Thomas Freiherr von Fritsch

Thomas Freiherr von Fritsch
Thomas von Fritsch; Gemälde von Anton Graff, 1772.

Thomas Freiherr von Fritsch (getauft 26. September 1700 in Leipzig; † 1. Dezember 1775 in Dresden) war ein sächsischer Staatsmann des 18. Jahrhunderts. Er gilt als der organisatorische Kopf des sogenannten (Sächsischen) Rétablissements, das den Wiederaufbau Kursachsens nach dem Siebenjährigen Krieg einleitete.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und beruflicher Werdegang

Fritsch war der Sohn des bekannten Leipziger Verlagsbuchhändlers Thomas Fritsch. Nach dem Jurastudium in Leipzig und Reisen durch Deutschland, die Niederlande, Frankreich und England trat er 1727 in den kursächsischen Justiz- und Verwaltungsdienst. Aus Unzufriedenheit mit der Politik des Premierministers Graf Brühl schied Fritsch jedoch 1741 aus seinen kursächsischen Ämtern. Kaiser Karl VII. berief ihn 1742 als Reichshofrat nach Frankfurt; Kaiser Franz I. übertrug ihm 1745 das Amt des Reichspfennigmeisters für die ober- und niedersächsischen Reichskreise.

Vermittler im Siebenjährigen Krieg

Von der rücksichtslosen Besetzung Kursachsens durch die preußischen Truppen im Siebenjährigen Krieg war auch Fritsch stark betroffen. Seinen Gütern wurden hohe Kontributionen auferlegt; sein Dresdner Stadthaus ging bei der preußischen Bombardierung Dresdens im Juli 1760 in Flammen auf. In dieser Zeit suchte Fritsch erneut den Kontakt zu König August III. und Premierminister Graf Brühl, die sich während des Krieges nach Warschau zurückgezogen hatten. In Briefen an den Premierminister schilderte Fritsch die Not des Landes und drang auf rasche Maßnahmen, um den völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch Kursachsens abzuwenden. Der König ernannte Fritsch daraufhin im April 1762 von Warschau aus zum Präsidenten einer Restaurierungskommission, die umfassende Gutachten und Empfehlungen für den Wiederaufbau Kursachsens erarbeiten sollte.

Die Restaurierungskommission war vom 30. April 1762 bis zum 5. August 1763 tätig. Sie fertigte insgesamt 34 Gutachten, zu denen noch verschiedene Denkschriften Fritschs traten. Fritsch bewährte sich als Kommissionspräsident derart, dass König und Premierminister ihn auch zum kursächsischen Unterhändler für die mit Preußen zu führenden Friedensverhandlungen ernannten. Als sächsischer Bevollmächtigter unterzeichnete Fritsch am 15. Februar 1763 den Frieden von Hubertusburg.

Wegbereiter des Sächsischen Rétablissements

Johann Eleazar Zeissig, genannt Schenau - Das Kunstgespräch (1777). Thomas von Fritsch (r.) im Gespräch mit Christian Ludwig von Hagedorn (l.). Im Hintergrund v. l. n. r. Adrian Zingg, Schenau selbst und Anton Graff.

Ein dreiviertel Jahr später, am 19. November 1763, erstattete die Restaurierungskommission ihren Abschlussbericht. Die Empfehlungen der Kommission beschränkten sich nicht darauf, die Beseitigung von Kriegsschäden zu ermöglichen. Vielmehr hatte die Kommission eine Art Generalplan erarbeitet, der für die gesamte Außen-, Innen- und Wirtschaftspolitik Sachsens bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts von grundlegender Bedeutung sein sollte. Fritsch wurde noch im gleichen Jahr von Kurfürst Friedrich Christian zum Konferenzminister im Geheimen Konsilium (der höchsten Regierungsbehörde nach dem Kabinett) mit Zuständigkeit für das Departement der Kammer-, Kommerz-, Münz- und Grenzsachen (vergleichbar in etwa einem heutigen Wirtschaftsministerium) ernannt.

Zusammen mit seinen Vertrauten, Friedrich Ludwig Wurmb (1723–1800) und Christian Gotthelf Gutschmid (1721–1798), wurde Fritsch fortan zum Wegbereiter eines umfassenden Wiederaufbauwerks, das von Staats- und Verwaltungsreformen begleitet wurde und als „Sächsisches Rétablissement“ in die Geschichte eingegangen ist. Das Rétablissement führte zu einer raschen Wiederbelebung des Landes und seiner Wirtschaft. Insbesondere folgten die kursächsischen Herrscher dabei auch den außenpolitischen Maximen, die Fritsch 1765 auch in seinem politischen Testament niedergelegt hatte: Um den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung Kursachsens nicht zu gefährden, solle der Kurfürst zumindest vorerst auf die Verbindung mit Polen verzichten. Andernfalls bestehe die Gefahr, aufs Neue in außenpolitische Auseinandersetzungen mit den sächsisch-polnischen Nachbarmächten Österreich und Preußen zu geraten. Im Oktober 1765 erklärte denn auch Administrator Prinz Xaver für den unmündigen Kurfürsten den Verzicht auf die polnische Königskrone, und aus den gleichen Überlegungen heraus lehnte Friedrich August der Gerechte noch 1791 die ihm erneut angetragene polnische Krone ab.

