Tim Thaler

Tim Thaler

Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen ist ein 1962 erschienener Roman des deutschen Autors James Krüss.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Rahmenhandlung

Der Ich-Erzähler Boy (in seinen biografischen Daten identisch mit dem Autor James Krüss) trifft kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Druckerei in Leipzig den erwachsenen Timm Thaler, der ihm an mehreren Abenden die Geschichte seiner Kindheit erzählt. Ein Mann, den Boy im Zug auf seiner Reise nach Leipzig unter mysteriösen Umständen kennengelernt hatte, trifft wieder mit Boy zusammen und versucht, ihn zu bestechen, die Geschichte nicht aufzuschreiben; der Ich-Erzähler lehnt das Ansinnen allerdings mit dem Hinweis ab, ihm sei das Schreiben wichtiger als Geld. Später stellt sich heraus, dass der geheimnisvolle Mann in Timms Geschichte eine wichtige Rolle spielt.

Timm Thalers Geschichte

Timm Thaler ist Waisenjunge, der in den 1920er Jahren bei seiner Stiefmutter und seinem Stiefbruder in einer mitteldeutschen Großstadt wohnt. An seinen Vater, der in Timms viertem Schuljahr bei einem Baustellenunfall ums Leben kam, hat er überaus glückliche Erinnerungen; unter anderem verbindet er ihn mit der örtlichen Pferderennbahn. Schikaniert von seinem Stiefbruder und von nostalgischen Gefühlen getrieben, geht er noch einmal dorthin und trifft dort den Baron Lefuet ("Teufel" rückwärts). Dieser kommt ihm in den folgenden Wochen immer näher und kauft ihm schließlich gegen die verlockende Fähigkeit, jede Wette zu gewinnen, per Vertrag sein Lachen ab.

Timm nutzt seine Fähigkeiten, merkt aber erst spät, wie viel ihm sein Lachen bedeutet, und versucht, es wiederzubekommen. Um den seit dem Vertragsabschluss untergetauchten Baron aufzuspüren, verlässt er seine Heimatstadt in Richtung Hamburg, da er schon früher den Wunsch gehegt hatte, zur See zu fahren. Er heuert auf dem Fracht-Passagierschiff Delphin, welches Genua zum Ziel hat, als Steward an. Auf der Suche nach seinem Lachen steigert er sich in immer aberwitzigere Wetten in der Hoffnung, eines Tages eine Wette zu verlieren und dadurch sein Lachen wiederzugewinnen, da der Vertrag in diesem Fall nichtig geworden wäre. Er stellt aber bald fest, dass sein Gegenspieler über zumindest außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt und auf geheimnisvolle Weise von Timms Plänen Kenntnis zu haben scheint, zudem muss er sich an den Knebelparagraphen halten, der es ihm verbietet, über sein verlorenes Lachen oder seine Wett-Gewinnfähigkeit zu sprechen. Zu seinem Glück findet er unterwegs Freunde, allen voran den mysteriösen Kreschimir, der ebenfalls in vertraglicher Verbindung mit dem Baron zu stehen scheint, mit dessen „teuflischen“ Methoden und Zielen vertraut ist und so nach und nach Timms Vertrag errät. Nach einigen weiteren Wetten gerät Timm schließlich ganz unter den Einfluss des Barons (der ihn auf diese Weise auch davon abhalten will, sein Lachen zurückgewinnen zu wollen). Als er von seinen bisherigen Freunden getrennt wird, gelingt es diesen nach einigen Irrungen und mit Hilfe eines illoyalen Geschäftspartners des Barons schließlich, sich zusammenzutun, den Baron zu überlisten, Timm aus dessen Fängen zu befreien und ihm mit einer verblüffend einfachen Lösung zu seinem Lachen zurück zu verhelfen.

Am Schluss macht sich der inzwischen erwachsene Timm mit einem Marionettentheater in Hamburg selbstständig und hat am meisten Erfolg mit der Geschichte vom verkauften Lachen, letztlich seiner eigenen Lebensgeschichte.

Hintergrund

Krüss versah sein Buch mit einer guten Portion Gesellschafts- und Konsumkritik, insbesondere bei den Schilderungen des sozialen Aufstiegs von Timms Stiefmutter und dem Kapitalismus als Religion des Barons. Eher am Rande treten dabei die „satanischen“ Eigenarten des Barons wie auch seine Spießgesellen in Erscheinung, etwa der als Signor Grandizzi getarnte Dämon Behemoth; gleichwohl werden sie zur Erklärung der teilweise übernatürlich anmutenden Fähigkeiten des Barons in der Handlung benötigt. Dem gegenüber stehen andererseits positive Beschreibungen von Timms kleinbürgerlicher Existenz, von seiner Freundschaft zu Reedereidirektor Rickert und dessen Mutter, zu dem Seemann Jonny und zu Steward Kreschimir als mutmaßlichem weiteren Opfer des Barons.

Zur Verdeutlichung des „Teuflischen“ benutzte Krüss für den Namen des Barons, Lefuet, ein Ananym. Er bedeutet rückwärts gelesen Teufel.

