These von der selektiven Zuwendung

These von der selektiven Zuwendung

Der Nutzen- und Belohnungsansatz (auch Uses and Gratifications Approach, Uses-and-Gratifications-Ansatz oder Theorie der selektiven Zuwendung) ist ein Modell der Mediennutzungsforschung und widerspricht dem Wirkungsansatz des älteren Stimulus-Response-Modells. In Absetzung bzw. Ergänzung der Medienwirkungsforschung untersucht der Ansatz die aktive Rolle der Rezipienten im Umgang mit Massenmedien.

Der Begriff „Uses & Gratifications“ wurde Anfang der 1960er Jahre vom amerikanischen Kommunikationswissenschaftler und Soziologen Elihu Katz geprägt. Dem Rezipienten eine aktive Rolle im Umgang mit Massenmedien zuzuschreiben war für die Kommunikationswissenschaft ein entscheidender Paradigmenwechsel. Der Nutzen- und Belohnungsansatz ist Ausgangspunkt für die Arbeiten des deutschen Kommunikationswissenschaftlers Will Teichert, welcher darauf aufbauend das Kommunikationsmodell des Nutzenansatzes entwickelte.

Ziel des kommunikationstheoretischen Ansatzes ist es, die Mediennutzung der Rezipienten, also der Nutzer, herauszufinden. Dabei wird erstmals die Sicht auf den bewusst handelnden Rezipienten (Benutzer, Empfänger) gelegt. „Wir fragen nicht mehr 'Was machen die Medien mit den Menschen?', sondern 'Was machen die Menschen mit den Medien?'“

Der Rezipient entscheidet aus seiner Interessenslage (Inhalte, Formate, Ästhetik) und aus seiner Bedürfnislage (z. B. Wirklichkeitsflucht, Information, Unterhaltung etc.) heraus, ob und was für ein Medienangebot er nutzt. Die Nutzung eines Mediums richtet sich also nach der Nutzenerwartung und der Bedürfnisbefriedigung des Medienangebots.

Für die Wissenschaft bedeutet dieser Ansatz, dass Medien Funktionen übernehmen können, die abhängig von dem Bedürfnis und der Erwartung der Menschen sind. Diese Bedürfnisse sind bewusst und verbalisierbar und damit empirisch erforschbar. Jedes Medium hat seine Standardgratifikation, die situationsspezifisch in Anspruch genommen wird.

Die Theorie der selektiven Zuwendung besagt, dass sich Menschen eher solchen Medieninhalten zuwenden, die ihrem eigenen Standpunkt nahe stehen. Die Wahl der Tageszeitung richte sich z.B. nach deren vermeintlicher politischer Richtung. Nur dort, wo ein Medieninhalt einen Rezipienten in Folge selektiver Zuwendung überhaupt erreicht, kann folglich eine Medienwirkung eintreten.

Der nächste Schritt ist die selektive Wahrnehmung. Hier würden aus dem ausgewählten Medienangebot eher solche Inhalte wahrgenommen, die zur eigenen Einstellung passen.

Letztlich kommt es zu selektivem Behalten: Zur eigenen Meinung konsistente Inhalte würden eher im Gedächtnis behalten als andere.

Die Folge von selektiver Zuwendung, selektiver Wahrnehmung und selektivem Behalten ist eine Verschiebung des wahrgenommenen Medienbildes in Richtung des eigenen Standpunktes.

Inhaltsverzeichnis

Grundannahmen

  • 1. Das Publikum ist aktiv und stellt Erwartungen an die Massenmedien.
  • 2. Der Rezipient ist die zentrale Figur, da er darüber entscheidet, ob ein Kommunikationsprozess stattfindet.
  • 3. Die Massenmedien konkurrieren mit Alternativen zur Bedürfnisbefriedigung.
  • 4. Die Rezipienten sind dazu fähig, ihre Ziele und Bedürfnisse bei Befragung anzugeben.
  • 5. Die Motive der Rezipienten werden in deren eigenen Kategorien ermittelt, also so, wie sie selbst ihre Nutzung der Massenmedien verstehen.

Weiterentwicklungen

Der Nutzen- und Belohnungsansatz ist weniger eine Theorie als mehr eine Forschungsstrategie. Entsprechende Weiterentwicklungen in Modellen verhelfen dem Ansatz zu einer stärkeren theoretischen Fundierung.

GS/GO

GS = Gratifications Sought; GO = Gratifications Obtained, also gesuchte und erhaltene Gratifikationen. Dieser Ansatz berücksichtigt die in Punkt 3 der Grundannahmen beschriebenen Alternativen. Die erhaltenen Gratifikationen des Mediums einerseits und der Alternative andererseits werden erhoben und mit den gesuchten Gratifikationen abgeglichen. Die größere Passung entscheidet dann über die Zuwendung.


Einbettung der Erwartung mal Wert-Theorie

Die Weiterentwicklung war erforderlich, da sowieso nicht die tatsächlichen, sondern die erwarteten Gratifikationen erhoben wurden. Wird die Erwartung gehegt, dass ein Medium/Programm eine bestimmte Eigenschaft besitzt, hängt die Nutzung dessen von der Bewertung der Eigenschaft ab. Bei positiver Bewertung erfolgt eine Zuwendung, bei negativer eine Abwendung. Somit erklärt dieses Modell auch Medienvermeidungsverhalten.


Literatur

  • Elihu Katz, David Foulkes: On the use of the mass media as ,escape' – Clarification of a concept. (S. 377-388) In: Public Opinion Quarterly, 3/1962
  • Gerhard Maletzke: Kommunikationswissenschaft im Überblick – Grundlagen, Probleme, Perspektiven. (S. 118ff) Westdeutscher Verlag, Opladen 1998
  • Michael Schenk: Medienwirkungsforschung. 3. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2007
  • Will Teichert: Fernsehen als soziales Handeln. (S. 421-439) Rundfunk und Fernsehen 20, (1972)
  • Will Teichert: Fernsehen' als soziales Handeln (2). (S. 356-382) Rundfunk und Fernsehen 23, (1973)
  • Will Teichert: Bedürfnisstruktur und Mediennutzung – Fragestellung und Problematik des "Uses and Gratifications Approach". (Kap. 3-4, S. 269-283) Rundfunk und Fernsehen 23, (1975)
  • Klaus Peter Treumann: Medienkompetenz im digitalen Zeitalter – wie die neuen Medien das Leben und Lernen Erwachsener verändern. Leske und Budrich, Opladen 2002
  • Ines Vogel, Monika Suckfüll, Uli Gleich: Medienhandeln. In: Ulrike Six, Uli Gleich, Roland Gimmer (Hrsg): Kommunikationspsychologie und Medienpsychologie. (S. 335-355) Beltz-PVU, Weinheim 2007
  • Martin Leber: Die Beziehungen zwischen Mediennutzungsverhalten und nicht-medialen Freizeitaktivitäten : Ansätze einer freizeitsoziologischen Weiterung des "Uses-and-gratifications-approach". Europäische Hochschulschriften, Basel 1988

Siehe auch


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