- Testamentum porcelli
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Das Testamentum porcelli ist eine lateinische Schrift wohl aus der Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr., die sich scherzhaft als das Testament des Ferkels Marcus Grunnius Corocotta ausgibt.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Dem Text des eigentlichen Testaments voran geht eine kurze Schilderung der Todesumstände des Ferkels: Am 17. Dezember (die XVI kal. Lucerninas, dem Saturnalientag) unter dem Konsulat des Clibanatus (»der in der Pfanne Gebratene«) und des Piperatus (»der Gepfefferte«) wird das Ferkel Marcus Grunnius Corocotta von dem Koch Magirus (griech. μάγειρος = Koch) mit der Tatsache konfrontiert, dass er es an diesem Tag ums Leben bringen werde. Corocotta bittet um sein Leben, doch der Koch befiehlt dem Küchenjungen, das Messer zu holen. Das Ferkel wird von den Küchengehilfen ergriffen und abgeführt. Da der Tod also unabwendbar ist, bittet Corocotta um eine Stunde Aufschub, um sein Testament diktieren zu können, da er selbst des Schreibens unkundig sei. Er ruft auch seine Eltern zu sich, um ihnen seine Futterration zu vermachen.
Das Testament listet im einzelnen folgende Vermächtnisse und Legate auf:
- dem Vater Verrinus Lardinus 30 Eimer Eicheln,
- der Mutter Veturina, der Zuchtsau, 40 Eimer lakonischen Weizen
- der Schwester Quirina 30 Eimer Gerste
Von seinen Körperteilen vermacht Corocotta
- den Schustern die Borsten
- den Streithähnen die Hauer
- den Tauben die Ohren
- den Juristen und Schwätzern die Zunge
- den Wurstköchen die Därme
- den Pastetenmachern die Schinken
- den Frauen die Lenden
- den Knaben die Blase
- den Mädchen den Schwanz
- den Päderasten das Fleisch
- den Läufern und Jägern die Fußgelenke
- den Räubern die Klauen
Dem Koch hinterlässt er seinen Futternapf und den Stampfer, die er von Theveste (in Numidien) bis Tergeste (in Istrien) mit sich getragen habe; der solle sie sich an einem Strick um den Hals hängen.
Für sein Grabmal bestimmt er die folgende Inschrift in goldenen Lettern: »M. Grunnius Corocotta, das Ferkel, lebte 999 ½ Jahre; und hätte er noch ein halbes Jahr gelebt, hätte er die Tausend voll gemacht«.
Von seinen Freunden und Gefährten verabschiedet er sich mit der Bitte, mit seinem Körper gut umzugehen und ihn mit guten Gewürzen und Honig zu würzen, auf dass sein Name auf ewig gerühmt werde.
Unterzeichnet ist das Testament von den vorgeschriebenen sieben Zeugen: Lardio, Ofellicus, Cyminatus, Lucanicus, Tergillus, Celsinus und Nuptialicus.
Literaturgeschichtliche Einordnung
Schon die Datierung auf den 17. Dezember weist die Schrift als Saturnalienscherz aus. Denkbar ist eine Verlesung vor dem Anschneiden des Schweinebratens beim Festmahl. Der Kirchenvater Hieronymus erwähnt das Testament in der Vorrede zum 12. Buch seines Jesaia-Kommentars als Beispiel für die unterste Stufe der Unterhaltungsliteratur, als deren Gegenpol er den Timaios des Platon nennt. Als typisches Publikum nennt er die Schuljugend. In diesen Kreisen dürfte die Schrift auch entstanden sein. Mit seiner Anspielung setzt Hieronymus die Bekanntschaft zumindest eines großen Teils seiner Leser mit der Schrift voraus, was für eine gewisse Aktualität, die eine Datierung in die 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. nahelegt, und eine weite Verbreitung spricht. Die Verbreitung wird auch durch die für einen so belanglosen Text verhältnismäßig große Zahl erhaltener Handschriften bestätigt; vergleichbar ist sie mit der Verbreitung der »Richtlinien zum Aufstellen von Dienst-Weihnachtsbäumen«, die alljährlich termingerecht in den deutschen Amtsstuben weitergereicht werden.
Ausgaben des Textes
- Moriz Haupt, Opuscula Bd. II, Berlin 1866, S. 175-183 (zuerst Vorlesungsverzeichnis Berlin SS 1860).
- Franz Bücheler, Petronii Saturae, 6. Aufl., hrsg. von Wilhelm Heraeus, Berlin 1922, S. 346-347.
Literatur
- L. Hermann, in: Studi Paoli, 1956, S. 385-391
- Peter Lebrecht Schmidt, in: Handbuch der lateinischen Literatur der Antike, Bd. 5, München 1989, S. 257, § 550.2.
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