Tamfana

Tamfana
Aufriss des Feldzugs des Germanicus im Jahre 14 n. Chr.

Tamfana (oder fälschlich Tanfana) war laut Tacitus Annales I, 51 eine Göttin der Marser, eines germanischen Volksstammes. Durch den Bericht von Tacitus ist Tamfana der älteste gesicherte Beleg eines Namens einer Germanischen Gottheit.[1]

„Caesar avidas legiones quo latior populatio foret quattuor in cuneos dispertit; quinquaginta milium spatium ferro flammisque pervastat. non sexus, non aetas miserationem attulit: profana simul et sacra et celeberrimum illis gentibus templum quod Tanfanae vocabant solo aequantur.“

„Germanicus ließ eine Strecke von fünzig Meilen mit Feuer und Schwert verwüsten. Kein Altar, kein Geschlecht fand Erbarmen. Profane und heilige Stätten, darunter auch bei jenen Stämmen (der Marsen) hochberühmte Tempel, den sie das Heiligtum der Tamfana nennen, wurde dem Erdboden gleichgemacht“

Walter Baetke, Die Religion der Germanen in Quellenzeugnissen, 1944, Seite 11

Inhaltsverzeichnis

Name und Funktion

Zur unterschiedlichen Lesart des Namens führt Hermann Reichert, bezugnehmend auf die einzig erhaltene handschriftliche Abschrift der Annales an:[2]

„das "m" ist in der Handschrift durch einen Strich über dem "a" abgekürzt; dieser steht in der Handschrift nie für "n", nur für "m". Außerdem ist ta die übliche Abkürzung für "tam". Die Auflösung *Tanfanae* ist daher falsch.“

Lexikon der Altgermanischen Namen, Seite 1220[3]

Nach dem Bericht von Tacitus (Annales I, 50,3) feierten die Marser ein nächtliches ausgelassenes (Opfer)fest mit Bankett und Alkohol („festam eam Germanis noctem ac sollemnibus epulis ludicram“). Anhand der Marschzeiten des Germanicus und der historischen Ereignisse des Jahres 14 mit dem Tod von Augustus, den folgenden Meutereien bestimmter Legionseinheiten in den Provinzen Illyrien und Germania inferior sowie astronomischer Hinweise lässt sich das Datum des Festes taxieren.[4][5] Die ältere Forschung (De Vries und andere) terminierte auf Ende Oktober zum Vollmond als ein Winterfest. Wahrscheinlicher ist jedoch ein Datum Ende September. Das Fest könnte somit entweder mit dem Datum der Herbst-Tagundnachtgleiche zusammenhängen (im Jahre 14 der 24., 25. September) oder ein Erntedankfest gewesen sein. Als Vergleichsbasis führt Rudolf Simek nordgermanische Herbstopfer an, die in dem selben Zeitraum fielen.

Die Göttin wird funktionell unterschiedlich eingeordnet und mit dem Matronenkult des Rheinlandes oder den Disenkulten des wikingerzeitlichen Skandinaviens in Verbindung gebracht.[5] Speziell wird sie in der Sphäre des Agrarkultes vermutet[6] oder in Verbindung mit der Etymons des Namens und Datierung des Festes zur Tagundnachtgleiche als eine Göttin bzw. Herrin der Zeit.[7]

Tempel

Der Göttin war offensichtlich ein Heiligtum lat. templum geweiht.[8] Dieses wird allgemein in den Raum zwischen den Flüssen der Ruhr und der oberen Lippe lokalisiert. Der römische Feldherr Germanicus zerstörte im Jahre 14 n. Chr. im Rahmen eines Feldzuges dieses Heiligtum.[9] Nach Tacitus überraschte das römische Militär eine dort versammelte, vermutlich überwiegend männliche Kultgemeinschaft beim Abhalten von Kultriten, insbesondere der Feier eines Opferfestes mit einem damit verbundenen Gelage.

Religions- und kulturwissenschaftlich ist überdies die Frage nach der besonderen Art des templum relevant, vor allem im Kontext der baulichen Beschaffenheit der germanischen Heiligtümer insgesamt.[10][11] Die Marser bildeten vermutlich mit ihren Nachbarstämmen, wie beispielsweise den Brukterern und den Tenkterer, eine dem antiken Vergleich annähernd geartete Amphiktyonie (Kultgemeinschaft). Daher wird angenommen, dass das marsische Heiligtum als ein zentraler Kultplatz dieser Stämme fungierte, neben anderen kleineren Kultorten, beziehungsweise einen heiligen Hain (lat. lucus). Der Tamfana-„Tempel“ ist jedoch nicht vergleichbar mit der architektonischen Konstruktion römisch-antiker Kultbauten. Allenfalls handelt es sich um einen kultivierten Hain mit einem gegebenenfalls leichten Holzbau für das Idol der Göttin, wie zum Vergleich: der Kultkontext der Göttin Nerthus.[12]

Literatur

Fußnoten

  1. Reichert: S. 276
  2. Anders; Moritz Schönfeld: Wörterbuch der Altgermanischen Personen und Völkernamen. Winter, Heidelberg 1911. S. 220
  3. ebenfalls, Reichert: S. 276, 278
  4. Reichert: S. 276 f.
  5. a b Simek: S. 405
  6. Krüger: S. 368 f.
  7. Reichert: S. 278
  8. Much, Lange, Jankuhn: S. 55, 57
  9. Krüger: S. 284
  10. Maier: S. 90 f.
  11. Simek: S. 406 ff.
  12. Albert Thümmel: Der germanische Tempel. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Bd. 35. Niemyer, Halle/S 1909. S. 118 ff.

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