- The Tavistock Institute
-
Das Tavistock Institute of Human Relations (TIHR) ist eine Non-Profit-Organisation, die sich mit sozialwissenschaftlicher Forschung befasst und 1947 als Ableger der Tavistock Clinic gegründet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Während des Zweiten Weltkrieges dienten viele der hauptberuflichen Mitarbeiter der Tavistock Clinic als psychiatrische Spezialisten in der Armee. Die im War Propaganda Bureau (Wellington House) ansässige Organisation entwarf Propagandakonzepte und verbreitete sie.
Diese interdisziplinäre Gruppe gründete 1947 das Tavistock Institute of Human Relations und wandte sich Fragen der Organisationsentwicklung und des sozialen Wandels zu.
Das Tavistock Institute betreibt heute Forschungen und Konsultationen im Bereich Sozialwissenschaften und angewandte Psychologie für die Europäische Union, verschiedene Abteilungen der britischen Regierung und private Auftraggeber. Das Institut verfügt über einen eigenen Verlag und ist Eigentümer und Herausgeber von Human Relations, einem internationalen Journal für Sozialwissenschaften.
Tätigkeit und Forschungsschwerpunkte
Ab 1949 wurden vom Tavistock-Institut im englischen Steinkohlenbergbau Studien über die „Auswirkungen der Mechanisierung und Arbeitsteilungen im Bergbau“ durchgeführt.[1] Die dabei angewandte Forschungsmethode wurde als Tavistock-Ansatz bekannt.
Mit zwei industriesoziologischen Untersuchungen über die Arbeitsorganisation in britischen Kohlebergwerken und indischen Textilfabriken trugen sie zur Entwicklung der Organisationssoziologie bei. Die Forscher benutzten als theoretisches Bezugssystem den sogenannten sozio-technischen Ansatz, der besagt, dass es bei der Strukturierung von Arbeitsorganisationen eine organizational choice (engl. für ‚organisatorische Wahl‘) gäbe, bei der technische und soziale Anforderungen in verschiedener Weise kombiniert werden können. Eine Optimierung im Gesamtsystem gelinge nur bei Suboptimierung in den beiden Teilsystemen (technisches und soziales Subsystem).[2]
Diese Erkenntnisse waren prägend für die Methode der Organisationsentwicklung. Sie wird bei der Planung und Umsetzung vieler Veränderungsprozesse in Organisationen angewendet.
Bekannte Mitarbeiter
- Eine Schlüsselfigur in der Geschichte von Tavistock war Brigadegeneral Dr. John Rawlings-Rees, Autor von The Shaping of Psychiatry by War (‚Die Veränderung der Psychiatrie durch den Krieg‘). Er war vor dem Zweiten Weltkrieg medizinischer Direktor der Tavistock Clinic.
- Die Psychoanalytiker Wilfred Bion und S. H. Foulkes (beide frühe Vorkämpfer der Gruppenanalyse), entwickelten neue Methoden zur Auswahl von Offizieren, indem sie eine sogenannte führerlose Gruppe als eine Möglichkeit beobachteten, in welcher Männer Verantwortung für andere übernehmen könnten, und zwar eher abhängig von ihrer Vortätigkeit, als nur einfaches Befehle geben (siehe auch Gruppendynamik). Dies führte zur Verringerung der Anzahl der zurückgewiesenen Bewerber.
- Ronald D. Laing diente in der Psychiatrie-Einheit der britischen Armee (British Army Psychiatric Unit).
- Eric Trist (1903–1993) war Sozialpsychologe und wichtigster Exponent des Tavistock-Ansatzes.[1]
Siehe auch
Literatur
- F. E. Emery, E. L. Trist: Socio-technical Systems. In: F. E. Emery (Hrsg.): Systems Thinking. Penguin Books, Harmondsworth 1969.
- Eric L. Trist et al.: Organizational Choice. Tavistock, London 1963.
- Eric L. Trist et al.: The Social Engagement of Social Science: A Tavistock Anthology: The Socio-Ecological Perspective (Tavistock Anthology). University of Pennsylvania, May 1997. ISBN 0-8122-8194-2
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Derek S. Pugh, David J. Hickson (ed): Eric Trist and the Work of the Tavistock Institute In: Writers on Organizations., Fifths Edition, Penguin Books, London 1996, S. 177–184.
- ↑ Jörg Sydow: Der soziotechnische Ansatz der Arbeits- und Organisationsgestaltung. Darstellung, Kritik und Weiterentwicklung. Campus, Frankfurt Main 1985 sowie Gertraude Mikl-Horke: Industrie- und Arbeitssoziologie. Oldenbourg, München/Wien 1995, S. 143ff.
Kategorien:- Sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut
- Organisation (Vereinigtes Königreich)
Wikimedia Foundation.