Tammany Hall

Tammany Hall
Tammany Hall in der West 14th Street, New York City

Tammany Hall war eine politische Organisation in New York, die 1786 als Tammany Society gegründet wurde. Sie war die Organisation der Demokratischen Partei in New York City und kontrollierte über Jahrzehnte hinweg die Politik in New York City. Tammany gab den Immigranten und den Unterschichten in der Stadt eine Stimme, doch zugleich nutzte die Organisation diese Gruppen mit faszinierender Skrupellosigkeit aus, um ihre eigenen politischen Ziele durchzusetzen. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde "Tammany Hall" berühmt berüchtigt, wegen der Skandale und des Missbrauchs städtischer Ressourcen und Posten als Versorgungsmittel für die Klientel der Partei und zur Gewinnung finanzieller Unterstützung. Bis heute gilt Tammany Hall als Synonym für korrupte Parteipolitik (Parteimaschinen), insbesondere in Großstädten.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der Name leitet sich von der Geschäftsstelle der Demokratischen Partei in New York City her, wobei Tamanend (auch Tammany genannt) auf einen Chief der Lenni Lenape und Freund des Gründers von Pennsylvania, William Penn zurück geht.[1] Der Häuptling hatte dem Quäker ein Stück Land verkauft, welches Grundlage der späteren Hauptstadt werden sollte, als Pennsylvania einer der 13 Gründungsstaaten der USA wurde.

Geschichte

Gründung

Die Tammany Society in Philadelphia bestand seit 1772; sie stand für uneingeschränkten Handel und uneingeschränkten Föderalismus und Unabhängigkeit von einer Zentralregierung.

Als George Washington mit der ersten Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten von 1789 erster US-Präsident wurde, gründete William Mooney am 12. Mai in New York City die „Society of St. Tammany“; der Versammlungsort nannte sich Tammany Hall. Die Gesellschaft engagierte sich von Anfang an parteipolitisch und begründete 1811 die „Tammany Hall Party“.

„Von Anfang an ist der Tammany-Hall Partei jedes Mittel recht, um bei Wahlen zu betrügen oder eigene Leute in lukrative Ämter zu hieven. Den Druck moderner Massenbeeinflussung durch Propaganda gibt es damals noch nicht.“

Dagobert Lindlau[2]

Die Tammany Hall stand für Klientelismus und Korruption; ab 1817 begann in den USA eine Reihe von Skandalen; so verschwand z.B. Ruggles Hubart, eigentlich Sheriff von New York, mit 68.000 US-Dollar. Robert Swartwout konnte im Präsidium der „Tammany Society“ bleiben, obwohl er 68.000 US-Dollar unterschlagen hatte.[2]

William Tweed

William Tweed in einer Karikatur von Thomas Nast: „The brains that achieved the Tammany victory at the Rochester Democratic Convention“.

Insbesondere William Tweed bekannte sich offen zu seinen illegalen Aktivitäten. 1852 war Tweed als Demokrat zum Stadtrat gewählt worden, 1853 wurde er für diese Partei Abgeordneter im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten. 1857 wurde Tweed „sachem“ (Sektionschef) der „St. Tammany Society“, 1863 „grand sachem“ (Anführer) und damit zugleich Vorsitzender der Demokratischen Partei in New York. In dieser Position war Tweed die bestimmende Persönlichkeit der New Yorker Politik und wurde 1868 Staatssenator.

In den Jahren seiner politischen Karriere häufte Tweed ein Vermögen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags an. Unter seiner Führerschaft flossen der St. Tammany Society zusätzlich 200 Millionen US-Dollar aus öffentlichen Kassen zu. Dies geschah unter anderem, indem er Kontrollkommissionen einsetzte, welche Bauvorhaben zu genehmigen hatten. So kostete 1858 der Bau des New Yorker „County Court House“, welcher zuerst auf 250.000 US-Dollar veranschlagt worden war, die Stadt zuletzt mehr als 12 Millionen Dollar. Die Summe kam großteils der Tammany Society zugute, deren Mitglieder zudem die am Bau beteiligten Firmen kontrollierten.

Zusätzlich bediente sich Tweed eines breiten Spektrums unlauterer Mittel, um die Macht behalten und sich weiter bereichern zu können. Gegen Bestechungsgelder erhielten Immigranten illegal Bleiberechte. Ferner wurden Beamte und Mandatsträger eingeschüchtert oder ihrerseits bestochen. Zudem kam es in New York zu Wahlfälschungen, welche auf Tweed selbst zurückgingen. Indirekt kontrollierte Tweed auch die Presse, indem er die Zeitungen durch die Vergabe von gut dotierten Inseratenaufträgen der Kommune oder von Mitgliedern der Society gefügig machte.