Verfilmungen

Der Roman wurde 1979 für die 13-teilige Fernsehserie Timm Thaler adaptiert. Die Serie war die erste von 16 Weihnachtsserien des ZDF. Das „höllische“ Domizil des Barons wird aus Ausschnitten des Hotels Grand Melia Salinas in Costa Teguise, des Mirador del Rio und des Jameos del Agua auf Lanzarote dargestellt. Von dort stammen auch die Außenaufnahmen der mysteriösen Vulkaninsel Aravanadi, die dem Baron anstelle des Schlosses in Mesopotamien im Roman als Hauptquartier diente.

Auch sonst wurde die Geschichte inhaltlich stark verändert: Sie spielt in der Jetztzeit, und Timm hat nach dem Unfalltod seines Vaters keinen ihn triezenden Stiefbruder, sondern nur noch seine Stiefmutter, die anders als im Buch aber nicht negativ gezeichnet, sondern als liebevoll und fürsorglich dargestellt ist. Beruflich hatte sein Vater mit Sportflugzeugen zu tun (Pferderennen stellen für Timms Vater nur ein verlustreiches Hobby dar), folglich lernt Timm den Baron auch nicht auf der Pferderennbahn, sondern auf dem Familienfest des örtlichen Flugplatzes kennen. An Stelle des dämonischen, gleichwohl höflichen und weltgewandten Genuesen Signor Grandizzi tritt nunmehr der finstere Privatsekretär Anatol, der dem Baron praktisch nicht von der Seite weicht, ebenfalls über besondere Fähigkeiten verfügt und somit ebenso erfolgreich als Spitzel und Handlanger des Barons zum Einsatz kommt. Des Weiteren ist Herr Rickert in der Serie nicht Reederei-Direktor, sondern lediglich kleiner Angestellter und erstes Opfer der rabiaten Einkaufspolitik des Barons. Statt Kreschimir nimmt sich die resolute Nonne Schwester Agatha Timms auf dem Schiff an, das hier auch nicht Delphin, sondern Livorno heißt. Unterstützt wird sie dabei von dem etwas einfältigen Schiffskoch Heinrich, der den Part des patenten Steuermanns Jonny im Buch übernimmt. Namentlich unverändert taucht der Ureinwohner des Landes, Selek Bei, auf. Er fungiert in der Verfilmung allerdings nicht wie im Buch als Doppelagent, sondern als ehemaliger Geschäftspartner des Barons, der mit diesem gebrochen hat. Er lebt als einfacher Hirte in den Bergen und steht Timm mit weisen Ratschlägen zur Seite. Weitere Abweichungen vom Original finden sich beispielsweise in dem neu zu vermarktenden Produkt (Wasser statt Margarine), dem Vordringen Agathas bis zum Hauptsitz des Barons (Kreschimir war im Buch nie bis Mesopotamien gelangt), dem Auftreten weiterer Helfershelfer auf beiden Seiten (1. Offizier Voges und der Poststelleninhaber für den Baron sowie der Abbé und der Bischof für Agatha) und insbesondere in der Dauer von Timms Irrfahrt, die von über vier Jahren im Buch auf wenige Wochen oder Monate verkürzt wurde, um nicht mehrere Schauspieler für den älter werdenden Timm einsetzen zu müssen.

2002 wurde der Stoff ein weiteres Mal verfilmt, diesmal als 26-teilige Animations-Serie.

Timm Thaler / Lefuet / Boy in anderen Romanen von James Krüss

1977 schrieb Krüss eine Fortsetzung seines Romans unter dem Titel Timm Thalers Puppen, in der eine erneute Begegnung zwischen Boy, dem erwachsenen Timm Thaler, seinem Sohn Krescho und dem Baron geschildert wird.

1986 erschien eine weitere Fortsetzung unter dem Titel Nele oder Das Wunderkind, die in Hamburg in den 1950er Jahren spielt. Nele, eine kindliche Freundin von Boy, wird von Lefuet zu einer großen Sängerin gemacht, darf im Gegenzug aber niemals weinen. Um ihr zu helfen, zieht Boy Timm Thaler hinzu.

Timm Thaler ist zudem eine Figur in den Geschichten aus Tante Julies Haus, die Anfang der 1970er Jahre entstanden. Hier schildert Krüss die erste Begegnung zwischen dem jugendlichen Boy und Timm in den 1930er Jahren auf Helgoland. Als sie sich trennen, verspricht Timm Thaler Boy, er werde ihm eines Tages seine Lebensgeschichte erzählen.

Lefuet hat zudem einen kurzen Auftritt in Freunde von den Hummerklippen, eine Geschichte, die ebenfalls von Boy erzählt wird.

Boy ist außerdem Erzähler (oder Erzähler der Rahmenhandlung) in einigen anderen Büchern von Krüss, unter anderem bei Die glücklichen Inseln hinter dem Wind.

Alle Romane und Erzählungen um Timm Thaler, Boy, Lefuet und weitere Figuren wurden von Krüss in den 1970er Jahren als Zyklus Die Geschichten der 101 Tage zusammengefasst und weitergeschrieben.

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