab 30 Millisekunden oder mehr). Das Multitrack-Verfahren ermöglichte die isolierte Aufnahme einzelner Musikinstrumente und erlaubte die Eliminierung nicht gewünschter Tonspuren, ohne dass alle Instrumente nochmals neu aufgenommen werden mussten. Zudem war das Multitracking die Voraussetzung für die ab 1957 genutzten Stereoaufnahmen. Dem Musikproduzenten wurden durch diese technischen Verbesserungen Variablen geboten, die den Aufnahmeaufwand erheblich reduzierten, Qualitätsmängel leichter beseitigen halfen und den Höreindruck von Musikstücken deutlich veränderten. Wenn der Tontechniker ohne Änderung des Ausgangsmaterials abschnittsweise zwischen verschiedenen Takes auf einer einzigen Spur umschalten kann, wird von Take-Comping gesprochen.

In den Tonstudios wurden die verschiedenen Takes dokumentiert, indem aufeinanderfolgend aufgenommene Takes eines Titels zur leichteren Identifikation beim späteren Zusammenfügen durchnummeriert wurden (und werden). So wurde es weltweit in allen Tonstudios zur Gewohnheit, Musikstücke in mehreren Takes aufzunehmen. Ausnahme waren und sind Songs, die in One Take aufgenommen wurden. Der Millionenseller The House of the Rising Sun von den Animals aus dem Jahre 1964 ist ein derartiges Beispiel für eine einzige durchgehende Tonaufnahme. Für Tibor Kneif ist nicht erkennbar, ob der Hinweis auf ein One Take Fehler entschuldigen oder Bewunderung auslösen soll.[1] Das Gegenteil bilden Aufnahmen, die zur Perfektionierung eine hohe Anzahl von Takes erforderten. Bei Good Vibrations von den Beach Boys aus 1966 waren zur Fertigstellung einer groben Musikspur (Backing Track) 26 Takes erforderlich, insgesamt waren über 50 Takes nötig, die in 22 Aufnahmesessions produziert wurden und in sechs Tonstudios von Los Angeles entstanden. Wahre Meister der Take-Nutzung waren die Beatles mit ihrem Produzenten George Martin. Dieser fügte Strawberry Fields Forever im Studio zu einem der komplexesten und kompliziertesten Songs zusammen, die von den Beatles jemals veröffentlicht wurden.[2] Vom 24. November 1966 bis 2. Januar 1967 entstanden 26 Takes, von denen zwei verschiedene Takes zusammengefügt wurden. Take 26 war jedoch schneller und einen Halbton höher eingespielt als das erste und musste deshalb nachträglich im Tempo verlangsamt werden, was auch die Tonhöhe herabsetzt, so dass die Schnittstelle zwischen beiden möglichst nicht wahrnehmbar ist. Diese Schnittstelle befindet sich im Song genau nach einer Minute. Davor wurden noch 5 Sekunden eingeklebt, die aus Take 7 stammen, aus dem auch der Anfang des Songs entnommen wurde. Ein Take kann auch ohne Neuaufnahmen entstehen, wie Strawberry Fields Forever demonstriert. Am 9. Dezember 1966 wurden die Takes 15 und 24 zu Take 25 verschmolzen.[3]

Die Qualität und Inhalte der einzelnen Takes sind einerseits Ergebnis der Arbeit des Tonigenieurs, der mit dem Künstler auf Weisung des Musikproduzenten verschiedene Versionen abspricht, andererseits jedoch auch oftmals die Folge der Tagesform des Künstlers. Häufig dienen Takes auch der gezielten Schaffung von Alternativen, wenn verschiedene Versionen eines Titels abgemischt werden sollen. Als Original-Take wird meistens die zur ersten Veröffentlichung vorgesehene Version bezeichnet. Ein weiterer Take wird auch Alternativ-Take oder Alternate Take genannt. So existiert von Elvis Presleys Doncha' Think It's Time ein Alternate Take #48 - ein Hinweis darauf, dass zur Perfektionierung der Aufnahme knapp 50 Takes erforderlich waren. Die abgebrochene Aufnahme eines Stückes wird als Short Take bezeichnet.

Stehen die für die Endabmischung (Edit) zu verwendenden Takes fest, werden sie beim Edit akustisch harmonisiert und in dieser Form auf einem Master Tape verewigt. Dieses bildet schließlich die Grundlage für die Plattenpressung.

Trivia

Nicht selten tendieren Jazz-Musiker dazu, den ersten Take zu bevorzugen, denn er zeigt häufig ein höheres Maß an Spontaneität und Einfallsreichtum. Ursprünglich offiziell nicht veröffentlichte Takes sind hin und wieder begehrte Sammlerstücke.

Seit einiger Zeit werden zu Promotionzwecken bei vielen Profiaufnahmen künstlich „verunglückte“ Takes produziert, um sie DVDs oder Sonder-Compilations werbewirksam beizugeben.

Literatur

  • Roland Enders: Das Homerecording Handbuch. 3. Auflage, Carstensen Verlag, München, 2003, ISBN 3-910098-25-8

Einzelnachweise

  1. Tibor Kneif, Sachlexikon Rockmusik, 1978, S. 204
  2. Mark Lewisohn, The Beatles Recording Sessions, 1988, S. 87
  3. Mark Lewisohn, a.a.O., S. 90

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