Tweed wurde wesentlich durch den bekannten Karikaturisten Thomas Nast gestürzt, welcher in der Zeitschrift Harper's Weekly publizierte und in seinen Zeichnungen das System der Korruption und politischen Willkür um Tweed anprangerte.

Nach der Wahl von Ulysses S. Grant zum Präsidenten folgte durch diesen die Ernennung von Edwards Pierrepont zum Bundesstaatsanwalt für den südlichen Bezirk von New York. Dieses Amt übte er bis 1870 aus, um danach als Mitglied des so genannten „Committee of Seventy“ gegen die Korruption in New York um den Parteivorsitzenden William Tweed in der Tammany Hall vorzugehen. 1873 lehnte er das Angebot des Präsidenten ab, als Gesandter nach Russland zu gehen, da aus seiner Sicht der Kampf gegen die Korruption noch nicht abgeschlossen war. Erst 1874 wurde Tweed wegen der massiven Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Parteimaschinen

Karikatur von Thomas Nast zu Tweeds Wahlfälschungen.

Der intensive politische Wettbewerb in den USA des Gilded Age (ca. 1876-1914) führte zu aufwendigen Werbekampagnen und kostenintensiven Wahlkämpfen. Veranstaltungen, Werbematerialien und lange Rededuelle prägten diese politische Zeit. Dies alles wurde ohne feste, verlässliche Parteistrukturen organisiert.

Neben New York entwickelten sich auch in vielen anderen Städten und einzelnen Staaten sogenannte Parteimaschinen. Ziel dieser informellen parteipolitischen Organisationen war es, ausreichend Stimmen für anstehende Wahlen zu gewinnen. Sie setzten dabei auf eine streng hierarische Organisation. An der Spitze stand der boss William Tweed, gefolgt von tenement officers und den einfachen Mitgliedern der machine. Mit Hilfe von teils illegalen Mitteln wie Korruption und Erpressung brachten die Parteimaschinen zunächst Stadtbezirke und Stadtverwaltungen unter Kontrolle. Davon ausgehend strebten sie die Macht in Countys und Bundesstaaten an und hatten schließlich soviel Macht inne, dass sie Parteispenden oder offene Unterstützung mit offiziellen Ämtern, Staatsaufträgen o.ä. honorieren konnten.

Historiker sind bis heute gespaltener Meinung über die Einschätzung von Parteimaschinen. Einerseits förderten die Maschinen, insbesondere die Tammany Hall, illegale Machenschaften wie Korruption, Erpressung und Straßengewalt und wurden damit Vorreiter mafiöser Strukturen in den USA. So wurden zu Wahlkampfzwecken in den 1850er kriminelle irische Banden wie insbesondere die Roach Guards und Dead Rabbits eingesetzt. In den 1920er Jahren in New York City waren es dann deren Nachfolger wie die Eastman Gang. Durch italienische Einwanderungswellen hatte sich das Schwergewicht der Immigranten verschoben und die Five Points Gang wurde in diesem Bereich zur gewalttätigen Stimmengewinnung eingesetzt. In Chicago waren es die z. B. die Ragen’s Colts. Die Banden genossen dadurch politische Protektion für ihre illegalen Aktivitäten; Frank Ragen wurde sogar Polizeichef von Chicago.

Andererseits wurden städtische/kommunale Dienstleistungen organisiert und große Erfolge auf dem Gebiet der Integration von Zuwanderern erzielt. Zudem brachten die Parteimaschinen einige bedeutende Politiker, darunter US-Präsident Franklin D. Roosevelt, hervor.

Literatur

  • Robert Lacey: Little Man: Meyer Lansky and the Gangster Life.. Litle Brown and Company, Boston, ISBN 0-316-51168-4. (S. 56-58 Geschichte der Tammany Hall)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tammany Hall. Auf: u-s-history.com (englisch)
  2. a b Dagobert Lindlau: Der Mob. Recherchen zum organisierten Verbrechen. dtvBKL, München 1989, ISBN 3-455-08659-4, S. 91ff.

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  • Tammany-Hall — /ˌtæməni ˈhɔl/ (say .tamuhnee hawl) adjective employing methods of exerting political influence which are unscrupulous or corrupt. {from the name of a fraternal benevolent society (Tammany Society), a political organisation in New York, founded… …  

  • Tammany Hall — Synonyms and related words: American Party, Anti Monopoly Party, Bull Moose Party, Communist Party, Conservative Party, Constitutional Union Party, Democratic Party, Democratic Republican Party, Farmer Labor Party, Federalist Party, Free Soil… …   Moby Thesaurus

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