- Theorie der permanenten Revolution
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Die Permanente Revolution war eine der maßgebenden Theorien hinter der praktischen Tätigkeit Leo Trotzkis in den Jahren vor der Oktoberrevolution. Nach Kurt Lenk entstand sie im Austausch Trotzkis mit Alexander Parvus. Sie stellt eine Theorie eines Revolutionskonzeptes dar, welches auf sämtliche rückständigen Länder der Welt allgemein übertragbar sein soll. Er verlieh ihr 1905/06 zum ersten Mal eine einheitliche schriftliche Gestalt in seinem Buch "Ergebnisse und Perspektiven". In diesem Traktat analysiert Trotzki die Beschaffenheit des zaristischen Russlands, das Verhältnis der unterschiedlichen Kräfte der bevorstehenden russischen Revolution zueinander, zur allgemeinen Ausprägung der Gesellschaft und unter Berücksichtigung der verschiedenen bürgerlichen Revolutionen seit 1789. Trotzki resümierte, dass die nationale Bourgeoisie im Laufe der kapitalistischen Genesis ihre fortschrittliche Rolle eingebüßt hatte und sah voraus, dass sie in einem rückständigen Land wie dem damaligen Zarenreich, welches vor der Erfüllung der Aufgaben der demokratischen Revolution (Bodenreform, Schaffung der parlamentarischen Demokratie etc.) stand, notwendigerweise eine passive bis konterrevolutionäre Rolle einnehmen würde, wie die Erfahrungen von 1905 und 1917 beweisen.
Seiner Ansicht nach müsste die Arbeiterklasse als einzige konsequent oppositionelle Kraft die Führung übernehmen, und gleichzeitig zunächst den allgemeinen Kampf der Bauernschaft animieren, während die Revolution später ihre Säule auf dem Land in der Dorfarmut finden würde. Die Revolution würde in zwei Phasen ablaufen:
- Die Phase des endgültigen Sieges über die feudalen Strukturen durch eine großangelegte Bodenreform, durch die Bagatellisierung oder soziale Auslöschung des Adels etc. und
- Die Phase der proletarischen Revolution, welche durch die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln, durch die allmähliche Nationalisierung des Bodens, die Monopolisierung des Außenhandels etc. charakterisiert wird.
All dies gilt laut Trotzki allerdings ausschließlich unter der Voraussetzung einer Weltrevolution; würde diese nicht eintreten, wäre jede Revolution unter Führung der Arbeiterklasse zum Scheitern verurteilt.
Literatur
- Tony Cliff: „Umgelenkte permanente Revolution“. In: China und die Revolution in der Dritten Welt. Frankfurt/Main 1971, S. 1-22. (im Internet unter marxists.de)
- Raya Dunayevskaya: Algebra der Revolution. Philosophie der Befreiung von Hegel bis Sartre und von Marx bis Mao. München 1984. ISBN 3-203-50764-1
- Raya Dunayevskaya: Rosa Luxemburg, Frauenbefreiung und Marx’ Theorie der Revolution. Berlin/Hamburg 1998. ISBN 3-88619-245-8
- Michael Löwy, Revolution ohne Grenzen. Die Theorie der permanenten Revolution. Frankfurt/Main 1987. ISBN 3-88332-114-1
- Karl Marx/Friedrich Engels: „Ansprache der Zentralbehörde an den Bund (März 1850)“ in: MEW, Bd. 7. Berlin 1960, S. 244-254. (im Internet unter marxists.org)
- Leo Trotzki: Die permanente Revolution. Fischer 1981, ISBN 3-596-26628-9
- Eric Wegner: „Marxistische Revolutionstheorie in der Arbeiterbewegung der letzten 150 Jahre“. In: Marxismus, Nr. 13 (Revolutionen nach 1945). Wien 1998. ISBN 3-901831-09-6
- Tim Wohlforth: The Theory of Structural Assimilation; a Marxist analysis of the social overturns in Eastern Europe, Yugoslavia and China. New York 1964. (liegt in deutscher Sprache nicht vor)
- Kurt Lenk: Theorien der Revolution; UTB Wilhelm Fink Verlag München 1981. ISBN 3-7705-0795-9 S.182
Weblinks
- Leo Trotzki - Ergebnisse und Perspektiven (1906)
- Leo Trotzki - Die permanente Revolution (1929)
- Tony Cliff - Umgelenkte permanente Revolution (1963)
- David North - Zeugen der Permanenten Revolution - Dokumente zur Entwicklungsgeschichte
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