Theodor Opitz

Theodor Opitz

Theodor Opitz (* 22. November 1820 in Fürstenstein, Schlesien; † 28. November 1896 in Liestal, Schweiz) war ein deutscher Publizist aus Schlesien, der durch Studien zur Geschichte der Französischen Revolution hervortrat, bei der 1848er Revolution in Deutschland aktiv war und nach dem polnischen Januaraufstand 1863 aus politischen Gründen aus Schlesien in die Schweiz floh, wo er als Journalist und Übersetzer tätig war.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Geburtsort Schloss Fürstenstein um 1860

Opitz wurde 1820 auf Fürstenstein in Schlesien als Sohn des Ernst Opitz und seiner Frau Luise, geb. Seiler, in eine Familie geboren, die seit Generationen in Diensten der Reichsgrafen von Hochberg — seit 1848 Fürsten von Pless — stand. Sein Bruder Adolph wurde Kreisrichter, sein Bruder Ewald und seine Schwester Luise blieben, wie ihre Vorfahren, in Fürstendiensten.

Theodor Opitz besuchte ein humanistisches Gymnasium und absolvierte ein Studium, vermutlich in Breslau, um anschließend als Hauslehrer tätig zu werden. Als Student und zumindest bis Ende der 1840er Jahre orientierte er sich an der damaligen intellektuellen Avantgarde der Junghegelianer, vor allem an Bruno Bauer, mit dem er bis zu dessen Tod 1882 in regem brieflichen Austausch blieb.[1]

Nachdem im Oktober 1844 Max Stirners Buch Der Einzige und sein Eigentum herausgekommen war, entspann sich in der Trier'schen Zeitung eine längere Kontroverse, die unter anderem Stirners Kritik an Bruno Bauer betraf. Hier trat Opitz, zumal Bauer selbst sich nicht beteiligte, als Korrespondent „T.O., aus Oberschlesien“ für dessen Ideen ein.[2] Schon vorher war er mit Kritiken an Marx und Engels, als diese noch Anhänger Feuerbachs waren, hervorgetreten.[3]

Opitz war ein Verehrer Georg Büchners und engagierter Verfechter der Ziele der Revolution von 1848/49. Er blieb dies, den Zeitströmungen zum Trotz, bis zu seinem Tode, so dass sein Freund, der Schweizer Dichter Joseph Victor Widmann, in seinem Nachruf auf ihn sagte, es sei „schade gewesen, dass Opitz so starr und unbeugsam auf dem Standpunkt der 1848er Freiheitssänger und Freiheitsdränger verharrt habe und das Grosse nicht sehen wollte, das unterdessen in Deutschland geschaffen worden sei.“[4] Opitz ging nach dem Scheitern der Revolutionen von 1848 nach Krakau, in das Zentrum des wieder erstarkenden Polentums. Nachdem unter den politischen Verhältnissen nach 1848 auch die großen philosophischen Ideen des Vormärz nicht mehr aktuell waren — der sozialistischen Bewegung wollte Opitz sich nicht anschliessen — verlegte er sich aufs Literarische: es entstanden seine Übertragungen von Dichtungen von Puschkin, Lermontow und Petöfi, für die er grosses Lob empfing, so etwa von Joseph von Eichendorff, Adalbert Stifter und Gottfried Keller.

Im Jahre 1863, kurz nach dem polnischen Januaraufstand, verließ er Krakau, vermutlich aus politischen Gründen, und ließ sich in der Schweiz nieder. Für einige Jahre war er Redakteur der in Zürich erscheinenden Polenzeitung Der weisse Aar. Anschließend nahm er seinen dauerhaften Wohnsitz in Liestal bei Basel und wurde Redakteur beim Basler Volksfreund, aus dem später die Basler Nationalzeitung hervorging. Kurzzeitig fasste er den Plan, an der Basler Universität Vorlesungen zu halten, gab ihn aber auf Anraten von Jacob Burckhardt wieder auf.[5] In dieser Zeit kam es auch zu einem erneuten brieflichen Kontakt mit dem dort lehrenden Professor Friedrich Nietzsche, der ihm in warmen Worten für sein wiederholtes „Zeichen sympathischen Einverständnisses“ dankte.[6] Opitz war einer der ersten Verehrer Nietzsches gewesen und hatte ihm bereits anlässlich dessen Geburt der Tragödie geschrieben und von Nietzsche ein gewidmetes Photo erhalten. Eingedenk des Interesses, das der junge Nietzsche an der vormärzlichen Philosophie hatte,[7] und aufgrund seiner mehrfach geäusserten Hochschätzung für Bruno Bauer, wurde gelegentlich vermutet, dass er und Opitz sich während seiner Basler Zeit getroffen haben könnten. Einen Beleg dafür gibt es jedoch bisher nicht.

Opitz lebte von 1873 bis zu seinem Tode 1896 in Liestal, die letzten Jahre in grosser materieller Not, die er aber auch vor seinen engen Freunden zu verbergen wusste. Schliesslich starb er, wenige Wochen nach einem Selbstmordversuch, am 28. November 1896. Sein Nachlass wird im Liestaler Dichtermuseum bewahrt.