Persönliches

Johanna Sophie von Fritsch; Gemälde von Anton Graff, 1770.

Fritsch heiratete 1728 die aus reicher Leipziger Kaufmannsfamilie stammende Johanna Sophie von Winckler. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. Seit 1729 lebte die Familie hauptsächlich auf dem Rittergut Seerhausen bei Riesa; später erwarb Fritsch noch das Rittergut Zschochau sowie das Gut Mautitz. 1730 wurde Fritsch in den Adels-, 1742 in den Freiherrenstand erhoben. Er starb am 1. Dezember 1775 in Dresden. Schloss und Park Seerhausen verblieben bis 1945 im Besitz der Familie Fritsch. Das Schloss wurde 1949 jedoch gesprengt. Ein Förderverein widmet sich seit 2004 der Sanierung des Schlossparks.

Literatur

  • Carl Frhr. von Beaulieu-Marconnay: Fritsch, Thomas Freiherr von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 110–116.
  • Gerhard Schmidt: Fritsch, Thomas Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, S. 624 f.
  • Horst Schlechte (Hrsg.): Die Staatsreform in Kursachsen 1762–1763. Quellen zum kursächsischen Rétablissement nach dem Siebenjährigen Kriege. Rütten & Loening, Berlin 1958 (Schriftenreihe des Sächsischen Landeshauptarchivs Dresden. Band 5).
  • Karlheinz Blaschke: Thomas von Fritsch (1700–1775). In: Kurt G. A. Jeserich und Helmut Neuhaus (Hrsg.): Persönlichkeiten der Verwaltung. Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648–1945. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1991.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thomas von Fritsch — Thomas von Fritsch; Gemälde von Anton Graff, 1772. Thomas Freiherr von Fritsch (getauft 26. September 1700 in Leipzig; † 1. Dezember 1775 in Dresden) war ein sächsischer Staatsmann des 18. Jahrhunderts. Er gilt als der organisatorische Kopf des… …   Deutsch Wikipedia

  • Jakob Friedrich von Fritsch — (* 22. März 1731 in Dresden; † 13. Januar 1814 in Weimar) war ein sächsischer Staatsmann. Fritsch stammte aus einer freiherrlichen Familie. Er war der älteste Sohn (sechs Geschwister) des Thomas von Fritsch und dessen Ehefrau Johanna Sophie von… …   Deutsch Wikipedia

  • Werner von Fritsch — (1932) Thomas Ludwig Werner Freiherr von Fritsch (* 4. August 1880 in Benrath; † 22. September 1939 bei Praga, Warschau) war ein deutscher Offizier, zuletzt Generaloberst so …   Deutsch Wikipedia

  • Fritsch — ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Familienname Fritsch (auch Fritsche, Fritzsch, Fritzsche), vor allem gefunden in Schlesien und Sachsen, ist in einer Herleitung[1] eine Kurzform zu Friedrich, also ein Patronym. Bekannte… …   Deutsch Wikipedia

  • Rüdiger von Fritsch — Rüdiger Freiherr von Fritsch Rüdiger Freiherr von Fritsch (* 28. Dezember 1953 in Siegen) ist ein deutscher Diplomat und seit 2010 Botschafter Deutschlands in Polen. Inhaltsverzeichnis 1 L …   Deutsch Wikipedia

  • Thomas Fritsch — ist der Name folgender Personen: Thomas Fritsch (Komponist) (1563–1620), deutscher Komponist Thomas Fritsch (Verleger) (1666–1726), deutscher Verlagsbuchhändler Thomas Freiherr von Fritsch (1700–1775), sächsischer Staatsmann Thomas Fritsch… …   Deutsch Wikipedia

  • Thomas Fritsch (Verleger) — Titelblatt und Frontispiz der Neukirch schen Sammlung, 1. Teil 1697 Thomas Fritsch (* 1666; † 10. Dezember 1726), Sohn von Johann Friedrich Fritsch, war einer der wichtigsten Verlagsbuchhändler des frühen 18. Jahrhunderts. Sein Sohn war der… …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Freiherr von Friesen — Richard Freiherr von Friesen, Fotografie um 1870 Richard Freiherr von Friesen (* 9. August 1808 in Thürmsdorf; † 25. Februar 1884 in Dresden) war ein sächsischer Politiker. Leben Friesen, der einer alten Adelsfamilie entstammt, studierte ab 1825… …   Deutsch Wikipedia

  • Manfred Freiherr von Killinger — Manfred von Killinger 1940 Manfred Freiherr von Killinger (* 14. Juli 1886 auf Gut Lindigt bei Nossen; † 2. September 1944 in Bukarest, Suizid) war ein deutscher Marineoffizier, Freikorpsführer, Militärschriftsteller, Reichstagsabgeordneter …   Deutsch Wikipedia

  • Fritsch — Frịtsch,   1) Ahasver, Dichter, Rechtsgelehrter und Hofkanzler, * Mücheln 16. 12. 1629, ✝ Rudolstadt 24. 8. 1701; seit 1651 am Hof des Grafen von Schwarzburg Rudolstadt, seit 1661 als Hof und Justizrat, seit 1687 als Kanzler; war einer der… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”