- Barbarei
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Die Barbarei, abgeleitet vom griechischen Wort bárbaros für nicht Griechisch sprechende Völker (vgl. Barbar), bedeutet umgangssprachlich so viel wie ungezügelte Rohheit (siehe auch "Vandalismus").
Inhaltsverzeichnis
Barbarei als Epochenbezeichnung
In verschiedenen Konzepten der Geschichtsphilosophie sind eine oder mehrere Epochen der Barbarei feste Bestandteile des Ablaufs der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit.
Die nationalsozialistische Gewaltherrschaft von 1933-1945 wird wegen ihrer Unmenschlichkeit oft als Barbarei oder als Zivilisationsbruch bezeichnet.
Friedrich Engels
Lewis Henry Morgan folgend ist nach Friedrich Engels die Barbarei das Zeitalter zwischen der Wildheit des Urmenschen (dem Urkommunismus) und den darauf folgenden Klassengesellschaften, z. B. der auf Sklaverei beruhenden Wirtschaftsform ("Sklavenhaltergesellschaft").
Franz Borkenau
In Ende und Anfang (zuerst englisch: End and beginning: On the generations of cultures and the origins of the west, 1981) stellt Borkenau die These auf, dass zwischen Zusammenbruch und Entstehung eines jeweils neuen Kulturkreises der Zwischenzustand der Barbarei auftrete. Borkenau behauptet, dass sich alte und neue Epoche wesentlich in ihrer jeweiligen Einstellung zur Sterblichkeit unterscheiden.
Entweder leugnen sie sie, indem in der Kultur beispielsweise die Unsterblichkeit der Seele einen wichtigen Platz einnimmt, oder sie nehmen den Tod als absolutes Ende wahr. Anfangs entwickeln sich neue Modelle, die der voran gegangenen Kultur entgegengesetzt sind. Am Ende scheitert dies jedoch daran, dass die ausgeklammerte Alternative kulturell unlösbare Probleme aufwirft.
Die jüdische oder griechische Antike begann so mit der Anerkennung der Sterblichkeit (vgl. Hades) und endete in der Entsittlichung der Spätantike. Die Zentralmacht (Rom) verlor den Einfluss bei den peripheren Völkern. Die Zeit der Völkerwanderung war dann eine Zeit der Barbarei (vgl. etwa die "Merowingischen Gräuel").
In der Spätantike und im frühen Mittelalter wurde die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele durch das Christentum neu belebt. In der Neuzeit ging die allgemeine Überzeugung der Unsterblichkeit verloren. Borkenau führt das neue Zeitalter der Barbarei also ursächlich auf das Ende der Metaphysik zurück. Dies liefert ihm eine Erklärung für die Völkermorde des 20. Jahrhunderts. In der vergleichenden Völkermordforschung wird das Erklärungsmuster als zu grob kritisiert.
Belletristik
Isaac Asimov schrieb eine von historischen Publikationen beeinflusste, berühmt gewordene Science-Fiction-Trilogie, den Foundation-Zyklus, über die mögliche Verkürzung historischer Perioden der Barbarei.
Literatur
- Engels, Friedrich, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, 1884
- Borkenau, Franz, Ende und Anfang: Von den Generationen der Hochkulturen und von der Entstehung des Abendlandes, hgg. u. eingef. v. Richard Löwenthal, [1984], Stuttgart ²1995, ISBN 3-608-93032-9
- Henry, Michel , La barbarie, Paris: Bernard Grasset 1987 (dt. Die Barbarei. Eine phänomenologische Kulturkritik, Freiburg/München: Alber, 1994)
- Spencer, Philip, From Rosa Luxemburg to Hannah Arendt. Socialism, Barbarism and the Extermination Camps, in: The European Legacy, Bd. 11, Nr. 5, August 2006, S. 527-540(14)
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