Nachweise

  1. Überliefert sind laut Tüller, S. 168, 15 Briefe 1874-1882
  2. In den Ausgaben vom 18. August, 10. September, 19. Dezember 1845 und vom 28. März 1846; teilweise nachgedruckt in: Max Stirners „Der Einzige und sein Eigentum“ im Spiegel der zeitgenössischen deutschen Kritik. Eine Textauswahl, hg. v. Kurt W. Fleming, Leipzig 2001
  3. Zusammengefasst in der Broschüre Bruno Bauer und seine Gegner (1846)
  4. Zit. n. Stöcklin, S. 234
  5. Stöcklin, S. 201
  6. Im Brief vom 21. Dezember 1874 schreibt Nietzsche, „dass Sie und ich über irgend etwas sehr Wesentliches einer Meinung sind, und dass wir Beide Recht haben. Darauf nämlich kommt es an, wirklich glauben zu können, dass man mehr Recht hat mit seinen unzeitgemässen Meinungen als die ganze zeit mit ihren zeitgemässen.“
  7. Vgl. Bernd A. Laska: Nietzsches initiale Krise. In: Germanic Notes and Reviews, vol. 33, n. 2, fall/Herbst 2002, pp. 109-133

Schriften

  • Friedrich Hölderlin. In: Wigand's Vierteljahrsschrift, Zweiter Band, Leipzig: Otto Wigand 1844, S. 303-320
  • Bruno Bauer und seine Gegner. Vier kritische Artikel. Breslau: Eduard Trewendt 1846 (eBook)
  • Beiträge zur Geschichte der französischen Revolution.' Leipzig: G. Mayer 1847
  • (Hg.): Die Helden der Masse. Charakteristiken. Grünberg: Weiss 1848
  • (Hg. u. Übers.): Proudhons neueste Schrift. Theoretischer und praktischer Beweis des Sozialismus, oder Revolution durch den Credit. Leipzig: Fernau 1849
  • Robespierres Triumph und Sturz. Ein Beitrag zur Geschichte der französischen Revolution. Leipzig: Costenoble & Remmelmann 1850
  • Nikolaus Lenau. Eine ausführliche Charakteristik des Dichters nach seinen Werken. Leipzig: Costenoble & Remmelmann, 1850
  • (Hg. u. Übers.): Dichtungen von A. Puschkin und M. Lermontow. Berlin: Hofmann & Comp. 1859
  • (Übers.): Alexander Petöfi. Lyrische Gedichte. Pest/Ungarn: Gustav Heckenast 1867
  • Alexander Petöfi. Bern: Haller'sche Verlagsbuchhandlung 1868 (Petöfis Biographie; Prosa, Lyrik)
  • Maria Stuart - Nach den neuesten Forschungen dargestellt - Band I und II. Freiburg/Br.: Herder 1879, 1882
  • Gedichte. Liestal BL/Schweiz: A. Brodbeck 1886
  • (mit Alfred Weinhold): Chrestomathie aus Schriftstellern der sogenannten silbernen Latinität. Leipzig: Teubner 1893
  • Gabriela Jelitto-Piechulik (Hg.): Theodor Opitz (1820–1896). Polenfreund, Historiker, Literat und Übersetzer. Texte und Kontexte. Kommentierte Studienausgabe. Berlin: Trafo Wissenschaftsverlag 2009 ISBN 978-3-89626-727-6

Literatur

  • Justus Stöcklin: Ein Poetennest. Liestal BL/Schweiz 1922 (über Opitz Kap. VII, S. 186-237
  • Otto Kleiber: Magie der Handschrift. Basel: Druck der Nationalzeitung 1962 (enth. Liste der Autographen Opitz')
  • Max Tüller: Vom Opitz-Nachlass zum «Poetenfest». In: Baselbieter Heimatbuch, Band 12, 1973, S. 159-168
  • Franz Heiduk: Eichendorff und Theodor Opitz. In: Aurora. Jahrbuch der Eichendorff-Gesellschaft, Band 50, 1990, S. 165-176
  • Gabriela Jelitto-Piechulik: Theodor Opitz (1820-1896). In: Joachim Bahlcke (Hg.): Schlesische Lebensbilder. Band IX, Insingen: Degener 2007 ISBN 978-3-7686-3506-6
  • Gabriela Jelitto-Piechulik: Frankreich in liberalen Positionsbestimmungen. Der schlesische Literat Theodor Opitz (1820-1896). In: Texte und Kontexte 247 (?)
  • Gabriela Jelitto-Piechulik: „Heil, Schweizer, Euch und Dank!" Der Schlesier Theodor Opitz als Chefredakteur der polnischen Exilzeitschrift „Der weiße Adler“. In: Andrea Rudolph (Hg.): Ein weiter Mantel. Polenbilder in Gesellschaft, Politik und Dichtung. Dettelbach 2002, S. 195-223
  • Gabriela Jelitto-Piechulik: Theodor Opitz (1820-1896) - politisch engagierter Vermittler europäischer Literaturen und freier Schriftsteller. In: Maria Katarzyna Lasatowicz (Hg.): Prace Germanistyczne / Germanistische Werkstatt, Band 2, 2004 (ISSN: 1509-2178), S.

Weblinks

 Wikisource: Theodor Opitz – Quellen und Volltexte

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